So läuft eine Scheidung ab - vom Gang zum Anwalt bis zum Scheidungsurteil

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Ablauf einer Scheidung

Für Ehescheidungen ist das Familiengericht zuständig, eine Abteilung des örtlichen Amtsgerichts. Das Familiengericht regelt nicht nur die Scheidung selbst, sondern auch die sogenannten Scheidungsfolgesachen.

1) Beim Familiengericht muss zunächst ein Scheidungsantrag eingereicht werden.

Den Antrag auf Scheidung kann nur ein Anwalt stellen (§ 78 Abs. 2 ZPO). Der Anwalt fertigt den Antrag und reicht ihn bei Gericht ein. Der Scheidungsantrag muss nur von einem der beiden Ehegatten gestellt werden, auch wenn sich beide scheiden lassen wollen.

2) Das Familiengericht leitet den Antrag anschließend an den Ehepartner weiter. (Anhand des Datums der Zustellung des Antrags wird die Ehezeit berechnet. Dies hat Auswirkungen auf die Berechnung von Zugewinnausgleich und Versorgungsausgleich).

Dem Antragsgegner wird Möglichkeit zur Stellungnahme gegeben. Er kann der Scheidung entweder widersprechen oder einer einvernehmlichen Scheidung zustimmen. Soll der Scheidung widersprochen werden und/oder weitere Anträge gestellt werden (beispielsweise ein Antrag auf Unterhalt), so bedarf es ebenfalls der Vertretung durch einen Anwalt. Ein Anwalt ist also immer nur dann nicht notwendig, wenn der Scheidung nicht gänzlich zugestimmt wird.

3) Sobald dem Familiengericht die Stellungnahme zugesandt wurde, verschickt dieses an beide Parteien Formulare. Diese müssen ausgefüllt werden, um die Berechnung des Versorgungsausgleichs durchführen zu können.

4) Wenn der Versorgungsausgleich berechnet ist, anberaumt das Familiengericht einen Scheidungstermin. Hierbei handelt es sich um eine mündliche Verhandlung vor Gericht, in der beide Ehegatten persönlich anwesend sein müssen. Die Verhandlung selbst dauert selten länger als 15 Minuten. Äußern müssen sich die Beteiligten Ehegatten nur bezüglich ihres Scheidungswunsches. Dieser muss keinesfalls begründet werden.

In der Verhandlung können zudem alle Folgesachen der Scheidung behandelt werden. Während der Versorgungsausgleich zwingend vorgeschrieben ist, liegt es bezüglich der Punkte Unterhalt, elterlicher Sorge, Hausrat, Wohnung und Güterausgleich an den Ehegatten, ob sie dies vor Gericht diskutieren möchten. Es handelt sich um sogenannte „Kann-Folgesachen“, deren Einbeziehung ins Verfahren nicht automatisch stattfindet, sondern beantragt werden muss. Bei Einbringung vieler Aspekte in das Gerichtsverfahren verzögert sich die Scheidung. Gleichzeitig wird allerdings auch eine umfassende Lösung sichergestellt.

Am sinnvollsten kann es sein, wenn die Ehegatten sich bereits vor dem Gerichtstermin über die Bedingungen und Folgen der Scheidung einig sind. Das Gericht muss sich dann im Großen und Ganzen nur noch um den Versorgungsausgleich kümmern. Das ist natürlich wünschenswert, ist in der Praxis allerdings nur selten der Fall.

5) Schließlich ergeht durch das Gericht der sogenannte Scheidungsbeschluss. Gegen diesen Beschluss kann von beiden Seiten Beschwerde eingelegt werden.

Wenn beide Parteien mit der Entscheidung zufrieden sind gibt es zwei Möglichkeiten die Scheidung rechtskräftig werden zu lassen:

Sind beie Ehegatten anwaltlich vertreten, können sie einen sogenannten „Rechtsverzicht“ erklären. Dieser bewirkt, dass die Scheidung sofort wirksam ist.

Ist dagegen nur einer der beiden Parteien anwaltlich vertreten, ist die Möglichkeit eines Rechtsverzichts nicht gegeben. Die Scheidung wird dann vielmehr nach Ablauf einer vierwöchigen Frist rechtskräftig. Diese Frist beginnt mit Zustellung des Scheidungsbeschlusses.

