Schadensersatzansprüche in vielen Fällen nicht verjährt - Neue Hoffnung für Schrottimmobilien-Opfer

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Vor allem in den 1990er Jahren sind tausende von Anlegern von findigen Anlagevermittlern dazu verleitet worden, zum Zwecke der Altersvorsorge und der Steuerersparnis Eigentumswohnungen ohne Eigenkapital zu erwerben. Den Anlegern wurde in vielen Fällen der für deren Finanzierung erforderliche Kredit durch den Vermittler oder den Verkäufer vermittelt. Vor allem auf Wunsch der finanzierenden Bank traten die Anleger sodann einem sog. Mietpool bzw. einer Mietpoolgemeinschaft bei. So sollten die Risiken des Leerstandes einzelner Wohnungen eines Gebäudekomplexes auf alle Erwerber gleichmäßig verteilt werden und alle gleichermaßen von der Vermietung der Wohnungen durch regelmäßige Mietpoolausschüttungen profitieren.

Sehr bald stellte sich jedoch in vielen Fällen heraus, dass die als renditeträchtige Immobilie die Erwartungen keineswegs erfüllt. Die versprochenen regelmäßigen Mietausschüttungen blieben hinter den Erwartungen teilweise weit zurück oder sogar ganz aus.

Viele Opfer sog. Schrottimmobilien haben in der Vergangenheit nicht selten erst viele Jahre nach dem Kauf der Immobilie und dem Abschluss des Darlehensvertrages Schadensersatzansprüche gegen die an dem Erwerb und der Finanzierung Beteiligten, insbesondere gegenüber der die Immobilien finanzierenden Banken, geltend gemacht. Dabei haben sie sich häufig darauf berufen, dass die kreditgewährende Bank bei Erwerb der Immobilie und Abschluss des Darlehensvertrages Kenntnisse über spezielle Risiken des Vorhabens hatte, diese jedoch dem Anleger nicht offenbarte, obwohl sie wusste oder erkennen konnte, dass der Anleger über diese Risiken keine Kenntnis hatte (sog. konkreter Wissensvorsprung).Schadensersatzansprüche wegen der fehlenden Offenbarung eines Wissensvorsprungs durch die kreditgewährende Bank kommen v.a. im Hinblick auf eine für die Bank offensichtliche fehlerhafte Aufklärung des Anlegers durch den Vermittler, der Verkäufer oder den Verkaufsprospekt über die zu erzielenden Mietausschüttungen in Betracht. Vielfach wurden Anlageinteressenten deutlich überhöhte und unrealistische, weil am Markt nur schwer erzielbare Mieteinnahmen, wider besseres Wissen in Aussicht gestellt. Erlangt die kreditgewährende Bank von einer solchen arglistigen Täuschung des Anlageinteressenten Kenntnis, so muss sie ihren Kunden hierauf aufmerksam machen. Machten Anleger nun Jahre nach Erwerb der Immobilie gerichtlich Schadensersatzansprüche gegenüber den kreditgewährenden Banken wegen der fehlenden Offenbarung eines Wissensvorsprungs geltend, so sahen sie sich regelmäßig dem Einwand der Verjährung ausgesetzt. Die betroffenen Anleger hätten, so das übliche Vorbringen der Banken, bereits durch eine Prüfung der Mietpoolabrechnungen und einem Vergleich der darin enthaltenen Zahlen mit den Versprechungen des Verkaufsprospekts oder des Anlagevermittlers erkennen können, dass ihnen ein Schadensersatzanspruch zustehe. Insofern hätten sie nicht mehrere Jahre mit der gerichtlichen Geltendmachung ihrer Ansprüche warten dürfen.

Der Bundesgerichtshof (BGH) tritt diesem Vorbringen nun mit einer aktuellen, am 04.07.2008 veröffentlichten, Entscheidung (BGH, Urt. v. 03.06.2008 - XI ZR 318/06) entgegen und bestätigt seine bereits anlässlich seiner Entscheidung von 27.05.2008 (BGH, XI 132/07) angedeutete Rechtsauffassung.

Eine Verjährung von Schadensersatzansprüchen, so der BGH, komme nicht schon allein deswegen in Betracht, weil der Anleger über Jahre Kenntnis davon hatte, dass die tatsächlichen Mietausschüttungen hinter den ihm ursprünglich von dem Anlagevermittler oder dem Verkaufsprospekt versprochenen Werten zurückgeblieben sind und dennoch über einen langen Zeitraum seine Ansprüche gegenüber der kreditgewährenden Bank nicht geltend gemacht hat.

Für Schadensersatzansprüche wegen fehlerhafter Aufklärung gilt eine dreijährige Verjährungsfrist. Deren Beginn hängt maßgeblich davon ab, ob bzw. wann der Anleger Kenntnis von den tatsächlichen, dem Schadensersatzanspruch zugrundeliegenden Umständen erlangt. Voraussetzung für den Lauf der dreijährigen Verjährungsfrist ist demnach, dass der Anleger nicht nur die Umstände kennt oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kennt, die auf eine arglistige Täuschung durch den Vermittler, Verkäufer oder den Verkaufsprospekt schließen lassen. Darüber hinaus muss der Anleger die Umstände kennen, die eine Haftung der kreditgewährenden Bank möglich erscheinen lassen. Er muss also die Umstände kennen, die darauf hindeuten, dass die Bank Kenntnis von dieser arglistigen Täuschung hatte, also über einen sog. Wissensvorsprung gegenüber dem Anleger verfügte und daher schadensersatzpflichtig sein kann.

Allein aus den jährlich zugeschickten Mietpoolabrechnungen könne der Anleger jedoch weder Kenntnis von einer arglistigen Täuschung durch den Vermittler, den Verkäufer oder den Verkaufsprospekt, noch von einer Haftung der finanzierenden Bank hierfür erlangen. Erst wenn dem Anleger Umstände bekannt oder infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt gewesen sind, aus denen sich ergab, dass die Bank Kenntnis von der arglistigen Täuschung des Anlegers hatte, kann er auf eine mögliche Aufklärungspflicht schließen. Erst ab diesem Zeitpunkt hat er Kenntnis über alle maßgeblichen Umstände. Insoweit kann erst ab diesem Zeitpunkt kann die dreijährige Verjährungsfrist zu laufen beginnen.

Angesichts dieser Entscheidung des BGH können noch viele tausende Opfer sog. Schrottimmobilien, die bislang noch keine Schritte gegen die finanzierende Bank geltend gemacht haben, ohne sich dem Einwand der Verjährung auszusetzen, Schadensersatzansprüche erfolgreich geltend machen. Betroffene sollten sich daher in jedem Falle schnellstmöglich mit einem auf dem Bankrecht bzw. Kapitalanlagerecht spezialisierten Rechtsanwalt im Hinblick auf die konkreten Erfolgschancen für eine Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen sowie eine mögliche Verjährung der Ansprüche beraten lassen.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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