Sozialauswahl/betriebsbedingte Kündigungen

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Aus gegebenem Anlass:

Im Zusammenhang mit betriebsbedingten Kündigungen stellt sich die Frage, ob die vom Arbeitgeber vor Ausspruch der Kündigung durchzuführende Sozialauswahl ordnungsgemäß durchgeführt wurde.

Zu berücksichtigen bei der Sozialauswahl sind neben den Kriterien Lebensalter und Betriebszugehörigkeit auch die Unterhaltspflichten des Arbeitnehmers, die nach § 1 Abs. 3 KSchG ausreichend zu berücksichtigen sind. Dabei war in der Vergangenheit auch immer wieder die Frage aufgekommen, ob der Arbeitgeber sich auf die Daten der Lohnsteuerkarte verlassen darf oder ob - und falls ja, welche - Erkundigungen er einziehen muß. Das BAG hat in einer Entscheidung, die bereits vor einem knappen Jahr am 17.01.2008 erging, eine relativ klare Aussage getroffen:

Mit Unterhaltspflichten, so stellt das BAG klar, sind die familienrechtlichen Unterhaltspflichten gemeint. Im Hinblick auf die Eintragungen auf der Lohnsteuerkarte erklärt das BAG im Leitsatz:

„Da die kinderbezogenen Eintragungen auf der Lohnsteuerkarte nur begrenzt etwas über das Bestehen dieser familienrechtlichen Verhältnisse aussagen, dürfte sich der Schluss aufdrängen, dass § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG nicht auf die in der Lohnsteuerkarte eingetragenen Kinderfreibeträge abhebt, so dass es auf die tatsächlichen, nicht aber auf die in der Lohnsteuerkarte eingetragenen Daten ankommen dürfte."

 

Beispiel:

Bei einem Elternpaar mit 2 Kindern unter 18 Jahren ist - beispielsweise wegen Getrenntleben, wegen Scheidung oder etwa weil das Elternpaar nicht verheiratet ist - bei jedem Elternteil nur jeweils ein Kinderfreibetrag von 1,0 eingetragen. Orientiert sich der Arbeitgeber nur an den Daten auf der Lohnsteuerkarte, muss er davon ausgehen, dass der bei ihm beschäftigte Arbeitnehmer nur ein Kind, d.h. nur eine Unterhaltsverpflichtung hat. Mit seiner Entscheidung vom 17.01.2008 hat das BAG klargestellt, dass es hier nicht auf die Daten der Lohnsteuerkarte sondern auf die tatsächlichen Verhältnisse ankommt.

 

Allerdings erklärt das BAG im nächsten Leitsatz:

„Den Bedürfnissen der Praxis ist ausreichend dadurch Rechnung getragen, daß der Arbeitgeber auf die ihm bekannten Daten vertrauen kann, wenn er keinen Anlaß zu der Annahme hat, sie könnten nicht zutreffen."

Dies bedeutet wiederum, dass dem Arbeitgeber nicht zugemutet werden kann, in Mitarbeiterbefragungen, bei denen er den Wahrheitsgehalt der Antworten ohnehin nicht nachprüfen kann, die familienrechtlichen Verhältnisse eines jeden einzelnen Arbeitnehmers zu klären. Die Lohnsteuerkarte und die dort vorgenommenen Eintragungen bilden nach dem Urteil des BAG vom 17.01.2008 einen wichtigen Anhaltspunkt für die dem Arbeitgeber zum Zeitpunkt der Durchführung der Sozialauswahl bekannten Daten des Arbeitnehmers.

 

Sofern ein Arbeitnehmer daher ein Interesse daran hat, dass alle seine Unterhaltsverpflichtungen berücksichtigt werden, muss er selbst dafür Sorge tragen, dass dem Arbeitgeber seine persönlichen Daten bekannt sind.


Rechtsanwältin Susanne Steigerwald
Fachanwältin für Arbeitsrecht

 

 


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