OLG Köln, FernUSG und das Coaching
- 13 Minuten Lesezeit
Das OLG Köln hat ein wegweisendes Urteil zum Thema Coaching Vertrag und FernUSG erlassen. Als Anwälte für IT-Recht sind wir umfangreich mit der Gestaltung von Coaching Verträgen befasst:
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Hier nun zum Urteil des OLG Köln zum FernUSG:
Die Berufung der Beklagten ist zulässig. In der Sache hat das Rechtsmittel jedoch
keinen Erfolg.
1.
Das Landgericht ist zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass der Klägerin gegenüber
der Beklagten gemäß § 611 BGB aus dem am 24.03.2021 geschlossenen Vertrag
ein Anspruch auf Zahlung von vier monatliche Raten zu je 4.165 € brutto für die Zeit
vom 12.11.2022 bis 12.02.2022 zusteht.
Mittlerweile ist zwischen den Parteien unstreitig, dass es am 24.03.2021 zu einer
vertraglichen Vereinbarung gekommen ist. Ebenso unstreitig ist, dass eine
Vertragsdauer von zwölf Monaten vereinbart wurde und ab dem 00.00.2021
monatliche Raten von 3.500 € netto zu zahlen waren.
a) Der Vertrag ist entgegen der Einschätzung der Beklagten auch nicht als nichtig
nach § 7 Abs. 1 FernUSG anzusehen, weil die Klägerin nicht über die nach § 12 Abs.
1 FernUSG erforderliche Zulassung verfügt. Dabei handelt es sich bei dem
Vorbringen der Beklagten zum FernUSG - entgegen der Auffassung der Klägerin -
nicht um neuen Tatsachenvortrag, sondern um Rechtsausführungen, die an die
entscheidungserheblichen Tatsachen zum Vertragsschluss und den
Vertragsinhalten, die bereits in erster Instanz unter Bezugnahme auf den
Videomitschnitt übereinstimmend vorgetragen worden sind, anknüpfen.
(1) Zunächst stellt sich die Frage der Anwendbarkeit des FernUSG, da vorliegend
unstreitig kein Verbrauchervertrag gegeben ist.
Für eine Anwendung des FernUSG nur auf Verbraucherverträge spricht allerdings,
wie die Klägerin zu Recht eingewandt hat, die Gesetzesbegründung zum FernUSG
(BT-Drs. 7/4245, S. 13). Danach sollen die Teilnehmer am Fernunterricht unter dem
Gesichtspunkt des Verbraucherschutzes geschützt werden und das Gesetz solle sich
"einreihen" in die Bemühungen zum Schutz der Verbraucher. Hierfür spricht auch § 4
FernUSG, da dort auf § 355 BGB verwiesen wird, der den Verbraucherwiderruf
normiert. Auch in § 7 FernUSG wird mehrfach das Widerrufsrecht angesprochen.
Zudem verweist die Klägerin zutreffend darauf, dass im Allgemeinen Unternehmer
von Gesetzes wegen als weniger schutzwürdig angesehen werden als Verbraucher.
Das Oberlandesgericht Celle hat demgegenüber in seinem Urteil vom 01.03.2023 (3
U 85/22, BeckRS 2023, 2794) ausgeführt, dass das FernUSG sowohl auf
Verbraucher als auch auf Unternehmer Anwendung finde. Gegen eine Anwendung
nur auf Verbraucher spreche u. a., dass das FernUSG abgesehen von der Regelung
des § 3 Abs. 3 FernUSG den Begriff des Verbrauchers nicht verwende. Soweit
jedoch § 3 Abs. 3 FernUSG eine gesonderte Belehrung für Verbraucher vorsehe, sei
dies nur der Umsetzung des Verbraucherschutzes geschuldet. Es gäbe aber -
anders als z.B. in § 1 Absatz 1 VerbrKrG a. F. oder § 6 Nr. 1 HWiG a.F. - keine
gesonderte Vorschrift, die die Anwendung des Gesetzes im Ergebnis explizit nur für
Verbraucherverträge vorschreibe. Im Übrigen spreche für eine Anwendung des
Gesetzes auf Unternehmer das Verständnis der Praxis (vgl. OLG Celle a.a.O.).
