Social Media & Recht: Beleidigungen, Cybermobbing und Hatespeech
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Beleidigende Inhalte auf Youtube oder sonstigen Social Media-Plattformen hochzuladen, ist eine wenig gute Idee. Da folgt eine Strafe häufig auf dem Fuße. Dies dürfte sich mittlerweile auch bis in die letzten Winkel des Internet-Neulandes herumgesprochen haben.
Da verwundert es, dass unter dem Video auf Youtube oder unter dem Post auf Instagram nach Auffassung einiger Kommentatoren eine rechtsfreie Zone zu herrschen scheint. Es wird ohne Rücksicht auf Verluste – bzw. die Gefühle Dritter – in den Kommentaren munter drauf los beleidigt, mit nachweislich falschen Tatsachenbehauptungen um sich geschmissen oder allgemein Hatespeech verbreitet.
Aber auch hier bereits der für manch einen vielleicht ernüchternde Vorgriff: Rechtsfrei ist hier gar nichts!
Beispiele – Der Hass kann jeden treffen
Die jüngst beendeten Olympischen Spiele in Tokio liefern zwei Beispielfälle: Die Moderne Fünfkämpferin Annika Schleu wurde eigenen Aussagen zufolge nach ihrem etwas unrühmlichen Auftritt in der Reitdisziplin in der Kommentarspalte ihres Instagram-Accounts mit Hasskommentaren überschüttet.
Auch die querschnittsgelähmte Olympia-Kommentatorin und ehemalige Bahnrad-Olympiasiegerin Kristina Vogel musste in der Kommentierung hinsichtlich eines ihrer Posts auf Instagram schlimmste Worte über sich ergehen lassen: „Diese Arroganz, von oben herab zu reden, hat dich in den Rollstuhl gebracht.“
Renate Künast – bzw. vorwiegend das zunächst entscheidende Berliner Landgericht – versetzte 2019 insbesondere die Juristenlandschaft in Aufruhr, als es um Beleidigungen und Hasskommentare auf Facebook zu Lasten der Grünen-Politikerin ging. Bzw. seien „Drecks Fot...“ und „Schlampe“ im entsprechenden Kontext – so die erste Entscheidung des Landgerichts – ja gar keine Beleidigungen gewesen. Na dann… Die Entscheidung wurde aber schnell revidiert und die obigen Äußerungen auch im Kontext Künast als Formalbeleidigungen gewertet.
Allgemein braucht man regelmäßig unter aufrufstarken Youtube-Videos nicht weit herunterscrollen, um auf jedenfalls bedenkliche Kommentare zu stoßen. Wenngleich hier schon seitens der Plattformbetreiber mit automatisierten Blockierungsverfahren versucht wird, entsprechend gegenzusteuern und den die Grenzen der Meinungsfreiheit überschreitenden Kommentaren die Veröffentlichung zu verwehren.
Strafrechtliche Beleuchtung
Man kann es gar nicht oft und laut genug sagen: Das Internet ist kein Paralleluniversum! Auch hier gilt das "normale" Strafgesetzbuch! Und alle anderen in Betracht kommenden Gesetze!
Die Beleidigung unter einem Youtube-Video oder einem Instagram-Post ist „dieselbe“ Beleidigung wie die an der Supermarktkasse. Allenfalls mit dem feinen Unterschied, dass es sich für manche Leute scheinbar aus der Anonymität heraus leichter beleidigen lässt…
Für ganz Ungläubige: Der entsprechend die Beleidigung unter Strafe stellende § 185 StGB wurde zwar bereits vor dem Internetzeitalter geschaffen. Doch unterfällt das Internet mit seinen öffentlichen Kommentarbereichen zweifelsohne schon dem im Tatbestand genannten Wort „öffentlich“. Dass dieses Wort dann auch noch im strafschärfenden Teil des Tatbestandes steht – aus einer Strafandrohung von einem Jahr Freiheitsstrafe werden justament zwei Jahre – macht die Sachlage für den „unfreundlichen“ Rezensenten nicht unbedingt angenehmer.
Weitere hier in Betracht kommende Straftatbestände enthalten die Folgevorschriften §§ 186 ff. StGB oder auch § 130 StGB (Volksverhetzung). Leser, die gerne mit Falschbehauptungen und Hatespeech in Kommentarspalten operieren, sollten sich die Lektüre der einschlägigen Vorschriften auf die Agenda setzen, um zu eruieren, wie weit sie künftig (besser nicht) gehen.
Anonym gleich straffrei?
Ganz so anonym wie viele denken bzw. hoffen ist man im Internet dann auch nicht. Das schönste Pseudonym der Welt vermag nicht darüber hinwegzuhelfen, dass die Karten gut – bzw. je nach Perspektive auch schlecht – stehen, unsanft aus der vermeintlichen Anonymität in die harte Welt des „Angesicht zu Angesicht“ zurückbefördert zu werden.
Wenn sich nämlich etwa ein Anfangsverdacht für eine einschlägige Straftat ergibt, haben die Strafverfolgungsbehörden (Polizei und Staatsanwaltschaft) schon aus ihrer allgemeinen Ermittlungsbefugnis (§ 161 StPO) heraus regelmäßig gute Werkzeuge an der Hand, um den Pseudonymträger ausfindig zu machen.
