OLG Hamm fällt Grundsatzentscheidung zur Parallelvollstreckung von Fahrverboten

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Verkehrssünder, denen mehrere Fahrverbote auferlegt werden, können diese Verbote unter bestimmten Voraussetzungen gleichzeitig verbüßen. Sofern der Betroffene zwei Fahrverbote aus verschiedenen Bußgeldbescheiden zu verbüßen hat, werden diese Fahrverbote nicht addiert, sondern können „parallel“ abgegolten werden – es bleibt also im Ergebnis bei einem Monat Fahrverbot. Hierfür müssen die Fahrverbote auf den gleichen Zeitraum fallen.

Grundsätzlich wird ein Fahrverbot sofort wirksam. Der Fahrer darf also mit rechtskräftiger (d.h. eine Anfechtung der Entscheidung ist nicht mehr möglich) Entscheidung des Gerichts oder der Behörde kein Kfz mehr führen. Bei einer Parallelvollstreckung müssen die Entscheidungen in den jeweiligen Verfahren für eine gleichzeitige Vollstreckung auf den gleichen Termin fallen. Tritt beispielsweise die Rechtskraft beider Bußgeldbescheide mit Fahrverbot am 26.01.2016 ein – z. B. weil der Rechtsanwalt an diesem Tag beide Einsprüche gegen die Bescheide zurückgenommen hat – beginnt der Ablauf beider Fahrverbote gleichzeitig und endet auch gleichzeitig am 26.02.2016.

Ausnahmeregelung: § 25 Absatz 2a Straßenverkehrsgesetz (StVG)

Oft kommt es vor, dass den belangten Fahrern der Zeitpunkt, in dem das Fahrverbot wirksam wird, nicht gut passt. Deshalb legt ihr Rechtsanwalt zur Verzögerung der Rechtskraft Einspruch gegen den Bescheid ein und nimmt diesen im passenden Zeitpunkt wieder zurück wie im oben dargestellten Beispiel.

Der Gesetzgeber hat 2007 die Regelung des § 25 Abs. 2a Straßenverkehrsgesetz (StVG) geschaffen, um nicht mehr regelmäßig mit solchen Einspruchsverfahren belastet zu werden. Gemäß § 25 Abs. 2a StVG wird einem Fahrer, der in den zwei Jahren vor der Ordnungswidrigkeit kein Fahrverbot auferlegt bekommen hat, eine 4-Monats-Frist gewährt, in der er sich den Beginn des Fahrverbots aussuchen kann.

Problemstellung: Mehrere Fahrverbote in 4-Monats-Frist

Viel Unsicherheit bestand in Literatur und Rechtsprechung für den Fall, dass in dieser 4-Monats-Frist ein weiteres Fahrverbot rechtskräftig wird. Satz 2 der Regelung ordnet an, dass dann die Fahrverbote nacheinander zu vollstrecken sind. Umstritten war, ob die Addition der Verbotszeiten nur bei mehreren Fahrverboten mit 4-Monats-Frist gilt oder auch für den Fall, dass je ein Fahrverbot mit sofortiger Wirkung und eines mit 4-Monats-Frist verhängt wurde (sogenannte „Mischfälle“). Diese Überlegungen gelten nach herrschender Meinung auch, wenn es sich zum einen um ein Fahrverbot nach dem StVG und zum anderen um ein strafrechtliches Fahrverbot nach § 44 Strafgesetzbuch handelt. Das Oberlandesgericht (OLG) Hamm hat sich zu solchen Mischfällen nun grundsätzlich geäußert.

Die Richter urteilten, dass der Wortlaut der Regelung des § 25 Abs. 2a Satz 2 keine Einschränkungen bezüglich der Art des Fahrverbots erkennen ließe. Sie legten auch ausführlich dar, dass dem Gesetzgeber der Grundsatz der Parallelvollstreckung bewusst war, von dem er aber ausdrücklich eine Ausnahme regelte. Es sei somit nicht anzunehmen, dass „aus Versehen“ die Situation von Mischfällen nicht mitgeregelt werden sollte und deshalb für diese weiterhin die Parallelvollstreckung gelten solle. Das Urteil lautete deshalb: Die aufeinanderfolgende Vollstreckung ist in allen Fällen anzuordnen, in denen in den 4-Monats-Zeitraum des ersten Fahrverbots ein weiteres Fahrverbot – egal ob mit Frist oder ohne – fällt. Der Gesetzgeber habe Missbrauch vorbeugen wollen, indem Betroffene daran gehindert werden, mehrere kurz nacheinander verhängte Fahrverbote zusammenzulegen. Diese Gefahr bestünde auch in Mischfällen und habe vom Gesetzgeber gerade durch die Regelung des § 25 Abs. 2a S.2 StVG verhindert werden sollen, so die Richter des OLG Hamm.

Fazit

Bei der Verhängung von Fahrverboten ist sorgfältig zu prüfen, ob eine parallele oder wenigstens eine überschneidende Vollstreckung möglich ist. Dies gilt nun umso mehr, da das Urteil des OLG Hamm eine Verschlechterung der Chancen von Betroffenen auf eine Parallelvollstreckung bedeutet. In der Kanzlei RSW Beratung praktizieren zwei Rechtsanwälte mit einem Tätigkeitsschwerpunkt im Verkehrsrecht. Bei Fragen hierzu wenden Sie sich bitte an Frau Rechtsanwältin Marina Golücke oder an Herrn Rechtsanwalt Dr. Christian Bock, Fachanwalt für Verkehrsrecht, über die Kanzlei an den Standorten Münster, Dülmen, Nordhorn und Steinfurt.


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