Weiter könnte - wie die Beklagte zu Recht ausführt - auch der historische Kontext
des FernUSG gegen eine Beschränkung des Anwendungsbereichs des FernUSG
auf Verbraucher sprechen. Die "verbraucherschützende" gesetzgeberische
Zielsetzung des FernUSG datiert von 1975 und damit vor der Einführung des
modernen Verbraucherschutzrechts. Die Legaldefinition des Verbrauchers in §13
BGBwurde erst im Zuge der europarechtlichen Harmonisierung durch Art. 2 des
Gesetzes über Fernabsatzverträge und andere Fragen des Verbraucherrechts
sowie zur Umstellung von Vorschriften auf Euro vom 27.06.2000 (BGBl I 2000,
S. 897) in das BGB eingefügt. Die ersten wesentlichen europäischen Vorschriften
wie die Haustürgeschäftswiderrufs-Richtlinie (ABl. EG Nr. L 372 vom 31.12.1985,
S. 31) datieren aus den 1980er Jahren. So gesehen könnte der "Verbraucher",
den das FernUSG schützen will, nicht gleichzusetzen sein mit dem Verbraucher
i.S.d. §13BGBa.F. Vielmehr könnte der historische Gesetzgeber damit auch
jeden Kunden eines Fernunterrichtslehrgangs gemeint haben. Diesen
Anwendungsbereich hat der Gesetzgeber im Zuge der vielfältigen Novellen des
Verbraucherschutzrechts zumindest im Gesetzeswortlaut im Wesentlichen auch
nie angepasst (vgl. hierzu auch Lach, jurisPR-ITR 12/2023, Anm. zu OLG Celle 3
U 85/22).
Der Senat kann die Entscheidung der Frage, ob das FernUSG auch auf Verträge
zwischen Unternehmern Anwendung finden kann, allerdings dahin stehen lassen, da
im vorliegenden Fall jedenfalls die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 FernUSG nicht
erfüllt sind.
Ausweislich § 1 Abs. 1 FernUSG ist Voraussetzung für die Anwendbarkeit dieses
Gesetzes, dass es sich um einen Vertrag handelt, der die entgeltliche Vermittlung
von Kenntnissen und Fähigkeiten zum Gegenstand hat, bei der der Lehrende und
der Lernende ausschließlich oder überwiegend räumlich getrennt sind und der
Lehrende oder sein Beauftragter den Lernerfolg überwachen.
(2) Der streitgegenständliche Vertrag hat zwar zumindest auch die Vermittlung von
Kenntnissen und Fähigkeiten zum Gegenstand. Nach dem Inhalt des klägerischen
Programmes sollte - im Wesentlichen mittels Videos, Worksheets, Templates und
Skripten - Wissensvermittlung zur Unternehmensorganisation, zum Marketing und
zum Vertrieb erfolgen. Der Kontakt zwischen der Klägerin und der Beklagten dürfte
auch ganz überwiegend räumlich getrennt erfolgt sein. Die Klägerin hat zwar geltend
macht, die Kommunikation sei ganz überwiegend synchron erfolgt und zwar zu ca.
88 %. Demgegenüber haben die Beklagten jedoch zutreffend eingewandt, dass die
Seminare zumindest zusätzlich zur Wiederholung von den Teilnehmern abgerufen
werden konnten, was für eine räumliche Trennung spricht.
(3) In jedem Fall fehlt es aber an einer vertraglich vereinbarten Überwachung des
Lernerfolges.
Dieses Tatbestandsmerkmal ist zwar - nach der Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofs - weit auszulegen (vgl. BGH, Urteil vom 15.10.2009, III ZR
310/08, NJW 2010, 608). Begründet hat der Bundesgerichtshof diese Auslegung
damit, dass der Gesetzgeber wegen eines gestiegenen Interesses an
Fernlehrgängen den Verbraucherschutz in diesem Bereich habe stärken wollen.
