Oberarmstraffung kann bei Entstellung Kassenleistung sein

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Das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen hat erfreulicherweise mit Urteil vom 17.11.20 - Az. L 16 KR 143/18 - entschieden, dass die Gesetzliche Krankenversicherung die Kosten für eine beidseitige Oberarmstraffung übernehmen muss, wenn eine entstellende Wirkung des Erscheinungsbildes vorliegt.

Der Fall

Zugrunde lag das Verfahren einer 58-jährigen Frau die stark übergewichtig war und nach einer Schlauchmagenoperation bereits ca. 50 kg an Gewicht verloren hatte. Es verblieb jedoch eine Fettverteilungsstörung mit massivem Hautüberschuss im Bereich der Oberarme.

Die Krankenkasse der Frau lehnte die Kostenübernahme für eine Straffungsoperation ab, da es sich nach ihrer Auffassung um eine kosmetische Operation handele.

Ausnahmetatbestand Entstellung

Obwohl die beteiligten Gutachter den Zustand der Oberarme nicht als Krankheit im medizinischen Sinne bewerten konnten, hat das LSG die Krankenkasse zur Kostentragung verurteilt. Es hat sich dabei auf den Ausnahmetatbestand der Entstellung gestützt. Nach persönlichem Augenschein hat das Gericht eine massive Asymmetrie des Erscheinungsbildes von Ober- und Unterarm festgestellt. Trotz unauffälliger, weitgeschnittener und lockerer Alltagskleidung lag die Kleidung im Bereich der Oberarme sehr eng an, während sie sich im Bereich der Unterarme bewegte wie eine „Fahne im Wind“. Die Ellenbogen wurden von einem eiförmigen, voluminösen Gewebeüberhang deutlich überdeckt. Dies sei als Entstellung zu bewerten, da es sich um eine körperliche Auffälligkeit von solcher Ausprägung handele, dass sie sich schon bei flüchtiger Bewegung in alltäglichen Situationen quasi im Vorbeigehen bemerkbar mache und regelmäßig zur Fixierung des Interesses anderer auf die Betroffene führe, so die Celler Richter.

Fazit

Entstellungen werden von der Rechtsprechung extrem selten festgestellt, da  Normabweichungen grundsätzlich nur ausnahmsweise zu korrigieren und vorrangig zu tolerieren sind, denn Kosmetik bleibt Eigenverantwortung. Die Entscheidung des LSG Niedersachsen-Bremen ist daher zu begrüßen. Die Krankenkassen müssen somit ihren Versicherten die Straffung der Oberarme bei Entstellung zahlen. Leider kommt es immer wieder vor, dass die Krankenkassen die Kosten hierfür nicht übernehmen wollen. Eine Entstellung kann jedoch nach bundessozialgerichtlicher Rechtsprechung auch einen Krankheitswert haben und eine Operation rechtfertigen. Dieser Anspruch der Versicherten sollte auch gegen die Krankenkassen rechtlich durchgesetzt werden.

Die Autorin ist in den medizin- und sozialrechtlichen Bereichen bundesweit tätig.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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