Sie sollen eine überzogene Vertragsstrafe zahlen? Wehren Sie sich!

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Vertragsstrafe nach Abmahnung UWG OLG Frankfurt

Wenn Sie zu einer Abmahnung eine Unterlassungserklärung abgegeben haben und wegen Verstößen gegen diese Erklärung eine Vertragsstrafe zahlen sollen, ist das schon ärgerlich genug. Wenn die Forderung mehrere tausend Euro beträgt, kann es sinnvoll sein, sich gegen die Forderung zu wehren. Dies zeigt eine aktuelle Entscheidung des OLG Frankfurt am Main, mit der eine Vertragsstrafenforderung von 4.000 Euro auf einen Betrag von 1.000 Euro herabgesetzt worden ist (OLG Frankfurt, Urteil vom 09.06.2022, Az. 6 U 134/21).

Auf die Abgabe der Unterlassungserklärung folgte die Vertragsstrafenforderung

In dem Verfahren vor dem OLG Frankfurt ging es um die Vertragsstrafenforderung eines Interessenverbandes von Online-Unternehmern. Aufgrund weiterer Informationen in dem Urteil gehe ich davon aus, dass es um eine Forderung des IDO Interessenverband für das Rechts- und Finanzconsulting deutscher Online-Unternehmen e.V. (IDO) ging.

Die Abmahnung hatte sich auf die Verletzung von Informationspflichten bezogen. Die Abgemahnte hatte hierzu am 10.08.2020 eine Unterlassungserklärung abgegeben. Diese Erklärung war am 12.08.2020 angenommen worden. Bereits am 26.08.2020 erlangte der klagende Interessenverband Kenntnis von Verstößen der Abgemahnten gegen die Verpflichtung zur Angabe des Grundpreises, gegen die Verpflichtung zur Angabe des Handelsregistergerichtes und zur Information über die Speicherung des Vertragstextes nach Vertragsschluss.

OLG Frankfurt: Vertragsstrafenforderung von 4.000,00 Euro war überzogen

In dem Fall vor dem OLG Frankfurt war es offenbar so, dass die abgegebene Unterlassungserklärung eine Vertragsstrafenregelung mit einem flexiblen Vertragsstrafeversprechen vorsah (Vertragsstrafe nach dem sogenannten neuen Hamburger Brauch). Der Interessenverband war also dazu berechtigt, eine Vertragsstrafe nach billigem Ermessen zu bestimmen, wobei ihm insoweit ein Ermessensspielraum zusteht. Bei Streit über die Höhe der Vertragsstrafe kann das zuständige Gericht überprüfen, ob die Vertragsstrafe sich noch im Rahmen des billigen Ermessens bewegt.

Die von dem Interessenverband geforderte Vertragsstrafe von 4.000,00 Euro sah das OLG Frankfurt als überzogen an und urteilte:

„Vorliegend ist zu berücksichtigen, dass es um einen erstmaligen Verstoß geht, der noch in der Umstellungszeit - nämlich zwei Wochen nach Zustandekommen des Unterlassungsvertrages - stattfand. Betroffen sind zwei Angebote, die am selben Tag (26.8.2020), geschaltet wurden. Sie stehen in engem zeitlichen und sachlichen Zusammenhang und bilden eine Handlungseinheit. Der Verstoß betrifft Informationspflichten wie etwa die Grundpreisangabe und die Angabe des Gerichtsorts des Handelsregisters, deren Nichtbeachtung Verbraucherinteressen nicht in schwerwiegender Weise beeinträchtigt hat. Bei dieser Sachlage hat der Kläger mit einer Vertragsstrafe von 4.000 € seinen Ermessensspielraum überschritten. Angemessen erscheinen hier 1.000 €.“

Der klagende Verein trägt nun 3/4 der Kosten des Rechtsstreits

Das Urteil des OLG Frankfurt macht deutlich, dass es durchaus Sinn macht, sich gegen eine überzogene Vertragsstrafenforderung zur Wehr zu setzen. Da das OLG Frankfurt die Vertragsstrafe auf 1/4 der ursprünglichen Forderung herabsetzte, entschied es auch, dass der klagende Interessenverband von Online-Unternehmern 3/4 der Kosten des Rechtsstreits tragen muss.

Und wenn man aus der Unterlassungserklärung raus will?

Schwierige Frage: Ist es möglich, sich von einer abgegebenen Unterlassungserklärung wieder zu lösen? Typische Antwort des Anwaltes: Kommt darauf an.

Unter sehr engen Voraussetzungen kommt eine Anfechtung einer abgegebenen Unterlassungserklärung in Betracht. Greift die Anfechtung durch, entfällt der Unterlassungsvertrag und damit die Grundlage für die Vertragsstrafenforderung rückwirkend. Da die Hürden für eine Anfechtung recht hoch liegen, ist dieses Vorgehen nur in Einzelfällen erfolgreich. Informationen zu einem derartigen Fall finden Sie hier:

https://www.internetrecht-rostock.de/ido-unterlassungserklaerung-anfechtung-arglistische-taeuschung-olg-hamburg.htm

Ebenfalls nur unter sehr engen Voraussetzungen kann eine Vertragsstrafenforderung gekündigt werden. In Betracht kommt eine Kündigung insbesondere in Rechtsmissbrauchs-Fällen. Greift die Kündigung durch, wird der Unterlassungsvertrag aufgelöst. Wenn die Vertragsstrafe vor der Kündigung verwirkt worden ist, kann der Vertragsstrafenforderung in diesem Fall der Einwand des Rechtsmissbrauchs entgegengehalten werden. Dies hat der BGH bereits grundsätzlich entschieden:

https://www.internetrecht-rostock.de/bgh-rechtsmissbrauch-kuendigung-unterlassungserklaerung-vertragsstrafe.htm

Was Sie tun sollten, wenn Sie eine Vertragsstrafe zahlen sollen

  1. Die wichtigste Entscheidung: Lassen Sie sich fachkundig anwaltlich beraten!
  2. Veranlassen Sie ohne vorherige fachkundige Beratung keine Zahlung.

Zu mir und meiner Tätigkeit:

Ich habe als Fachanwalt für IT-Recht bei Internetrecht-Rostock.de bereits in einer Vielzahl von Fällen Betroffene zu Vertragsstrafenforderungen beraten und verfüge daher über Erfahrung aus einer Vielzahl von Verfahren.

Weitere Informationen zu mir und meiner Tätigkeit können Sie meiner Profilseite, meinen Rechtstipps und meinem Bewertungsprofil entnehmen.

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Andreas Kempcke

Rechtsanwalt 

Fachanwalt für IT-Recht

Internetrecht-Rostock.de

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