Sozialdienstleister-Einsatz-Gesetz (SodEG): Berechnung der Zuschusshöhe

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Das Sozialdienstleister-Einsatz-Gesetz (SodEG) soll Erbringer von sozialen Dienstleistungen schützen und unterstützen, die wegen der Maßnahmen zur Bekämpfung des Corona-Virus diese Leistungen für die Sozialversicherungsträger nicht mehr erbringen können oder dürfen und deshalb in finanzielle Schwierigkeiten geraten (sind). Diese Leistungserbringer können bei den Leistungsträgern, d.h. den Sozialversicherungsträgern, für die sie die Leistung bisher erbracht haben, bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen Zuschüsse beantragen. 

LSG Hessen: Wie wird der coronabedingte Zuschuss für soziale Dienstleister berechnet? 

Das LSG Hessen hat sich nun in einer Entscheidung vom 16.03.2022 (L 4 SO 119/21) mit der Berechnung des coronabedingten Zuschusses für soziale Dienstleister beschäftigt. 

SG: Erfolgte Leistungsvergütungen von dem 75%-igen Höchstbetrag abzuziehen 

Danach sind bei der Be­rech­nung des co­ro­na­be­ding­ten Zu­schus­ses für so­zia­le Dienst­leis­ter be­reits er­folg­te Leis­tungs­ver­gü­tun­gen von dem Höchst­be­trag, der 75% des er­mit­tel­ten Mo­nats­durch­schnitts be­trägt, ab­zu­zie­hen, da die Zu­schüs­se nur sub­si­di­är ge­leis­tet würden. Die Re­vi­si­on zum Bundessozialgericht wurde durch das LSG Hessen zu­ge­las­sen. 

Sozialdienstleister fordert: Erfolgte Leistungsvergütungen von den 100 Prozent der durchschnittlichen monatlichen Einnahmen in der Zeit vor den pandemiebedingten Einschränkungen abzuziehen 

Der klagende Dienstleister konnte während durch Corona verursachten Schulschließung nur eingeschränkt Eingliederungshilfe in Form von Teilhabeassistenz für Kinder und Jugendliche mit Behinderungen erbringen. Daher beantragte er für Juni und Juli 2020 Zuschüsse nach dem Sozialdienstleister-Einsatzgesetz. 

Der beklagte Kreis ermittelte die durchschnittliche monatliche Leistungsvergütung, berücksichtigte die gesetzliche Obergrenze von 75 % und zog von dem Betrag die bereits erfolgten Leistungsvergütungen ab. 

Dieser Berechnung widersprach der Leistungserbringer und forderte höhere Zuschüsse. Er ist der Auffassung, der Kreis habe die bereits erfolgten Leistungsvergütungen nicht von dem 75 %igen Höchstbetrag abziehen dürfen. „Aus seiner Sicht müssten die vorrangigen Mittel von 100 Prozent des Monatsdurchschnitts abgezogen werden. Dies ergebe sich aus § 3 SodEG. Dort werde die 100-Prozent-Betrachtung zugrunde gelegt. Die Kürzung der Zuschusshöhe auf pauschal maximal 75 Prozent erfolge gerade, weil man Zuflüsse im Sinne des § 4 SodEG in Höhe von 25 Prozent als summa summarum sicher unterstelle. 

Sozialdienstleister argumentiert: Erst dann, wenn die Zuflüsse nach § 4 SodEG zu den Zuflüssen nach § 3 SodEG addiert den Monatsdurchschnitt gemäß § 3 SodEG überstiegen, könne entsprechend gekürzt und die Erstattung gefordert werden 

Seien aber 75 Prozent des Monatsdurchschnitts als Zuschuss gewährt worden und überstiegen die Zuflüsse 25 Prozent des Monatsdurchschnitts nicht, entstehe keine Erstattungsforderung des öffentlichen Leistungsträgers.“ Der Kreis hätte die Leistungsvergütung mithin erst später im Rahmen eines Erstattungsverfahrens geltend machen dürfen. „Wenn vorrangige Mittel zuflössen, die nach der Gesetzesbegründung bereits bei der Leistungsbemessung abgezogen werden sollen, um Überzahlungen zu vermeiden, und wenn trotz der abzuziehenden vorrangigen Mittel noch eine Leistungshöhe von bis zu 75 Prozent erreicht werden können soll, dann sei dies denklogisch nicht anders zu verstehen, als dass der Gesetzgeber den Abzug der vorrangigen Mittel nicht von den 75 Prozent maximaler SodEG-Leistung vorgenommen wissen wollte, sondern gerade von den 100 Prozent der durchschnittlichen monatlichen Einnahmen in der Zeit vor den pandemiebedingten Einschränkungen. Die Auslegung des Sozialgerichts konterkariere eine möglichst weitgehende Fortführung der Leistungen unter den Bedingungen der Pandemie. Das widerspreche dem eindeutigen Zweck des Gesetzes in krasser Weise. 

Sozialdienstleister: Der Gesetzgeber sei ersichtlich und unmissverständlich davon ausgegangen, dass die sozialen Dienstleister in der Summe der tatsächlichen Zuflüsse im Sinne des § 4 SodEG und der zu gewährenden Leistungen nach § 4 SodEG ihre bisherigen Aufwendungen würden weiter bestreiten können.

Der Wert von 75 Prozent der monatlichen Durchschnittseinnahmen dürfe nur dann unterschritten werden, wenn der Zufluss vorrangiger Mittel 25 Prozent des Zwölfmonatsdurchschnitts der vorpandemischen Einnahmen übersteige.“ Das erstinstanzliche Sozialgericht folgte dieser Argumentation nicht. 

LSG: die bereits erbrachten Vergütungen aus dem zugrundeliegenden Vertragsverhältnis sind schon bei der Berechnung der Zuschusshöhe abzuziehen 

Das LSG Hessen gab dem beklagten Kreis ebenfalls Recht. Wegen der Kontaktbegrenzungen sei einigen sozialen Leistungserbringern in der Corona-Pandemie die Geschäftsgrundlage vorübergehend ganz oder teilweise weggebrochen. Die erforderliche Infrastruktur der sozialen Dienstleister und deren Existenz sollten aber erhalten bleiben. Deshalb sollten nach dem Sozialdienstleister-Einsatzgesetz Zuschüsse in Höhe von 75 % der durchschnittlichen Monatsvergütung gewährt werden. Allerdings seien diese Zuschüsse nur subsidiär gegenüber den vorrangigen Möglichkeiten der Bestandssicherung, argumentierte das LSG. Die tatsächlich erfolgte Vergütung aus dem zugrundeliegenden Vertragsverhältnis sei daher bei der Berechnung der Zuschüsse von dem 75 %-igen Höchstbetrag abzuziehen. Der zuständige Sozialleistungsträger dürfe dies auch bereits bei der Berechnung der Zuschusshöhe berücksichtigen. Er sei insoweit nicht auf ein späteres Erstattungsverfahren zu verweisen.


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