Die Scheidungsvoraussetzungen

Das Gesetz stellt in § 1565 Abs. 1 S. 1 BGB die Voraussetzung auf, dass die Ehe „gescheitert“ sein muss. Dieses Scheitern wird ab dem Zeitpunkt, an dem die Ehegatten seit einem Jahr getrennt leben, vermutet (§ 1365 Abs. 1 S. 2 BGB). Warum die Ehe gescheitert ist muss nicht dargelegt werden. Und schon gar nicht wird darüber gestritten, wer daran Schuld trägt (sog. „Schuldprinzip“, das früher in Deutschland und heute noch in anderen Ländern Anwendung findet).

Die Scheidungsvoraussetzungen sind daran geknüpft, wie lange die Ehegatten bereits getrennt leben (wobei das nicht zwingend den Auszug aus der gemeinsamen Wohnung voraussetzen muss).

Trennung ist erst kürzlich erfolgt (unter einem Jahr):

Auch, wenn beide Partner noch kein Jahr getrennt leben, gibt es Möglichkeiten eine Scheidung zu erreichen. Namentlich in „unzumutbaren Härtefällen“ (siehe § 1565 Abs. 2 BGB). Ein solcher liegt in besonders schwerwiegenden Fällen vor, beispielsweise bei Misshandlungen, Alkohol- und Drogenmissbrauch sowie besonders schlimmen Vertrauensmissbräuchen.

Trennung bereits seit über einem Jahr:

Wenn beide Ehegatten zu der Überzeugung gelangt sind, dass die Ehe nicht mehr zu retten ist und sich einig sind, dass das „Trennungsjahr“ abgelaufen ist (ein Nachweis darüber braucht nicht erbracht werden) gilt die Ehe als gescheitert und kann problemlos geschieden werden.

Auch wenn nur einer der beiden Ehegatten eine Scheidung will, ist dies nach Ablauf eines Jahres in aller Regel möglich. Unter Umständen ist dann aber ein Nachweis über den Jahresablauf erforderlich.

Brauche ich einen Anwalt?

Derjenige, der den Scheidungsantrag stellt, benötigt grundsätzlich einen Anwalt.

Der Antragsgegner muss nicht zwingend einen Anwalt einschalten. Auf einen Anwalt zu verzichten ist allenfalls sinnvoll, wenn beide Parteien keinerlei gegenseitige Ansprüche stellen (= einvernehmliche Scheidung). Will der Antragsgegner selbst im Rahmen der Scheidung Ansprüche stellen (Unterhalt, Sorgerecht …), so braucht er zwingend einen Anwalt.

Auch wird im Falle eines Rechtsmittelverzichts auf beiden Seiten ein Anwalt benötigt. Der Rechtsmittelverzicht bewirkt eine schnellere rechtswirksame Scheidung.

Wenn Sie sich einmal die Situation vorstellen, in der Sie ihrem (anwaltlich vertretenen) Ehepartner in einer Gerichtsverhandlung ohne jede Vertretung alleine gegenübersitzen und zu allen vorgebrachten Punkten nur „Ja“ sagen können, allerdings keine eigenen Wünsche beantragen können, so erweckt diese Vorstellung bestimmt Unbehagen. Wir sind gerne bereit Ihnen dieses Unbehagen abzunehmen und Sie durch Ihre Scheidung, ein wichtiges und folgenreiches Lebensereignis, professionell und vorausschauend zu begleiten.

Zumindest ist ratsam sich anwaltlich beraten zu lassen. Denn wer sein Recht nicht kennt ist grundsätzlich im Nachteil. Anwälte sind parteiisch und vertreten allein Ihre Interessen.

Der „gemeinsame Anwalt“

Entgegen landläufiger Meinung ist es nicht möglich, dass ein Anwalt im Scheidungsprozess sowohl Sie als auch Ihren Ehepartner vertritt.

Der Anwalt würde sich dadurch sogar strafbar machen (siehe § 34 BRAO i. V. m. § 31 a IV BRAO, § 3 BORA). Er darf beide Ehegatten noch nicht einmal gemeinsam beraten, denn bereits dort ist eine Interessenskollision gegeben.

