Pro und Contra eines Ehevertrags

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Das Thema Ehevertrag ist eher unromantisch und gehört meist nicht zu den typischen Hochzeitsvorbereitungen. Dabei haben beide Seiten die Chance, sich rechtlich abzusichern und alles für die Zeit der Ehe und für den Scheidungsfall zu regeln. Sicherlich braucht nicht jedes Paar unbedingt einen Ehevertrag, es lohnt sich jedoch im Hinblick auf Ihre persönliche, wirtschaftliche oder berufliche Situation dies zumindest prüfen zu lassen. So können Sie Pro und Contra abwägen und die für sich richtige Entscheidung treffen.

Warum ist ein Ehevertrag wichtig?

Ein Ehevertrag ist wichtig, wenn Sie abweichend von den gesetzlichen Standards individuelle Regelungen treffen möchten. Einen Ehevertrag können Sie in jeder Phase Ihrer Ehe abschließen. Der Abschluss kommt in Betracht,

  • bevor Sie heiraten,
  • während der Ehe
  • und sogar noch nach der Trennung, wenn die Scheidung ansteht.

Ein Ehevertrag verschafft jedem Partner die Gewissheit, dass er bzw. sie während der Ehe, aber auch für den Fall von Trennung und Scheidung Rechte hat, denen auf Seiten des Partners Pflichten gegenüberstehen und umgekehrt. Schließen Sie den Ehevertrag im Hinblick auf Ihre Trennung und Scheidung, spricht man von einer Trennungs- und Scheidungsfolgenvereinbarung.

Eheverträge sind oft zugleich auch Erbverträge. Ehepartner regeln nicht nur ihre ehelichen Rechte und Pflichten, sondern setzen sich gerne auch gegenseitig zum alleinigen Erben des zuerst versterbenden Partners sein. Dabei geht es darum, dass die Ehepartner andere gesetzliche Erben (meist Kinder oder noch lebende Elternteile) von der gesetzlichen Erbfolge ausschließen möchten und die wirtschaftliche Existenz des überlebenden Ehepartners gesichert bleibt.

Praxistipp: Ein Ehevertrag sollte nicht als Misstrauen gegenüber dem Partner interpretiert werden. Eheverträge haben nicht den Zweck, einen Ehepartner zu benachteiligen und den anderen zu bevorzugen. Vielmehr geht es darum, Ihre besondere Lebenssituation aufzugreifen und individuell festzulegen, welche Rechte und Pflichten für den Fall einer Scheidung maßgebend sein sollen. Es geht nicht darum, Misstrauen zu säen, sondern Vertrauen aufzubauen. Ein Ehevertrag kann die Ehe insoweit auf eine solide Vertrauensbasis stellen.

Was sind die Gründe für einen Ehevertrag?

Der Gesetzgeber hatte im Ehe- und Scheidungsrecht die Familie mit einer klassischen Rollenverteilung vor Augen. Ein Partner verdient das Geld für die Familie, der andere führt den Haushalt und betreut die Kinder. Dieses gesetzliche Leitbild entspricht heute nicht mehr unbedingt der Lebenssituation von Ehepaaren. Für wen lohnt sich also ein Ehevertrag und was können Sie regeln?

Ausschluss der Zugewinngemeinschaft

Heiraten Sie, leben Sie im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft. Möchten Sie vermeiden, dass im Fall einer potenziell möglichen Scheidung der Zugewinnausgleich durchgeführt wird und Ihr Ehepartner an Ihrem vielleicht zu erwartenden hohen Vermögenszuwachs beteiligt wird, können Sie die Zugewinngemeinschaft ausschließen und stattdessen Gütertrennung vereinbaren.

Zustimmungserfordernis bei Vermögensverfügung

Verfügen Sie über Ihr Vermögen und leben im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft, muss der Ehepartner ausdrücklich zustimmen, wenn Sie über Ihr gesamtes Vermögen oder einen erheblichen Teil davon (ca. 90 %) verfügen wollen. Vereinbaren Sie stattdessen Gütertrennung, kommt es auf die Zustimmung des Ehepartners nicht an.

