Steuerliche Anerkennung von Zivilprozesskosten - Rechtsprechungsänderung

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In Änderung seiner bisherigen Rechtsprechung geht der BFH im Urteil vom 12.05.2011 – VI R 42/10 – nunmehr davon aus, dass sowohl dem Kläger als auch dem Beklagten unabhängig vom Verfahrensgegenstand aus rechtlichen Gründen Zivilprozesskosten zwangsläufig erwachsen können. Dies hatte der BFH bislang auf wenige Ausnahmefälle bezogen, wenn der Prozess den Kernbereich menschlichen Lebens oder zumindest existenziell wichtige Bereiche berührte, aufgrund deren der Steuerpflichtige ansonsten Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage zu verlieren oder diese nicht mehr decken zu können. Dem entsprechend verneinte der BFH bislang in ständiger Rechtsprechung aufgrund der zugrundegelegten Vermutung gegen die Zwangsläufigkeit der Aufwendungen die Steuerermäßigung als außergewöhnliche Belastung i.S.d. § 33 Abs. 1 EStG. Die Kosten eines Zivilprozesses waren hiernach nur dann „zwangsläufig“, wenn auch das die Zahlungsverpflichtung adäquat verursachende Ereignis zwangsläufig erwachsen sei, nicht aber der freien Entscheidung der Vertragsparteien auf dem Rechtsweg überlassen sei.


Mit Urteil vom 12.05.2011 hat nunmehr der Senat nicht mehr auf die Unausweichlichkeit der Zahlungsverpflichtung bzw. des dieser zugrundeliegenden Ereignisses abgestellt, sondern in grundsätzlicher Anerkennung einer Verpflichtung zum Beschreiten des Rechtsweges lediglich die hinreichende Aussicht auf Erfolg für maßgeblich erachtet und hiervon Fälle mutwilliger Rechtsverfolgung negativ abgegrenzt. Maßgebend hierfür war die Anerkennung des staatlichen Gewaltmonopols, das die Parteien grundsätzlich unter Vermeidung von Selbstjustiz zur Verfolgung ihrer Ansprüche auf dem Rechtsweg anhält. Will diese ihr Recht durchsetzen, muss sie hierbei „zwangsläufig“ den Rechtsweg beschreiten. Eine Vorhersehbarkeit der gerichtlichen Entscheidung ist hierbei mit der Lebenswirklichkeit nicht vereinbar, da nur selten der sich zu entscheidende Sachverhalt so deutlich im Gesetz findet, dass auch der Richter seine Entscheidung mit Gewissheit hieran orientieren werde. Dem entspricht schließlich die Einrichtung des gerichtlichen Instanzenzuges. Etwas anderes gelte nur dann, wenn der Steuerpflichtige sich mutwillig oder leichtfertig auf den Prozess eingelassen habe und dieser keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bot. Hierbei müsse der Erfolg mindestens ebenso wahrscheinlich sein wie der Misserfolg und dürfe auch einen angemessenen Betrag nicht überschreiten. Gegebenenfalls sind Leistungen aus einer Rechtsschutzversicherung im Rahmen der Vorteilsanrechnung zu berücksichtigen.


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