Rückforderung von Kurzarbeitergeld – Vorläufigkeit der Bewilligung ?

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Im Zuge der Corona-Pandemie wurde seitens der Bundesagentur für Arbeit verstärkt Kurzarbeitergeld bewilligt. Häufig waren die Prüfprozesse schnell und nahezu unbürokratisch, um einen massiven Arbeitsplatzwegfall oder Massenentlassungen zu vermeiden.

Die Bewilligung von Kurzarbeitergeld war regelmäßig an die gesetzlichen Voraussetzungen der §§ 95 SGB III geknüpft. Das Vorliegen der Voraussetzungen musste glaubhaft gemacht werden. Dazu zählte auf Unternehmensseite beispielsweise regelmäßig die Glaubhaftmachung eines Arbeitsausfalls.

Nach der Beendigung der Pandemie hat die Bundesagentur für Arbeit begonnen, die seinerzeitigen Bewilligungen aufzuarbeiten und zu überprüfen. In zahlreichen Fällen fordert die Bundesagentur für Arbeit bewilligtes Kurzarbeitergeld zurück, weil sie der Auffassung ist, dass die Voraussetzungen nicht vorlagen. Rechtlich hält die Bundesagentur eine Rückforderung in vielen Fällen für zulässig, weil die Bewilligung nur vorläufig erfolgt sei. Das ist aber häufig nicht der Fall.

Grundsätzlich gilt, dass Kurzarbeitergeld im Zuge einer Überprüfung zurückgefordert werden kann, wenn es zunächst nur vorläufig bewilligt wurde. Das regelt § 328 SGB III. In der Praxis hat sich aber vermehrt erwiesen, dass die ursprünglichen Bewilligungsbescheide gar nicht als vorläufig deklariert waren. Lediglich enthielten die Bescheide unter einer Rubrik „Ergänzende Hinweise“ Ausführungen zur Vorläufigkeit der Bewilligung. Diese sog. Ergänzenden Hinweise wurden aber regelmäßig an das Ende des Bewilligungsbescheides platziert, häufig noch hinter die Rechtsbehelfsbelehrung und die elektronische Unterschrift der Behörde.

Wenn die Bewilligungsbescheide derart gestaltet waren, ist rechtlich nach unserer Auffassung der Hinweis der Bundesagentur für Arbeit auf die seinerzeit nur vorläufig ergangenen Bewilligungsentscheidung rechtswidrig.

In formeller Hinsicht erfordert eine vorläufige Entscheidung nach § 328 Abs. 1 SGB III bereits nach den allgemeinen Vorgaben des § 33 Abs. 1 SGB X einen Verfügungssatz, der für den Empfänger ohne Zweifel die Vorläufigkeit des Bescheides deutlich macht. Aus dem Verfügungssatz selbst muss für den Empfänger vollständig klar und unzweideutig erkennbar sein, dass die festsetzende Behörde eine Vorläufigkeit und damit verbundene Nachprüfung ausdrücklich vorbehält, vgl. hierzu u.a. Bundessozialgericht, Urteil vom 29.11.2012 - B 14 AS 6/12 R. Es muss damit klar erkennbar sein, dass es sich nur um vorläufige Regelung handelt, die unter dem Vorbehalt einer abschließenden Prüfung steht, vgl. hierzu auch Schmidt-De Caluwe in: Heinz/Schmidt-De Caluwe/Scholz, Sozialgesetzbuch III, 7. Auflage 2021, § 328 Rn. 33).

Darüber hinaus verpflichtet § 328 Abs. 1 S. 2 SGB III die Behörde ausdrücklich dazu, dass sowohl der Umfang als auch der Grund der Vorläufigkeit in dem Bescheid anzugeben sind. Erforderlich ist damit zunächst die Benennung eines Grundes im Sinne des § 328 Abs. 1 Nr. 1 - 3 SGB III im Tenor des Bescheides, wenngleich Einzelheiten der Abgrenzung sinnvollerweise nur im Rahmen der Begründung ihren Platz finden können, vgl. dazu auch  Schmidt-De Caluwe in: Heinz/Schmidt-De Caluwe/Scholz, Sozialgesetzbuch III, 7. Auflage 2021, § 328 Rn. 34 mw.N.). Diesen Anforderungen genügen häufig die ursprünglichen Leistungsbewilligungsbescheide der Bundesagentur für Arbeit nicht. Rechtsfolge dessen ist, dass die Leistungsbescheide über die Bewilligung von Kurzarbeitergeld-Zahlungen nicht vorläufig ergangen sind, sondern stattdessen endgültig festgesetzt wurden. Das Bundesozialgericht hat hierzu entschieden, dass ein Bescheid, der die Vorläufigkeit nicht hinreichend erkennen lässt, einem endgültigen Bescheid gleichsteht, vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 28.11.2007 – B 11a AL 47/06 R, Rn. 24.


Vor dem Hintergrund der dargestellten Problematik empfehlen wir, gegen einen Rückforderungsbescheid in jedem Fall Widerspruch einzulegen oder ggf. auch Klage einzureichen. Diesbezüglich sind die Fristen einzuhalten, die sich aus den Rechtsbehelfsbelehrungen der jeweiligen Rückforderungsbescheide ergeben. Mit der Einlegung von Rechtsmitteln ist nicht zwingend verbunden, dass eine Rückforderung von Kurzarbeitergeld vollständig ausgeschlossen ist. Wenn aber der ursprüngliche Leistungsbescheid nicht vorläufig war, wird die Rückforderung erheblich erschwert. Der Bundesagentur für Arbeit verbleibt dann regelmäßig nur noch der Weg der Rückforderung nach § 45 SGB X. Dessen Voraussetzungen sind aber nur dann erfüllt, wenn das antragstellende Unternehmen die Bewilligung von Kurzarbeitergeld durch Täuschung erschlichen oder vorsätzlich oder grob fahrlässig unrichtige Angaben gemacht hat.


Wenn Sie zu dieser Thematik Fragen haben, wenden Sie sich gerne an uns. Wir prüfen gerne etwaige Rückforderungsbescheide und nehmen Ihre Rechtsschutzmöglichkeiten wahr.









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