Diskrepanz-Ehe

Verfügt ein Ehepartner über ein wesentlich größeres Vermögen als der andere, kann ein Ehevertrag verhindern, dass der andere ihn nur heiratet, um bei einer Scheidung gut versorgt zu sein. Der weniger wohlhabende Partner kann den Eindruck vermeiden, dass er nur heiratet, um ausgesorgt zu haben. Umgekehrt hat der wohlhabende Partner das Vertrauen, dass er oder sie geheiratet wird, obwohl der andere am Vermögen nicht beteiligt ist. Beide schaffen damit das für die Ehe notwendige Vertrauen.

Unternehmer-Ehe

Sind Sie unternehmerisch tätig, ist der Partner im Fall der Scheidung am Betriebsvermögen beteiligt. Um die Liquidität des Unternehmens durch den Zugewinnausgleich nicht zu gefährden, kann es sich empfehlen, den gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft auszuschließen und stattdessen Gütertrennung zu vereinbaren. Es können auch Vereinbarungen getroffen werden, ob der Ehepartner den Ehenamen, der zugleich das Unternehmen repräsentiert, weiterführt oder Fragen des nachehelichen Unterhalts geregelt werden. Außerdem sind Sie nicht mehr auf die Zustimmung Ihres Ehepartners angewiesen, wenn Sie das Unternehmen veräußern möchten und das Unternehmen Ihr wesentliches Vermögen darstellt.

Unterschiedliche Nationalitäten oder Lebensmittelpunkt im Ausland

Haben die Ehepartner unterschiedliche Staatsangehörigkeiten, gilt im Fall der Scheidung in der Regel das Recht des Staates, in dem beide zuletzt gemeinsam gelebt haben. Um Ungewissheiten auszuschließen, kann sich empfehlen, per Ehevertrag zu regeln, nach welchem nationalen Recht eine Scheidung abgewickelt werden soll. Dies gilt vor allem für deutsche Staatsangehörige, die im Ausland leben und vermeiden möchten, dass ihre Scheidung nach ausländischem Recht beurteilt wird. Die Scheidung in Deutschland ist möglich, sofern ein Bezug zu Deutschland besteht, etwa durch Staatsangehörigkeit oder Wohnsitz.

Kein Kinderwunsch, abgeschlossene Berufsausbildung, gleichwertiger Verdienst

Sind Sie beide finanziell selbstständig und stehen auf eigenen Füßen, haben Sie durch die Eheschließung meist keine wirtschaftlichen oder beruflichen Nachteile zu befürchten. Insoweit ist der vom Gesetzgeber vorgesehene Versorgungsausgleich und Zugewinnausgleich sowie der nacheheliche Ehegattenunterhalt verzichtbar. Dies gilt insbesondere auch dann, wenn Sie keine Kinder haben (werden).

Hat ein Ehevertrag Vor- oder Nachteile?

Es lässt sich nicht pauschal behaupten, dass ein Ehevertrag Vor- oder Nachteile hat. Ihre persönliche Situation entscheidet, ob Sie einen Ehevertrag abschließen sollten oder ob Sie es bei den standardmäßigen gesetzlichen Regelungen belassen möchten, die Ihre Rechte und Pflichten während der Ehe und für den Fall von Scheidung regeln. Insoweit lässt sich sagen, dass ein Ehevertrag Vorteile hat, wenn Sie Ihre individuellen Gegebenheiten geregelt wissen möchten.

Nachteile gibt es insoweit keine, als Sie einen Ehevertrag während Ihrer Ehe anfechten können, falls Sie durch Drohung und arglistige Täuschung zum Abschluss veranlasst worden. Kommt es zur Scheidung, ist der Ehevertrag dem Familiengericht vorzulegen. Das Familiengericht prüft, ob der Ehevertrag einen ausgewogenen Ausgleich zwischen den Rechten und Pflichten der Ehepartner beschreibt oder ob ein Ehepartner möglicherweise benachteiligt wird, ohne dass für eventuelle Nachteile ein angemessener Ausgleich gewährt wird. Insoweit lässt sich sagen, dass ein Ehevertrag, sofern er einen angemessenen Interessenausgleich herbeiführt, keine Nachteile hat.

Was spricht gegen einen Ehevertrag?