Insbesondere seien Mängel beim Angebot von Fernlehrgängen dergestalt festgestellt
worden, dass Angebote von geringer methodischer und fachlicher Qualität
angeboten worden seien, die nicht geeignet seien, das in der Werbung genannte
Lehrgangsziel zu erreichen. Die bislang geltenden Rechtsvorschriften seien daher
als nicht hinreichend angesehen worden, da sie nicht die besondere Situation eines
Fernunterrichtsinteressenten berücksichtigten, der immer Schwierigkeiten haben
werde, seine eigenen Fähigkeiten, die Qualität des angebotenen Fernlehrgangs und
dessen Eignung für seine Bedürfnisse einzuschätzen. Insofern sei auch eine
einmalige Überwachung des Lernerfolges als ausreichend anzusehen. Insgesamt sei
eine Überwachung des Lernerfolges nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 FernUSG bereits dann
gegeben, wenn der Lernende nach dem Vertrag den Anspruch habe, z.B. in einer
begleitenden Unterrichtsveranstaltung durch mündliche Fragen zum erlangten Stoff
eine individuelle Kontrolle des Lernerfolges durch den Lehrenden oder seinen
Beauftragten zu erhalten (vgl. BGH a.a.O.).
In dem streitgegenständlichen Vertrag wird eine Lernkontrolle nicht ausdrücklich
erwähnt. Es ist nicht vereinbart worden, dass die Beklagte irgendwelche
Prüfungsaufgaben erhalten sollte oder die Gelegenheit gehabt hätte, sich über ihren
Lernerfolg bei der Klägerin rückzuversichern.
Soweit der Bundesgerichtshof (a.a.O.) insoweit darauf abgestellt hat, dass durch
Begriffe wie "Studium" oder "Lehrgang" oder auch "Absolvent" und "Zertifikat"
deutlich werde, dass eine Wissensvermittlung stattfinde, die den Teilnehmer weiter
qualifiziert und dass ein Studium oder ein Lehrgang untrennbar mit Lernkontrollen
verbunden seien, fehlt es dem streitgegenständlichen Vertrag an entsprechenden
Formulierungen. Das vorliegende Online-Coaching ist weder als Lehrgang oder
Studium oder eine ähnliche Ausbildung bezeichnet worden noch sollte irgendein
Abschluss erworben werden.
Sofern die Beklagte darauf verweist, aus der Rechtsprechung werde deutlich, dass
auch Fragen zum eigenen Verständnis des bisher Erlernten an den jeweiligen
Dozenten ausreichen können, um eine persönliche Lernkontrolle durchzuführen, ob
nämlich das bisher Erlernte richtig verstanden worden sei, verkennt sie, dass die
Kontrolle des Lernerfolges, gleichgültig ob mündlich oder schriftlich nicht als
Selbstkontrolle zu verstehen ist, sondern nicht zuletzt nach dem Gesetzeswortlaut
als Kontrolle durch den Lehrenden oder seinen Beauftragten.
Nichts Anderes führt der Bundesgerichtshof in seiner oben aufgeführten
Entscheidung oder auch das Oberlandesgericht Celle in seinem Urteil vom
01.03.2023 (3 U 85/22, BeckRS 2023, 2794) aus. Das Oberlandesgericht Celle hat
die Kontrolle des Lernerfolges in dem von ihm konkret zu entscheidenden Fall zwar
auch bei einer mündlichen Kontrolle bejaht. In diesem Fall sind aber in der
Auftragsbestätigung nicht nur ein WhatsApp-Support, in dem Fragen gestellt werden
konnten, bzw. Videos und Dokumente erwähnt, sondern auch Checklisten und
Prüfungen, woraufhin eine Überwachung des Lernerfolges bejaht wurde.
