Reformpläne im Disziplinarrecht – was ändert sich für Beamte?

  • 3 Minuten Lesezeit

Aus Anlass der deutschlandweiten Razzien gegen sogenannte Reichsbürger stehen derzeit Pläne des Bundesinnenministeriums zur Verschärfung des Disziplinarrechts des Bundes im öffentlichen Fokus. In der Politik besteht große Einigkeit darüber, dass der Staat mehr Handhabe bekommen soll, gegen verfassungsfeindliche Beamte vorzugehen.


Doch was steht rechtlich hinter den Plänen? Und was ändert sich für Beamte, die Rechtsschutz gegen ein Disziplinarverfahren suchen?


Neuregelung des Disziplinarrechts noch nicht auf dem Weg, aber …


Auch wenn ein Gesetzentwurf der Bundesregierung noch nicht vorliegt, lässt sich der rechtspolitischen Diskussion vor allem eine zu erwartende Neuerung entnehmen. Danach will das Bundesinnenministerium schnellere Verfahren gegen Bundesbeamte ermöglichen, um sie zurückstufen, entlassen oder ihnen das Ruhegehalt aberkennen zu können. Hintergrund ist § 34 Abs. 1 des Bundesdisziplinargesetz (BDG), wonach bei diesen schwerwiegenden disziplinarrechtlichen Maßnahmen die oberste Dienstbehörde Disziplinarklage vor dem Verwaltungsgericht erheben muss.


Unterschied zwischen Disziplinarklage und Disziplinarverfügung


Das bedeutet: Für diese Maßnahmen – vor allem auch um einen Beamten aufgrund eines disziplinarrechtlichen Vergehens aus dem Beamtenverhältnis zu entlassen – kann der Dienstherr bisher nicht von sich aus eine Verfügung treffen, also per Verwaltungsakt handeln. Er muss das Verwaltungsgericht anrufen und dort die Verfehlungen des Beamten darlegen. Anders ist es schon jetzt bei den milderen Disziplinarmaßnahmen des Verweises, der Geldbuße sowie der Kürzung der Dienstbezüge oder des Ruhegehalts. Diese werden nach § 33 Abs. 1 BDG durch Disziplinarverfügung ausgesprochen. Der Beamte muss dann seinerseits nach Maßgabe des § 41 BDG Widerspruch einlegen und Klage vor dem Verwaltungsgericht erheben.


Aufgrund dieser und anderer Besonderheiten im Disziplinarverfahren empfehlen wir frühestmöglich, das heißt sobald die von einem gegen Sie gerichteten Disziplinarverfahren Kenntnis erlangen,  anwaltlichen Rat in Anspruch zu nehmen.


Vorbild Landesdisziplinargesetz Baden-Württemberg


Vieles deutet darauf hin, dass sich der Bund nun an einem in Baden-Württemberg bereits seit dem Jahr 2008 verwandten Modell orientieren will. Anders als im Bund (und den anderen 15 Ländern) können in Baden-Württemberg alle Disziplinarmaßnahmen per Disziplinarverfügung ausgesprochen werden – also auch eine Zurückstufung, Entlassung oder Aberkennung des Ruhegehalts. Er muss hierfür nicht Disziplinarklage vor dem Verwaltungsgericht erheben.


Laut Bundesverfassungsgericht kein Verstoß gegen Beamtengrundsätze


Die entsprechende Vorschrift des § 38 Abs. 1 Landesdisziplinargesetz Baden-Württemberg (LDG BW) hat das Bundesverfassungsgericht in zwei Entscheidungen aus dem Jahr 2016 und 2020 grundsätzlich für verfassungsgemäß erklärt. Vor allem stünden die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums nach Art. 33 Abs. 5 des Grundgesetzes einer disziplinaren Entfernung eines Beamten aus dem Beamtenverhältnis durch Verwaltungsakt nicht entgegen. Soweit sich das nun für Diskussionen sorgende Vorhaben des Bundes hieran orientiert, könnte die Verfassungsmäßigkeit also schon als gesichert gelten.


Zwar keine Beweislastumkehr,..


Im disziplinargerichtlichen Verfahren gilt nach § 58 Abs. 1 BDG und § 86 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung grundsätzlich, dass das Verwaltungsgericht selbst und von Amts wegen diejenigen Tatsachen zu ermitteln und festzustellen hat, die für den Nachweis des Dienstvergehens und die Bemessung der Disziplinarmaßnahme von Bedeutung sind. Von einer zwischenzeitlich diskutierten Beweislastumkehr kann daher keine Rede sein.


..aber Nachteile für Beamte


Dennoch: Die Regelung des § 38 Abs. 1 LDG BW führt zu einer Benachteiligung des Beamten. Denn er trägt für die Zeit bis zur rechtskräftigen Entscheidung über seine Klage gegen die Disziplinarverfügung das Prozessrisiko. Vor allem geht z.B. eine Entlassungsverfügung, wenn sie erst einmal in der Welt ist, mit erheblichen wirtschaftlichen und sozialen Unsicherheiten für den Beamten einher.


Unser Anwaltsteam unterstützt Sie umfassend nicht nur im disziplinarrechtlichen Verfahren – wir helfen Ihnen auch versorgungsrechtliche oder ggf. zivilrechtliche Ansprüche gegen den Dienstherrn durchzusetzen.


Reichweite der Reform noch unklar


Einige Landesinnenminister der 15 weiteren Länder haben sich dem vom Bundesinnenministerium gesehenen Reformbedarf angeschlossen. Ob dies bedeutet, dass auch im jeweiligen Landesdisziplinarrecht, ebenso wie im Bund eine Neuregelung nach dem Vorbild Baden-Württembergs zu erwarten steht, bleibt abzuwarten.


Alles in allem: Für die Beamten des Bundes – und vielleicht auch für die Beamten weiterer Länder neben Baden-Württemberg – könnte die Wahrnehmung von Rechtsschutzmöglichkeiten im Disziplinarrecht in Zukunft höheren Aufwand bedeuten.


Unser Anwaltsteam im Verwaltungsrecht hat umfangreiche Erfahrungen im Beamten- und Disziplinarrecht. Wir unterstützen Sie in der Kommunikation mit dem Dienstherrn und in der Wahrnehmung Ihrer Rechte im Verwaltungsverfahren sowie vor den Verwaltungsgerichten.



Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Keno Leffmann

Beiträge zum Thema