Heiraten Sie, brauchen Sie nicht unbedingt einen Ehevertrag zu vereinbaren. Ein Ehevertrag empfiehlt sich vornehmlich, wenn Sie aufgrund Ihrer individuellen Gegebenheiten gute Gründe haben, Ihre Rechte und Pflichten in der Ehe zu regeln. Vor allem braucht es keinen Ehevertrag, um zu vermeiden, dass Sie wegen der Eheschließung entgegen weitläufigen Vorstellungen für eventuelle Verbindlichkeiten Ihres Ehepartners haften:

  • Auch wenn Sie im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft verbleiben, haften Sie gerade nicht für die Schulden Ihres Ehepartners.
  • Eine Haftung kommt allenfalls dann in Betracht, wenn Sie sich selbst persönlich vertraglich verpflichtet haben, für eine Verbindlichkeit einzustehen.
  • Unterschreiben Sie beispielsweise gemeinsam den Kreditvertrag für die Finanzierung Ihrer Wohnimmobilie, haften Sie, weil Sie sich gegenüber der Bank vertraglich dazu verpflichtet haben.
  • Sie haften aber nicht, nur weil Sie verheiratet sind.

Schließen Sie im Ehevertrag den Güterstand der Zugewinngemeinschaft aus, führt dies regelmäßig dazu, dass Sie alternativ Gütertrennung vereinbaren. Gütertrennung hat aber vornehmlich den Zweck, dass Sie für den Fall der potenziell denkbaren Scheidung die Zugewinngemeinschaft ausschließen. Möchten Sie es hingegen bei der Zugewinngemeinschaft belassen, vielleicht in der Erwartung, dass Sie selbst an den Vermögenszuwächsen Ihres Ehepartners beteiligt werden, ist Gütertrennung der falsche Weg.

Was spricht für einen Ehevertrag?

Ein wirksamer Ehevertrag sorgt für den Fall der Scheidung vor. Denn: Soweit Sie den Ehevertrag von einem Anwalt im Entwurf fertigen und von einem Notar beurkunden lassen, ist dies zwar kostenpflichtig. Dafür ebnen Sie aber den Weg für eine einvernehmliche Scheidung und vermeiden eine oft kostenträchtige und zeitaufwändige streitige Scheidung. Nicht zuletzt vermeiden Sie einen vielleicht emotional zusätzlich belastenden Rosenkrieg, bei dem es erfahrungsgemäß selten Gewinner oder Verlierer gibt. Ein gut formulierter Ehevertrag ist insoweit eine gute Investition in die Zukunft.

Tipp: Vertragsentwurf durch Anwalt

Ein Ehevertrag sollte notariell beurkundet werden. Nur dann ist er rechtlich verbindlich. Mündliche Absprachen oder privatschriftliche Vereinbarungen entfalten keine Rechtswirkung. Sie bleiben insoweit auf den guten Willen des Partners angewiesen. Zur Vorbereitung der notariellen Beurkundung empfiehlt sich, dass Sie sich im Hinblick auf Ihre individuellen Gegebenheiten anwaltlich beraten lassen.

Ihr Rechtsanwalt oder Ihre Rechtsanwältin werden den Entwurf eines Ehevertrages oder einer Scheidungsfolgenvereinbarung anfertigen, den Sie nach Absprache mit Ihrem Ehepartner bei einem Notar Ihrer Wahl beurkunden lassen. Berücksichtigen Sie, dass vornehmlich die anwaltliche Beratung Ihre individuelle Situation berücksichtigt und einen Vertragstext ermöglicht, der genau auf Ihre Gegebenheiten abgestellt ist.

Auch wenn der Notar den anwaltlich gefertigten Entwurf Ihres Ehevertrages beurkundet, darf er Sie nicht individuell beraten. Notare sind keine Interessenvertreter. Notare sind gesetzlich verpflichtet, beide Parteien eines Ehevertrages gleichermaßen zu informieren, dürfen aber weder die Interessen des einen noch des anderen Ehepartners bevorzugt herausstellen.

Fazit

Tendenziell lässt sich die Frage, ob sich ein Ehevertrag lohnt, dahingehend beantworten, dass Sie regelmäßig profitieren, wenn die durch Ihre Eheschließung bedingten Rechte und Pflichten individuell geregelt sind. Lassen Sie sich also anwaltlich beraten, ob ein Ehevertrag in Ihrem Fall eine gute Empfehlung ist oder ob die gesetzlichen Regeln in Ihrem Fall ausreichen.

Foto(s): iurFRIEND

Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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