Soweit bei den vorliegenden Vertragsverhandlungen davon die Rede war, in der
WhatsApp Gruppe bestünde eine "absolute Fragenflatrate", sollte dies ausdrücklich
nicht der Kontrolle eines Lernerfolges oder der Kontrolle von erworbenem Wissen
dienen, sondern der Lösung einzelner Problemstellungen, die sich im Vertrieb hätten
ergeben können. Insoweit ist der Beklagten angeboten worden, dass die Mitarbeiter
der Klägerin für Fragen zur Lösung von Alltagsproblemen zur Verfügung stünden.
Ferner hat der Mitarbeiter der Klägerin in dem Vertragsgespräch zu den Live-Calls
zwar hervorgehoben, dass die Mitarbeiter der Beklagten Fragen stellen könnten,
allerdings unter Hinweis darauf, dass die Teilnehmer normalerweise durch das
Zuhören "lernen" würden - was sicher auch nicht auf eine Kontrolle hinweist.
Dementsprechend sollten auch im Rahmen der Facebook-Gruppe lediglich ein
Austausch und das Bilden von Netzwerken erfolgen.
Im Ergebnis ging es der Beklagten ausweislich der Vertragsverhandlungen nicht
darum, für ihre Mitarbeiter besondere Qualifikationen zu erwerben, sondern vielmehr
diese zu befähigen, den (rückläufigen) Umsatz zu steigern. Insofern hat die Beklagte
in ihrer Berufungsbegründung auch nicht mangelnde Lernerfolge geltend gemacht,
sondern dass es an einer individuellen Unternehmensberatung gefehlt habe.
b) Wegen der weiteren mit der Berufungsbegründung erhobenen Einwendungen
kann die Berufung aus den bereits mit Hinweisbeschluss vom 16.06.2023
dargestellten Gründen keinen Erfolg haben:
Soweit die Beklagte mit ihrer Berufung erneut die Auffassung vertritt, Gegenstand
des Vertrages sei eine konkrete Unternehmensberatung gewesen, vermag sie nicht
durchzudringen. Die Kammer hat vielmehr zutreffend ausgeführt, dass ausweislich
der Videoaufzeichnung (Anl. K2; Zugang Bl. 58 d. A.) - aber auch ausweislich der der
Gesprächswiedergabe (Anl. B1, Bl. 137 ff. d. A.) - die Leistung der Klägerin aus
einem Coaching-Programm mit acht Modulen zum Coaching in Gestalt von "Videos,
Worksheets, Templates und Skripten", aus einer Betreuung in einer WhatsApp
Gruppe mit Teilnahme an sogenannten "live Calls", sowie aus einer Facebook
Gruppe zum Erfahrungsaustausch und darüberhinaus fünf "Tickets" für die
Teilnahme an einem sogenannten "Coaching Consulting Day" bestehen sollte.
Insoweit wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden
Ausführungen in dem angegriffenen Urteil Bezug genommen. Die Beklagte verkennt
demgegenüber, dass allein aus der Werbung oder Bezeichnung der Klägerin als
Unternehmensberatung und Coachinganbieter nicht folgt, dass jeder Vertrag auch
ein Beratervertrag ist. Vielmehr ist maßgebend, was die Parteien konkret vereinbart
haben. Insoweit ist aber auch unter Berücksichtigung der Zitate der Beklagten aus
dem Vertragsgespräch lediglich ein Coachingvertrag anzunehmen. Die von der
Beklagten angeführten Beispiele, es seien Leistungen zur "Skalierung und
Optimierung" versprochen worden, es sei um die Verbesserung der Zahlen der
Beklagten gegangen bzw. die Klägerin habe die Beklagte "branden und
positionieren" wollen, lassen - unabhängig davon, dass sie eigentlich nur das
Vorgespräch und nicht den konkreten Vertragsgegenstand betroffen haben - keine
konkrete Beraterleistung, die die Klägerin hätte erbringen sollen, erkennen. Vielmehr
handelt es sich lediglich um allgemeine Angaben, wofür die Online-Module, Live-
Calls und Ähnliches von den Mitarbeitern der Beklagten im Ergebnis genutzt werden
können. Auch die vereinbarte Vergütung von 42.000 € für ein ganzes Jahr spricht
eher gegen die Verpflichtung eines oder mehrerer Berater.
