Schadenssteuerung und Regulierungprobleme durch Haftpflicht- und Rechtsschutzversicherungen

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Die tägliche Anwaltspraxis zeigt zunehmend, dass sich sowohl der Rechtsschutzversicherte als auch der Geschädigte gegenüber Haftpflichtversicherungen eines Anwalts seines Vertrauens bedienen sollte. Die freie Anwaltswahl ist sein Recht.

Die Versicherungsbedingungen sollte man am besten vorab oder spätestens innerhalb der 2-wöchigen Widerrufsfrist ab Zugang der entsprechenden Versicherungsunterlagen studieren und sich nicht nur preisorientiert versichern. Denn ob Ihre Versicherung für Sie einsteht oder die gegnerische Ihren Schaden reguliert, stellt sich erst heraus, wenn das Kind in den Brunnen gefallen ist.

Die Rechtsanwaltskosten fallen unabhängig davon an, ob eine Versicherung diese reguliert. Die Tätigkeit des Rechtsanwalts wird nach dem RVG abgerechnet wird. Die Kosten des eigenen Rechtsanwalts hat der Auftraggeber stets auf Grundlage des geschlossenen Vertrags mit dem Anwalt zu entrichten. Soweit keine Betragsrahmen anwendbar sind und keine Festgebühren oder eine gesondert vereinbarte anwaltliche Vergütungsberechnung zu Grunde liegen, werden die Gebühren nach dem Wert des Streitgegenstands berechnet. Ob der Rechtsanwalt hier von der Mittelgebühr abweicht, hängt vom Einzelfall und seinem Ermessen ab.

In welchem Umfang z.B. Ihre Rechtsschutzversicherung seine Kosten übernimmt, muss der Anwalt nicht prüfen. Dies ist vergleichbar mit dem Arzt, der privat abrechnet - dessen Rechnung muss der Privatversicherte unabhängig von der Kostentragungspflicht gegenüber dem Arzt aus dem Behandlungsvertrag bei seiner Versicherung einreichen. Selbstbehalte sind i.d.R. immer gegeben.

Die Deckungsanfrage an den Versicherer ist grundsätzlich eine eigene Angelegenheit, die als Gegenstandswert das gesamte Prozessrisiko umfasst. Kostenlose Deckungsanfragen sind ggf. ein Service des Anwalts, der schon wettbewerbs- und berufsrechtlich abgemahnt bzw. belangt wurde. Sie sollten also die Deckungsanfrage grundsätzlich selbst einholen.

Grundsätzlich sind alle Risiken, die teuer werden können bei Rechtsschutzversicherungen besonders zu prüfen. Dazu gehören Abfindungsvergleiche im Arbeitsrecht oder Mietrecht. Es gibt Versicherungen, die in einzelnen Rechtsgebieten keine außergerichtlichen Tätigkeiten des Rechtsanwalts vergüten - eine außergerichtliche Regulierung, die anzustreben ist, hat dann zur Folge, dass Sie auf Ihren Anwaltskosten sitzen bleiben. Finger weg.

Es gibt Versicherungen, die Rückstufungen vornehmen, wenn kein Vertragsanwalt der Rechtsschutzversicherung gewählt wurde. Oder man bietet den Verzicht auf den Selbstbehalt an, wenn ein Vertragsanwalt gewählt wurde. Auch von solchen Gesellschaften ist Abstand zu nehmen. Einerseits ist der Selbstbehalt meistens im niedrigen 3stelligen Bereich anzusiedeln, andererseits müssen Sie sich bewusst machen, dass die Versicherung in erster Linie im Sinne der Gesellschaft kostengünstig regulieren will.

Diese Schadenssteuerung verstößt gegen das Recht auf Ihre freie Anwaltswahl. Dieses Recht dient dem Verbraucherschutz, da der Verbraucher gerade den Anwalt seines Vertrauens wählen soll. Denn der Anwalt ist nicht nur der ausschließliche Vertreter der Rechte seines Mandanten, sondern auch Rechtspflegeorgan - nicht aber der Büttel einer Versicherungsgesellschaft. Das Vertrauensverhältnis zwischen Anwalt und Mandant basiert auf der höchstpersönlichen Entscheidungen des Mandanten. Die Versicherungen begründen diese rein aus Kostengründen vorgenommene Steuerung gerne damit, Sorge dafür zu tragen, daß der Versicherungsnehmer einen guten Anwalt erhalte. Die Vertragsanwälte haben aber i.d.R. Gebührenabschläge mit den Gesellschaften vereinbart. Ein guter Rechtsanwalt wird jedoch nicht unter Wert arbeiten.

Es ist ohnehin fraglich, wie man einen guten Rechtsanwalt qualifiziert. Prozesserfolgsquoten helfen nicht weiter, im Arbeitsrecht wie auch im sonstigen Zivilrecht enden die meisten Streitigkeiten mit Vergleich. Im Straf- und Ordnungswidrigkeitenrecht sind Erfolgskontrollen i.d.R. nicht möglich bzw. Freisprüche die Ausnahme.

Das Vertrauensverhältnis und die erfolgreiche Mandatsbearbeitung entstehen und erfolgen oft gerade erst dadurch, dass Sie Ihrem Anwalt höchstpersönliche Dinge anvertrauen müssen. Ein sog. Vertrauensanwalt des Versicherers könnte jedoch möglicherweise in seiner Unabhängigkeit eingeschränkt sein. Die möglicherweise auftretende wirtschaftliche Abhängigkeit der Vertrauensanwälte von den Rechtsschutzversicherungen kann sich dadurch äußern, dass möglicherweise auf die Einholung teurer Gutachten verzichtet wird.

Manche Haftpflichtversicherungen mauern zunächst standardmäßig, eine „abschließende Regulierung komme nicht in Frage" oder „wir bitten um Verständnis, dass wir auch weiterhin die Ersatzansprüche Ihrer Mandantschaft nicht anerkennen können". Eine Begründung erfolgt lapidar oder gar nicht. Dies zieht sich von einfachen Sachverhalten hin bis hin zu schwersten Personenschäden.

Gerade hier zeigt sich, dass Sie mit dem Anwalt Ihres Vertrauens einen optimalen Regulierungserfolg erzielen können - zur Not forciert durch ein Klageverfahren.

Zu Ihrem Schaden gehört immer der Sach-, bzw. Personenschaden, Gutachterkosten und Rechtsverfolgungskosten (u.a. Rechtsanwaltsgebühren). Um jede Schadensposition durchzusetzen, bedarf es fachkundigen Beistandes.

Ihr Rechtsanwalt kennt aus seiner praktischen Erfahrung, ob Sie eine gute Versicherung gewählt haben. Entscheidend ist die kompetente und zügige Deckungserteilung und Regulierung. Von teurer Werbung können Sie sich dagegen nichts kaufen. Andererseits müssen Sie auch für eine gute Versicherung  entsprechende Beiträge bezahlen.

Rechtsanwalt Holger Hesterberg

Bundesweite Tätigkeit. Mitgliedschaft im DAV.

E-Mail:kanzlei@anwalthesterberg.de


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