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Selbstbedienung statt Traumhochzeit – muss die Zeche trotzdem bezahlt werden?

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anwalt.de-Redaktion

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Die Hochzeit soll der schönste Tag im Leben sein und wird dementsprechend meist schon lange im Voraus geplant. Egal ob im kleinen Kreis oder im ganz großen Stil geheiratet werden soll – in die perfekte Hochzeit investieren Braupaare viel Zeit, Geld, Mühe und Nerven.

Steht der Hochzeitstermin, geht es richtig los: Zahlreiche Locations werden besichtigt, die Gästeliste erstellt, Einladungen geschrieben, das schönste Brautkleid der Welt gesucht und Blumen für den Brautstrauß und die Deko zusammengestellt.

Ist die Traumlocation für die Hochzeitsfeier gefunden, geht die Planung erst richtig los: Tischordnung, Deko, und vor allem das Hochzeitsmenü werden bis ins kleinste Detail geplant und mit viele Liebe zum Detail zusammengestellt – damit am schönsten Tag im Leben auch ganz sicher nichts schiefgeht.

Aber was ist, wenn sich am Hochzeitstag auf der Feier herausstellt, dass der Gastwirt mit der Ausrichtung der Hochzeit total überfordert ist? Statt das Fest rundum zu genießen, sitzt man ständig auf dem Trocknen, muss Ewigkeiten auf das Menü warten und sich am Ende sogar selbst bedienen. Ob in so einem Fall trotzdem der volle Preis gezahlt werden muss, musste das Amtsgericht München in einem aktuellen Fall entscheiden.   

All-Inclusive-Menü für knapp 200 geladene Gäste 

Im vorliegenden Fall hatte ein Paar eine Gaststätte für die Ausrichtung ihrer Hochzeitsfeier gebucht. Mit dem Wirt der Gaststätte hatte das Paar einen Vertrag über die Bewirtung der fast 200 geladenen Gäste geschlossen. Für die 170 Erwachsenen sollte es einen Sektempfang mit Gemüse-Sticks sowie ein Hauptmenü mit Suppe und einer Fleischplatte geben. Die 26 Kinder sollten als Kindermenü Schnitzel mit Pommes bekommen und abends sollte es für alle ein Buffet geben. Für diese umfangreiche Bewirtung der knapp 200 Gäste sollte der Wirt rund 7500 Euro bekommen.

Nur 150 Gäste und eine katastrophale Bewirtung

Obwohl statt der knapp 200 geladenen Gäste nur etwa 150 Hochzeitsgäste zu der Hochzeitsfeier kamen, endete die Bewirtung für das Paar und seine Gäste in einem Fiasko. Für die große Hochzeitsgesellschaft standen nur zwei Kellner zur Verfügung, die mit dem Bedienen und Servieren schlicht nicht hinterherkamen. Allein für die Suppe benötigten sie eineinhalb Stunden, das bestellte Kindermenü wurde überhaupt nicht serviert, und statt sich bedienen zu lassen, mussten Familie und Freunde des Hochzeitspaars selbst mit anpacken.

Da die Bewirtung so überhaupt nicht den Vorstellungen des Brautpaares entsprach und statt der ursprünglich knapp 200 geladenen Gästen nur 150 tatsächlich gekommen waren, zahlte das verärgerte Paar nur 3000 Euro. Der Wirt bestand dagegen auf den vollen Ausgleich der Zeche.

Absage von Hochzeitsgästen ist kein Minderungsgrund

Nach der Entscheidung des Amtsgerichts München geht das Risiko, dass geladene Hochzeitsgäste absagen, zulasten des Brautpaares. Durch den Bewirtungsvertrag für die Hochzeitsfeier war der Gastwirt verpflichtet, sich auf die genannte Zahl der Gäste vorzubereiten und entsprechend Speisen und Getränke für die geladenen Gäste bereitzustellen. Deshalb ist es unerheblich, wie viele Gäste am Ende tatsächlich an der Feier teilgenommen haben.

