Pflegegrad beantragen - was Sie wissen und beachten müssen!

Ein plötzliches Ereignis wie ein Schlaganfall oder ein schwerer Unfall: Pflegebedürftigkeit kann sehr schnell eintreten. Häufig entwickelt sie sich jedoch schleichend. Sobald Sie als Angehöriger oder auch selbst entsprechende Anzeichen erkennen, sollten Sie sich mit einem Antrag auf Pflegeleistungen befassen. Denn pflegebedürftig ist man nicht erst, wenn man nichts mehr selbst machen kann!

Schritt für Schritt zum Pflegegrad – das sollten Angehörige und Pflegebedürftige

Grundsätzlich empfiehlt es sich, einen Antrag zur Erteilung eines Pflegegrads sobald wie möglich zu stellen. Wenn Hilfe bei Alltagshandlungen benötigt wird, die früher auch allein möglich waren, oder sich die Verfassung des Pflegebedürftigen verschlechtert, sollte so schnell wie möglich gehandelt werden.

Antrag auf Pflegeleistung stellen

Um eine Einstufung in einen Pflegegrad zu beantragen, müssen die pflegebedürftige Person oder eine von dieser bevollmächtigte Person die Pflegekasse formlos kontaktieren. Die Pflegekassen sind den zuständigen Krankenkassen angeschlossen. Bei einer telefonischen Beantragung erhalten Sie einen Antragsbogen von der Pflegekasse zugeschickt, den Sie ausfüllen, unterschreiben und an die Pflegekasse zurückschicken müssen. Wichtig ist, dass der Antrag auf Leistungen vom Pflegebedürftigen persönlich bzw. von dessen Vertreter unterschrieben wird. Privat Pflegeversicherte stellen den Antrag bei ihrer privaten Pflegeversicherung. Diese informiert sie über die weiteren Schritte.

Vorbereitung auf Begutachtungstermin

Nachdem die Pflegekasse den Antrag erhalten hat, wird ein Termin zu Begutachtung vereinbart. Im Falle der gesetzlichen Pflichtversicherung erfolgt diese durch den Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK). Private Pflegeversicherungen lassen diese durch die Medicproof GmbH durchführen. Auf den Besuch sollten sich sowohl Angehörige als auch Pflegebedürftige vorbereiten:

• Führen Sie mindestens eine Woche vor dem Termin ein Pflegetagebuch.
• Notieren Sie sich konkrete Situationen, um die aktuelle Verfassung darzustellen.
• Berichten Sie so vollständig wie möglich von Ihrer Situation – eine Beschönigung der Umstände hilft keinem der Beteiligten.
• Sorgen Sie, soweit gegeben, dass ein Mitarbeiter des Pflegedienstes oder des Pflegeheims bei dem Termin anwesend ist, der die Situation des Pflegebedürftigen kennt.

Der sogenannte Kriterienkatalog vom 1. Januar 2017 sieht folgende Bereiche für die MDK-Einschätzung vor:

• Modul 1: Mobilität
• Modul 2: Kognitive und kommunikative Fähigkeiten
• Modul 3: Verhalten und psychische Problemlagen
• Modul 4: Selbstversorgung
• Modul 5: Bewältigung von und selbstständiger Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen und Belastungen
• Modul 6: Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte

Der Gutachter verschafft sich anhand festgelegter Kriterien und eines Punktesystems einen Überblick, welche Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit und Fähigkeiten vorliegen.

Bescheid der Pflegekasse prüfen

Häufig wird der schriftliche Bescheid nur wenige Tage nach dem Begutachtungstermin versandt. Daraus wird das Ergebnis der Einschätzung des MDK deutlich. Auch der konkrete Grad der Pflege (früher Pflegestufe) ist ersichtlich.

Sind Sie mit dem zugewiesenen Pflegegrad nicht einverstanden oder wurde eine Pflegebedürftigkeit abgelehnt, können Sie Widerspruch einlegen und eine neue Begutachtung anfordern. Die Frist für den Widerspruch beträgt einen Monat nach Empfang der Entscheidung der Pflegekasse, wenn der Bescheid eine korrekte Rechtsbehelfsbelehrung beinhaltete. Andernfalls verlängert sich die Widerspruchsfrist auf ein Jahr. Der Widerspruch muss keine Begründung enthalten. Eine Begründung erhöht jedoch die Erfolgswahrscheinlichkeit des Widerspruchs. 

Neben der einzuhaltenden Frist muss der Widerspruch in einer bestimmten Form erfolgen. Achten Sie auf den Bescheid und welche Mitteilungsmöglichkeiten die Pflegekasse ermöglicht. Möglich ist der Widerspruch in der Regel

• schriftlich mit eigenhändiger Unterschrift, wie mittels Brief oder per Fax, . Zum Nachweis sollten sie den Brief per Einschreiben und den Einlieferungsnachweis bzw. beim Fax den Faxsendebericht aufbewahren.
• zu Protokoll bei der Pflegekasse, von der der Bescheid stammt.
• in elektronischer Form, die jedoch keine einfach E-Mail erfüllt, da sie eine qualifizierte elektronische Signatur erfordert.

Lehnt die Pflegekasse den Widerspruch ab und hält an ihrer Entscheidung fest, ist die Klage dagegen beim Sozialgericht möglich.