Stellt ein Kopfstoß eine gefährliche Körperverletzung dar?

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Stellt ein Kopfstoß eine gefährliche Körperverletzung dar?

Im Rahmen eines Strafverfahrens stellt sich oftmals die Frage, ob die Tathandlung eines Täters als einfache Körperverletzung gemäß § 223 Abs. 1 StGB oder aber als gefährliche Körperverletzung gemäß § 224 Abs. 1 StGB einzustufen ist. Wenn man sich die beiden Strafrahmen vor Augen führt, wird es offensichtlich, wieso dies eine erhebliche Rolle spielt.

Für die einfache Körperverletzung sieht das Gesetz als Strafrahmen eine Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren oder Geldstrafe vor. Letztere, also die Geldstrafe, ist im Rahmen einer gefährlichen Körperverletzung grundsätzlich nicht möglich, da der Gesetzgeber hier eine Freiheitsstrafe von 6 Monaten bis zu 10 Jahren vorsieht. Insofern lässt sich bereits an der vorgesehenen Strafandrohung erkennen, dass der Beschuldigte mit gravierenden Rechtsfolgen zu rechnen hat und aus diesem Grund der Verteidiger oftmals seine Aufgabe darin sehen wird, das Gericht vom Vorliegen einer einfachen Körperverletzung zu überzeugen.

Was ist eine „gefährliche Körperverletzung“?

Der Gesetzgeber begründet den erhöhten Strafrahmen des § 224 Abs. 1 StGB mit der Art und Weise wie die Körperverletzung begangen wird und gibt dabei fünf Formen der Tatbegehung wieder, die dazu führen, dass die Körperverletzung als „gefährliche Körperverletzung“ qualifiziert wird:

1.) durch Beibringen von Gift oder anderen gefährlichen gesundheitsschädlichen Stoffen

2.) mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeuges

3.) mittels eines hinterlistigen Überfalls

4.) mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich oder

5.) mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung 

Fällt ein Kopfstoß unter die Nummer 5 (lebensgefährdende Behandlung)?

Damit eine Körperverletzung als „gefährlich“ im Sinne des § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB eingestuft wird, muss diese „mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung“ begangen werden. Bei Zugrundelegung der Rechtsprechung (u. a. KG Beschluss v. 22.12.2011 – (4) 1 Ss 441/11 (315/11)) ist erforderlich, aber genügend, dass die Art der Behandlung durch den Täter nach den Umständen des Einzelfalls generell geeignet ist, das Leben des Opfers zu gefährden. Wichtig hierbei ist jedoch, dass eine konkrete Gefährdung nicht notwendig ist.

Das heißt also, dass es im konkreten Fall nicht zu einer tatsächlichen Lebensgefahr kommen muss. Es reicht demnach aus, dass die im Einzelfall begangene Körperverletzung grundsätzlich geeignet wäre eine Lebensgefahr auszulösen.

In der obigen Entscheidung des Kammergerichts Berlin hatte das Opfer durch einen „kraftvoll ausgeführten“ Kopfstoß eine Nasenbeinfraktur erlitten, welche zwei Wochen mit einer Schiene behandelt werden musste. Dies reichte scheinbar dem Landgericht Berlin aus, um die Tat als „gefährliche Körperverletzung“ im Sinne des § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB zu qualifizieren und den erhöhten Strafrahmen heranzuziehen.

Das Kammergericht Berlin sah dies jedoch anders. Nach dessen Ansicht wäre es hierfür notwendig gewesen, dass das Gericht die generelle Eignung des vorliegenden Kopfstoßes als lebensgefährdend feststellt. 

„Weder aus der Beschreibung des Kopfstoßes noch aus den Tatfolgen lässt sich die abstrakte Gefahr eines Todeseintrittes hinreichend deutlich entnehmen. Eine Nasenbeinfraktur, obgleich eine erhebliche Verletzung, lässt für sich genommen diesen Schluss noch nicht zu. Sie ist in vielen Fällen Folge von gewaltsamen Einwirkungen auf das Gesicht, etwa Faustschlägen, die dennoch keine das Leben gefährdende Behandlung darstellen. (…) Es hätte daher (…) näherer Ausführungen und Darlegung weiterer Einzelheiten bedurft, um zu belegen, dass der vom Angeklagten geführte Kopfstoß generell geeignet war, das Leben des Opfers zu gefährden.“

Anhand der obigen Ausführungen lässt sich erkennen, dass es – wie so oft in der Juristerei – einzelfallabhängig ist. Gleichzeitig kann aber nicht jeder Kopfstoß als gefährliche Körperverletzung eingestuft werden. Gerade weil die Staatsanwaltschaften und Gerichte oftmals die Voraussetzungen für eine gefährliche Körperverletzung voreilig bejahen, ist es die Aufgabe des Verteidigers dies – ggf. mit Hilfe eines Sachverständigengutachtens – zu widerlegen.

Als Beschuldigter eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens sollten Sie unbedingt von Ihrem Schweigerecht Gebrauch machen und zunächst keine Angaben zur Sache machen. Kontaktieren Sie uns, wir helfen Ihnen weiter.


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