Grundsätzlich muss das Brautpaar deshalb die volle Rechnung zahlen – auch wenn nicht alle geladenen Hochzeitsgäste zur Hochzeit kommen.

Mangelhaften Service muss man nicht akzeptieren

Trotzdem musste das Brautpaar nicht die komplette Zeche bezahlen, denn der Wirt hat einen Teil seiner vertraglichen Pflichten nur mangelhaft erfüllt. Nach dem geschlossenen Bewirtungsvertrag war der Wirt der Gaststätte verpflichtet, sowohl Speisen und Getränke bereitzuhalten als auch einen angemessenen Service auf der Hochzeitsfeier sicherzustellen.

Diese vertraglichen Pflichten hat der Wirt verletzt. Er hat das bestellte Kindermenü überhaupt nicht serviert und zu wenig Kellner eingesetzt. Der Wirt hätte dafür sorgen müssen, dass ein ordnungsgemäßer und zügiger Ablauf gewährleistet ist. Bei 150 Hochzeitsgästen sind zwei Kellner zu wenig, um alle Getränkebestellungen aufzunehmen und sowohl Getränke als auch Speisen zügig zu servieren. Diesen mangelhaften Service musste das Brautpaar nicht akzeptieren, denn der Wirt erfüllte damit seinen Teil des Vertrages nicht ordnungsgemäß.

Minderung statt Kündigung

Das deutsche Vertragsrecht unterscheidet verschiedene Vertragstypen, die jeweils unterschiedliche Rechtsbehelfe haben. Der Service einer Gaststätte ist rechtlich als Dienstleistung einzuordnen. Beim Dienstvertrag steht den Vertragsparteien grundsätzlich kein Minderungsrecht zu, sondern nur ein Kündigungsrecht. Wenn also der Vertragspartner seine Pflichten aus einem Dienstvertrag nicht ordnungsgemäß erfüllt, kann die andere Seite nicht die Vergütung kürzen, sondern nur den Vertrag kündigen.

Erfüllt beispielsweise ein Arbeitnehmer seine Arbeitspflichten nicht, weil er ständig zu spät kommt oder sich den Anweisungen des Arbeitgebers wiedersetzt, kann der Arbeitgeber den Arbeitsvertrag zwar kündigen, aber eben nicht den Lohn des Arbeitnehmers kürzen. Eben so wenig wie ein Arbeitgeber den Lohn kürzen kann, kann ein Gast bei mangelhaftem Service den Preis für die Bewirtung kürzen. Er kann aber den Vertrag kündigen und sich eine andere Gaststätte suchen.

Dieses Kündigungsrecht nützt dem Brautpaar bei einer größeren Hochzeitsgesellschaft aber relativ wenig. Vollkommen richtig hat das Amtsgericht München festgestellt, dass das Kündigungsrecht bei einer solchen Feierlichkeit vollkommen ins Leere läuft, da man mit einer größeren Hochzeitsgesellschaft eben nicht einfach so auf die Schnelle in eine andere Location umzieht. Statt den Bewirtungsvertrag zu kündigen, durfte das Brautpaar den vereinbarten Preis in diesem speziellen Fall ausnahmsweise wegen der mangelhaften Vertragsverfüllung mindern. Statt der ursprünglich vereinbarten 7500 Euro musste es lediglich knapp 5000 Euro zahlen.

Fazit: Grundsätzlich muss der volle Preis auch dann bezahlt werden, wenn geladene Gäste absagen. Wer für eine Hochzeit, Geburtstagsfeier oder ein Firmenjubiläum eine Location bucht, sollte deshalb einen späteren Termin vereinbaren, an dem die genaue Zahl der Gäste festgelegt wird. So muss man nicht für jeden Gast, der absagt, die Zeche übernehmen.

Bei mangelhaftem Service durch zu lange Wartezeiten darf man bei größeren Veranstaltungen aber den Preis mindern, weil man mit einer größeren Gesellschaft nicht in eine andere Gaststätte umziehen kann.

(AG München, Urteil v. 12.01.2016, Az.: 159 C 601/15)

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