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Postmortale Schweigepflicht eines Arztes?

  • 2 Minuten Lesezeit
Sandra Voigt anwalt.de-Redaktion

[image]Die Schweigepflicht eines Arztes reicht über den Tod des Patienten hinaus. Der Mediziner ist aber von seiner Schweigepflicht zu entbinden, wenn davon auszugehen ist, dass der Patient es so gewollt hätte. Lässt man sich von einem Arzt behandeln, erwartet man, wieder gesund zu werden. Tritt aber das Gegenteil ein, und der gesundheitliche Zustand verschlechtert sich aufgrund der Therapie, könnte dem Patienten unter Umständen ein Schadensersatzanspruch zustehen. Vor Gericht muss der Arzt dann von seiner Schweigepflicht entbunden werden.

Was ist die ärztliche Schweigepflicht?

Der Arzt darf grundsätzlich keine Informationen, die er von seinem Patienten erhält, an Dritte - auch nicht an andere Ärzte - weitergeben. Dazu gehört nicht nur der Gesundheitszustand des Kranken, sondern sogar die Tatsache, dass sich der Patient bei ihm in Behandlung befunden hat. Immerhin soll das Vertrauensverhältnis zwischen dem Mediziner und seinem Patienten nicht belastet werden. Die Schweigepflicht ist in § 9 BO (Berufsordnungen der Landesärztekammern) und in § 203 StGB (Strafgesetzbuch) geregelt und stellt auch eine Nebenpflicht des Behandlungsvertrages dar.

Gilt die Schweigepflicht nur zu Lebzeiten des Patienten?

Grundsätzlich gilt die Schweigepflicht nicht nur zu Lebzeiten des Patienten, sondern auch über seinen Tod hinaus. Wollen Angehörige in die Krankenakte des Verstorbenen einsehen, muss geprüft werden, ob der Patient damit einverstanden oder dagegen gewesen wäre, sog. mutmaßlicher Wille. Das gilt auch dann, wenn die Erben - oder sogar die Krankenkasse - Schadensersatzansprüche wegen eines Behandlungsfehlers des Arztes, an dem der Patient womöglich gestorben ist, geltend machen. Erleichtert oder ermöglicht die Entbindung von der Schweigepflicht die Verfolgung von Schadensersatzansprüchen, ist somit davon auszugehen, dass der Verstorbene den Arzt von seiner Schweigepflicht entbunden hätte. Der Mediziner kann sich dann nicht auf einen postmortalen Persönlichkeitsschutz des Patienten berufen und muss vor Gericht aussagen (OLG München, Beschluss v. 19.09.2011, Az.: 1 W 1320/11).

Was gilt bei der ausdrücklichen Einwilligung des Patienten?

Hat der Kranke den Mediziner ausdrücklich von der Schweigepflicht befreit, muss der Arzt nicht mit strafrechtlichen Folgen rechnen. Die Erteilung einer globalen Einwilligung sollte aber vermieden werden. Vielmehr sollte der Patient unter anderem erklären, zu welchem Zweck der Arzt von der Schweigepflicht entbunden wird, welche Unterlagen davon erfasst sind und wie lange die Einwilligung gelten soll. Des Weiteren sollte sich der Patient die Möglichkeit vorbehalten, die Erklärung jederzeit widerrufen zu können.

(VOI)
Foto(s): ©iStockphoto.com

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