(1) Zutreffend hat die Kammer eine wirksame Kündigung des Vertrages durch die
Beklagte am 18.11.2021 bzw. 06.01.2022 verneint. Entgegen der Auffassung der
Beklagten bestand kein Kündigungsrecht nach § 627 Abs. 1 BGB. Von § 627 BGB ist
nicht jedes Dienstverhältnis erfasst, sondern nur eines, das Dienste höherer Art zum
Gegenstand hat, die im Allgemeinen aufgrund besonderen Vertrauens übertragen zu
werden pflegen. Dienste höherer Art sind solche Dienste, die ein
überdurchschnittliches Maß an Fachkenntnis, Kunstfertigkeit oder wissenschaftlicher
Bildung, eine große geistige Fantasie oder Flexibilität voraussetzen und dem
Dienstverpflichteten eine herausgehobene Stellung verleihen. Gleichzeitig muss es
sich um Dienste handeln, die typischerweise auf der Grundlage besonderen
Vertrauens zwischen den Parteien wahrgenommen werden (vgl. BeckOGK/Günther,
BGB, Stand: 01.05.2023, § 627 Rn. 21). Dabei hat die Kammer es zu Recht
dahinstehen lassen, ob die Klägerin "Dienste höherer Art" zu erbringen hatte, da es
jedenfalls an dem besonderen Vertrauensverhältnis fehlte. Das besondere
Vertrauensverhältnis müsste auf einem persönlichen Vertrauen basieren, dass sich
nicht lediglich auf die Sachkompetenz des Vertragspartners erstreckt. Deshalb wird
bei Unterrichtsverträgen, die mit Institutionen abgeschlossen werden, regelmäßig
kein derartiges persönliches Vertrauen angenommen, weil ihr Ziel eine auf den Erfolg
abstellende Vermittlung von Fachwissen ist; der Gesichtspunkt des besonderen
Vertrauens demgegenüber aber ganz zurücktritt (vgl. MünchKomm/Hennsler, BGB,
9. Aufl. 2013, § 627 Rn. 29). Wie bereits oben dargelegt, ist zwischen den Parteien
keine von konkretem Vertrauen abhängige Leistung vereinbart worden. Es ist nicht
ersichtlich, dass bestimmte persönlich benannte Berater Einblick in den konkreten
Geschäftsbetrieb der Beklagten, etwa in die Buchhaltung oder in die Kundendaten,
hätten erhalten sollen. Vielmehr war Schwerpunkt des Vertrages ein Coaching-
Programm, das die Mitarbeiter der Beklagten sich selbst hätten erarbeiten sollen.
Damit ist der Vertrag vergleichbar mit Unterrichtsverträgen, bei denen regelmäßig
eine besondere Vertrauensbeziehung zu verneinen ist.
(2) Die Beklagte kann ferner auch nicht damit durchdringen, dass eine Kündigung
aus wichtigem Grund nach § 626 BGB gerechtfertigt gewesen wäre. Soweit sie sich
darauf beruft, die Klägerin habe ihr keinen Vertragstext bzw. keine Aufzeichnung des
Gesprächs übergeben, verkennt die Beklagte, dass drei ihrer Mitarbeiter bei dem
Vertragsabschluss anwesend waren, ihnen der Vertragsinhalt also bekannt war.
Dafür spricht im Übrigen auch die rügelose Nutzung des online-Zugangs. Aus dieser
rügelosen Nutzung des Coachings wird darüber hinaus auch deutlich, dass die
Klägerin die vereinbarte Leistung offenbar ordnungsgemäß erbracht hat. Soweit die
Beklagte sich darauf beruft, die Klägerin trage die Darlegungslast für die
ordnungsgemäße Leistung, verkennt sie, dass bis zu ihrem Schriftsatz vom
29.12.2022 der Zugang der Beklagten zur Website der Klägerin nicht im Streit stand.
