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Sozialbetrug – mehr als nur “Schummeln“

  • 3 Minuten Lesezeit
anwalt.de-Redaktion
350 Euro Miete für eine 50 qm-Wohnung im Münchner Stadtteil Schwabing? Muss wohl ein Schnäppchen sein, dachte sich der zuständige Sachbearbeiter der Arbeitsagentur oder steckt da etwas anderes dahinter? Ein Hartz IV-Empfänger hatte diese Mietkosten bei der Agentur zur Übernahme angemeldet. Ohne den aufmerksamen Mitarbeiter wohl auch mit Erfolg. Dieser aber rief den Sozialfahnder auf den Plan, der dem Antragsteller einen “Besuch“ abstattete: Die 1,5 –Zimmerwohnung entpuppte sich dabei nicht nur als große 3-Zimmer-Wohnung. Es stellte sich zudem heraus, dass der arbeitslose Mann die Wohnung gemeinsam mit seiner berufstätigen Lebensgefährtin bewohnte, welche er im Antrag als seine Vermieterin ausgegeben hatte.

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Neues Gesetz hilft bei Aufdeckung

Immer wieder beschworen werden Begrifflichkeiten wie “Sozialkahlschlag“ und “Sozialabbau“. Wenig ist die Rede vom “Sozialschädling“. Fest steht: Sozialbetrug ist strafbar und das Risiko, dabei ertappt zu werden ist – nicht zuletzt seit Inkrafttreten des Gesetzes zur Förderung der Steuerehrlichkeit im April 2005 – erheblich gestiegen. Denn seitdem erhalten eine Vielzahl von Behörden Zugriff auf Bankdaten.

“Datendicht“ hingegen ist die südwestdeutsche Grenze. Sozialermittler haben hier kein leichtes Spiel. So arbeiten nicht wenige ALG II-Empfänger in der Schweiz, verdienen dort ein – gemessen am Durchschnittsverdienst der Bundesbürger nicht selten überdurchschnittliches Gehalt – während sie zugleich Arbeitslosengeld II empfangen. Zwar sind Bezieher von Sozialleistungen verpflichtet, jede Änderung ihrer persönlichen Verhältnisse, insbesondere jede Aufnahme einer Beschäftigung zu melden. Eine Kontrolle dieser Verpflichtung läuft außerhalb der EU jedoch meist ins Leere. Nur aufgrund eines konkreten Verdachts können die deutschen Behörden Amtshilfe beim Schweizer Zoll anfordern.

 

Unehrliche Studenten leben gefährlich

Jäh kann eine akademische Karriere beendet sein, bevor sie richtig begonnen hat. Wer nämlich Bafög beantragt und nicht all seine Ersparnisse angibt, muss nicht nur die zu Unrecht empfangenen Leistungen zurückbezahlen, sondern sieht sich nicht selten mit einem Strafverfahren wegen Betrugs (§263 Strafgesetzbuch) konfrontiert. Besonders Juristen, Lehrer aber auch Ärzte und andere Akademiker bleiben mit einem Vorstrafeneintrag auf dem Arbeitsmarkt nahezu chancenlos. Allein in Bayern sind derzeit über 8000 solcher Fälle anhängig. Den Stein ins Rollen brachte auch hier der gesetzlich ermöglichte Datenabgleich zwischen Finanzämtern und BAföG-Ämtern.

 

Neben Bußgeldern auch Geld- und Freiheitsstrafen

Betrug hat bekanntermaßen strafrechtliche Konsequenzen. Mit Ausreden oder dem Hinweis auf die eigene “Vergesslichkeit“ kann man sich nur schwer aus der Affäre ziehen (BayObLG Az. 1St RR 129/04). Dennoch: Wer unter Betrugsverdacht gerät – berechtigt oder unberechtigt sei dahingestellt – sollte bestimmte Dinge beachten. Möglicherweise lässt sich so das Schlimmste noch verhindern.

So muss man, entgegen einer weit verbreiteten Ansicht, auf eine polizeiliche Vorladung hin nicht sofort dort erscheinen. Vielmehr sollte der Betroffene die Möglichkeit nutzten, mit Hilfe eines Anwalts Akteneinsicht zu beantragen. Damit ist man über den Ermittlungsstand im Bilde und weiß, was den Behörden ohnehin schon bekannt ist.

Auch nach einem abgeschlossenen Bußgeldverfahren gegen einen Sozialhilfe- bzw. Bafög-Sünder, kann es immer noch zu einer Strafanzeige kommen. Erst nach Eintritt der Verjährung – bei Betrug sind das fünf Jahre – ist man vor einer strafrechtlichen Verfolgung sicher. Aber selbst dann bleibt unter Umständen ein Makel: Bußgelder, Geld- und Freiheitsstrafen werden im Bundeszentralregister (BZR) eingetragen, das als Basis für die Ausstellung eines polizeilichen Führungszeugnisses dient. Als vorbestraft gilt jedoch nur, wer zu einer Geldstrafe über 90 Tagessätzen bzw. einer Freiheitsstrafe ab drei Monaten verurteilt worden ist.

Foto(s): ©iStockphoto.com

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