Aber auch zur Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche hat der Gesetzgeber hier in puncto Identifizierung in Sozialen Netzwerken & Co. für Abhilfe gesorgt:
So kann nach § 14 Abs. 3, 4 Telemediengesetz (TMG) von Youtube, Instagram, Facebook und Co. die Auskunft über die (realen) Daten jener Kommentatoren verlangt werden, die sich in der Kommentarspalte mal wieder nicht unter Kontrolle hatten und die einschlägigen Strafvorschriften augenscheinlich tatbestandlich verwirklichten.
§ 14 Abs. 3 TMG nimmt insoweit Bezug auf § 1 Abs. 3 Netzwerkdurchsuchungsgesetz, der wiederum feinsäuberlich diverse StGB-Vorschriften benennt. Insbesondere auch die §§ 185 bis 187 und 130 StGB.
Was können Opfer von Beleidung und Hassrede tun?
Für Opfer von Beleidigungen in den Kommentarbereichen der sozialen – in diesen Fällen vielleicht besser: asozialen – Netzwerke steht ein ganzes Bündel an Möglichkeiten offen:
Wenn etwa der automatische Blockmechanismus von Youtube nicht schon die Veröffentlichung eines Kommentars verhinderte, kann rechts neben dem jeweiligen Kommentar der vertikale „3 Punkt“ geklickt werden, um den Kommentar zwecks Überprüfung an Youtube zu melden. An dieser Stelle sei auch verwiesen auf die Community-Richtlinien von Youtube, die im Wesentlichen mit den (straf-)gesetzlichen Vorschriften in Einklang stehen.
Gemäß § 3 Netzwerkdurchsuchungsgesetz dürfte Youtube bzw. die entsprechende Social Media-Plattform hinsichtlich evidenter Rechtsverstöße zur Überprüfung binnen 24 Stunden verpflichtet sein. Dieses Vorgehen entsprechend dem „notice-and-takedown“-Verfahren ist dann regelmäßig auch erfolgversprechend.
Für die Vorbereitung etwaiger Klage- oder Strafverfahren sollte man als Betroffener zu Beweiszwecken sicherheitshalber noch schnell einen Screenshot von dem Kommentar anfertigen.
Sodann kann man bei entsprechend schwerwiegenden Kommentaren ggf. Strafanzeige oder Strafantrag (siehe § 194 StGB) bei der Polizei, der Staatsanwaltschaft oder dem Gericht stellen, um etwa die Beleidigung oder die Verleumdung einem Ermittlungsverfahren zuzuführen.
Überdies kommen Schadens- und Schmerzensgeldansprüche in Betracht. An die obigen Ausführungen anknüpfend kann hier gesagt werden, dass eine Beleidigung im Internet häufig sogar gravierender ist, als an der Supermarktkasse.
Denn während an der Supermarktkasse nur die Kassiererin und eventuell noch ein paar Kunden die Beleidigung oder sonstige Hassrede mitbekommen, ist der (potentielle) Empfängerkreis im Internet naturgemäß erheblich größer. Dies kann dann auch bei der Bemessung der Höhe eines etwaigen Schmerzensgeldes eine Rolle spielen.
Wenn die Kommentare rufschädigende (unwahre) Inhalte haben, hat das mitunter Auswirkungen auf den eigenen Geschäftsbetrieb. Für solche Reputationsschäden lässt sich grundsätzlich Schadensersatz einfordern.
Fazit
Abschließend noch ein gut gemeinter – unrechtlich gesprochener – Tipp an all Jene, die vorwiegend im Internet zur Beleidigung neigen: Einfach beim nächsten Monitor-Kauf bewusst ein spiegelndes Exemplar wählen. Dann ist man sich nämlich stets darüber im Klaren, dass vor dem Bildschirm immer auch ein echter Mensch sitzt. Vielleicht ist die Hemmschwelle für entsprechend unflätige Kommentare dann – wie im echten Leben – etwas größer.
Falls nicht: Dann wird es ggf. teuer und man findet sich in einem echten Gerichtssaal, vor einem echten Richter wieder.
Wir – als echte Anwälte – stehen gerne stets mit Rat und Tat zur Seite.
Mehr Infos auch im Video.
Über die Kanzlei Mutschke
Frau Rechtsanwältin Nicole Mutschke ist gefragte Rechtsexpertin und deutschlandweit bekannt aus den Medien (RTL, ntv, ZDF, sternTV, WDR etc.).
Die Kanzlei Mutschke berät ihre Mandanten bundesweit engagiert und kompetent in allen Fragen des Social Media-, Medien-, Urheberrecht-, Unternehmens- und Verbraucherrechts.
Auf TikTok hat die Kanzlei den ersten Anwaltskanal in Deutschland gegründet und berät dort ihre wachsende Followerschaft in allen rechtlichen Belangen. Die Kanzlei unterhält ebenfalls Kanäle auf Instagram, YouTube, Twitch etc.
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