Vielmehr hat die Beklagte selbst vorgetragen, ihr sei Zugriff zu den Inhalten über
eine Website gegeben worden (Bl. 21 d. A.). Insofern hat die Kammer das
entsprechende Vorbringen, die Seite habe der Beklagten ab Dezember 2021 nicht
mehr zur Verfügung gestanden, zutreffend als verspätet nach § 296a ZPO
zurückgewiesen und die Beklagte bleibt mit diesem Vortrag auch in der Berufung
ausgeschlossen, § 531 Abs. 1 ZPO. Im Übrigen hat die Kammer zu Recht darauf
abgestellt, dass der Vortrag der Beklagten zu den Coaching-Leistungen der Klägerin
als widersprüchlich anzusehen ist. Insofern wird auf die zutreffenden Ausführungen
der Kammer in dem angegriffenen Urteil verwiesen.
(3) Die Kammer hat auch zu Recht eine Nichtigkeit des Vertrages wegen arglistiger
Anfechtung nach § 123 BGB verneint. Bei Abgabe der Anfechtungserklärung am
02.11.2022 war jedenfalls die Jahresfrist des § 124 Abs. 1, Abs. 2 BGB verstrichen.
Entgegen der Auffassung der Beklagten ist nicht erst mit dem klägerischen
Schriftsatz vom 12.09.2022 von Kenntniserlangung der Beklagten auszugehen.
Unabhängig davon, ob der Beklagten eine Aufzeichnung des Vertragsgesprächs
vorgelegen hätte, haben jedenfalls drei ihrer Mitarbeiter an dem Gespräch
teilgenommen und waren daher in der Lage, in der nachfolgenden Zeit zu bewerten,
ob die angebotenen Leistungen vertragsgerecht erbracht worden sind. Insofern ist
die Kammer mit zutreffender Begründung von einem Fristbeginn spätestens ein bis
zwei Monate nach Vertragsschluss ausgegangen. Zu Recht hat die Kammer im
Übrigen auch darauf verwiesen, dass noch nicht einmal die Kündigungsschreiben
der Beklagten vom 18.11.2021 bzw. 06.01.2022 Hinweise darauf enthalten, dass die
Dienstleistungen der Klägerin nicht den Erwartungen der Beklagten entsprochen
hätten.
2. Folgerichtig hat die Kammer der Klägerin bis zu ihrer Kündigung am 14.03.2022
die Vergütung in voller Höhe und nach der Kündigung wegen Zahlungsverzuges für
die verbleibenden drei Monate die entgangene Netto-Vergütung als Schadensersatz
nach § 628 BGB zugesprochen. Soweit die Berufung geltend macht, die Kammer
habe es versäumt, ersparte Aufwendungen zu berücksichtigen, verkennt sie, wie die
Klägerin zutreffend geltend macht, dass die Klägerin ihre Coaching-Calls unabhängig
davon angeboten hat, ob die Beklagte daran teilnimmt. Entsprechendes gilt auch für
das Online-Programm. Damit sind ersparte Aufwendungen nicht ersichtlich und von
der Beklagten auch nicht konkret vorgetragen.
Demzufolge waren auch die geltend gemachten Verzugszinsen zuzusprechen.
Konkrete Einwendungen werden mit der Berufung insoweit auch nicht geltend
gemacht.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr. 10 S. 1,
711 ZPO.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 2 S. 1 ZPO) sind
nicht erfüllt. Die Sache hat weder grundsätzliche Bedeutung, noch bedarf es einer
weiteren Entscheidung des Revisionsgerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur
Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung. Vielmehr ist die hier maßgebliche
Rechtsfrage der "Kontrolle des Lernerfolges" in der obergerichtlichen
Rechtsprechung hinreichend geklärt. Die Beurteilung des Streitfalls beruht nur auf
einer Würdigung des Vorbringens der Parteien zu den konkreten Umständen des
vorliegenden Einzelfalls, dem im Übrigen ein anderer Sachverhalt zugrunde liegt als
den oben zitierten Urteilen des Bundesgerichtshofs (III ZR 310/08) und des
Oberlandesgerichts Celle (3 U 85/22).
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