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Porsche wider Willen

  • 3 Minuten Lesezeit
anwalt.de-Redaktion
Nicht schlecht staunte Andrea D., als sie 74.900 Euro für einen Porsche 996 Carrera bezahlen sollte – angeblich habe sie das Fahrzeug über die Option „sofort kaufen“ bei eBay erworben. Da der Verkäufer auf Zahlung des Kaufpreises bestand, Andrea D. dies aber mit der Begründung verweigerte, sie sei nicht die Käuferin des Fahrzeugs, fanden sich die Parteien vor Gericht wieder. Sowohl das zunächst mit der Sache befasste Landgericht als auch das Oberlandesgericht Köln, in zweiter Instanz, wiesen die Zahlungsklage des Porsche-Verkäufers ab (OLG Köln, Urteil vom 13. 1. 2006 - 19 U 120/05).

Wirksamer Kaufvertrag?

Zwar gelten im geschäftlichen Verkehr über Internet-Verkaufsplattformen hinsichtlich des Zustandekommens von Verträgen die allgemeinen Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches (§§ 145 ff. BGB). Die Besonderheit, dass die Beteiligten dort unter Mitgliedsnamen oder anderen Bezeichnungen in Erscheinung treten, die ihre wahre Identität nicht erkennen lassen, ändert aber nichts daran, dass derjenige, der sich auf einen wirksamen Vertragsschluss beruft, darlegen und beweisen muss, wer denn nun sein Vertragspartner geworden ist.

Dieser Nachweis gelang dem Verkäufer im zu entscheidenden Fall aber nicht. Die beklagte Andrea D. verfügt über keinen eigenen PC. Der Benutzername, über welchen das Fahrzeug gekauft wurde, war von einer Freundin angemeldet worden. Beide bestritten entschieden, ein Gebot auf den Porsche abgegeben zu haben. Schließlich, so die Begründung von Andrea D., verfüge sie nicht ansatzweise über die finanziellen Mittel zur Anschaffung eines Luxuswagens und hätte dafür auch gar keine Verwendung – überzeugend für die Richter, die einen wirksamen Vertragsschluss verneinten.

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Duldungs- und Anscheinsvollmacht

Eine Haftung nach den von der Rechtsprechung anerkannten Grundsätzen zur Duldungs- oder Anscheinsvollmacht lehnte das Gericht ebenfalls ab. Dafür genügt es nämlich nicht, dass sich jemand als Nutzer bei „eBay“ hat registrieren lassen. Die Einrichtung eines E-Mail-Kontos und eines Benutzerkennworts könne angesichts der nach wie vor gegebenen Missbrauchsmöglichkeiten keinen schützenswerten Vertrauenstatbestand schaffen, so die Richter. Folglich kann ein Geschäftspartner im anonymen Internetverkehr, allein auf Grund eines verwendeten Passworts, nicht davon ausgehen, einen “greifbaren“ Vertragspartner zu bekommen. Vielmehr muss das Handeln im Einzelfall dem Namensträger auf Grund weiterer, konkreter Umstände zugerechnet werden können.

Daraus folgt: Selbst wenn die Freundin von Andrea D. unter deren Namen als Bieterin aufgetreten wäre, könnte nicht Andrea D. als Vertragspartnerin in Anspruch genommen werden. Zwar hatte die Freundin schon in der Vergangenheit einige kleinere Geschäfte über „eBay“ für Andrea D. abgewickelt. Durch diese wenigen Beauftragungen wurde aber kein Vertrauenstatbestand dahingehend begründet, dass sie auch zum Erwerb einer Sache im Wert von über 70.000 Euro berechtigt sein sollte. Ein solches Geschäft überschreitet – auch für einen Dritten ohne weiteres ersichtlich – den möglichen Umfang geduldeten Handelns.

Die Grundsätze der Anscheinsvollmacht finden ebenso wenig Anwendung. Eine solche würde voraussetzen, dass Andrea D. zwar nichts von der konkreten Gebotsabgabe wusste, bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt aber hätte wissen können.

 

Haftung für Handeln eines Dritten

Die Beklagte haftete auch nicht für das Handeln eines Dritten. Gibt jemand eine Willenserklärung mit Einwilligung des wahren Inhabers der verwendeten Kennung ab, so kommt ein Geschäft mit diesem zu Stande. Fehlt diese Einwilligung, so wird zwar auch ein Vertrag mit dem wahren Namensträger geschlossen. Diesem ist der eigenmächtig Handelnde dann aber zum Schadensersatz verpflichtet (§179 BGB).

Fazit: Nutzt jemand einen fremden Computer berechtigterweise unter einer bestimmten eBay-Bezeichnung, so können ihm nicht ohne weiteres alle unter dieser Bezeichnung abgegebenen Willenserklärungen zugerechnet werden.

Foto(s): ©iStockphoto.com

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