Dass es für den Anwalt nicht möglich ist, sowohl Ihre Interessen als auch die Ihres Ehepartners zu vertreten ist logisch. Denn diese Interessen sind bei Scheidungsverfahren in der Regel nicht nur verschieden sondern gegensätzlich. Das lässt sich am anschaulichsten an Unterhaltsfragen erklären: Während der eine mehr Unterhalt bekommen will, will der andere weniger zahlen.

Die schnelle Scheidung

Eine Scheidung dauert mindestens vier Monate. Einige Verfahren dauern wiederum erheblich länger. Im Kern liegt es natürlich daran, wie schnell Sie und Ihr Ehepartner sich einig werden können. Gibt es viele Streitigkeiten, zieht sich der Prozess in die Länge. Eine einvernehmliche Scheidung ist natürlich bereits viel schneller vollzogen.

Wenn Sie daran interessiert sind, Ihre Scheidung möglichst rasch herbeizuführen, so gibt es dennoch einige Tricks, die dabei beachtet werden können:

1) Der Versorgungsausgleich muss bei jeder Scheidung durchgeführt werden. Er verlangsamt das Scheidungsverfahren oft enorm.

Dem können Sie entgegenwirken, indem Sie frühzeitig einen Antrag auf „Kontenklärung“ bei ihrem jeweiligen Rentenversicherer stellen. Dieser wird Ihnen die benötigten Unterlagen gerne zusenden.

2) Zusätzlich können Sie zusammen mit dem Scheidungsantrag bereits die ausgefüllten Formulare für den Versorgungsausgleich einreichen. Diese finden sich für NRW beispielsweise hier:

www.justiz.nrw.de/BS/formulare/versorgungsausgleich/v_10.pdf

3) Auch bietet sich für Sie die Möglichkeit, auf den Versorgungsausgleich zu verzichten. Dies ist auch vor Einreichen des Scheidungsantrages möglich. Fragen Sie zum Ablauf dieses Vorgehens am besten den Rechtsanwalt Ihres Vertrauens. Er wird Ihnen genau erklären, wie man den Ausgleich rechtswirksam abbedingen kann und Ihnen helfen, Zeit zu sparen.

4) Ein weiterer möglicher Schritt ist der Rechtsmittelverzicht am Ende des Gerichtstermins. Dies sorgt dafür, dass die Scheidung umgehend wirksam ist und nicht erst ein Fristablauf abgewartet werden muss. (Beachte: Für den Rechtsmittelverzicht muss allerdings jeder Ehepartner durch einen Anwalt vertreten werden!)

Die sogenannte „Online-Scheidung“

Zuerst einmal ist anzumerken, dass die „Online-Scheidung“ natürlich nicht halten kann, was sie verspricht. Eine rechtswirksame Ehescheidung allein per Mausklick ist in Deutschland nicht möglich. Denn vor Gericht müssen beide Ehegatten persönlich anwesend sein. Online kann sich also allenfalls die notwendige Korrespondenz mit dem jeweiligen Rechtsanwalt abspielen. Alle notwendigen Formulare, Nachweise und Hinweise werden dann per E-Mail versandt. Kostensparend ist dieses Vorgehen jedoch grundsätzlich nicht, denn die Gebühren sind gesetzlich geregelt und das gilt auch fürs Internet. Kostensparend ist vielmehr eine differenzierte Absprache mit einem spezialisierten Rechtsanwalt, welcher Ihnen erklären kann, wie sich das Scheidungsverfahren vereinfacht und mithin vergünstigt.

Auch können verdeckte Kosten entstehen. Wenn Sie beispielsweise einen Anwalt außerhalb Ihres Gerichtsbezirks beauftragen, kann dieser Fahrtkosten und Kosten für seine Abwesenheit in der Kanzlei veranschlagen.

Allenfalls ist eine „Online-Scheidung“ daher dann zu empfehlen, wenn sich beide Ehegatten über die Ehefolgen komplett einig sind und es neben dem Scheidungsbeschluss keiner einzigen Regelung bedarf. Dies wird selten bis nie der Fall sein.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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