Strafbarkeit und Coronavirus?

  • 3 Minuten Lesezeit

Einleitung

Die Welt des Strafrechts und allgemein die Welt des Rechts ist für den „Normalbürger“ oftmals kaum nachvollziehbar. Der Alltag steckt jedoch voll von diversen kleinen Straftaten, die jeder begeht. Dieser Artikel soll genau dies zeigen und zeigt die grundsätzlich mögliche Strafbarkeit von Menschen mit Coronavirus auf. Panik soll er selbstverständlich nicht verursachen, sondern lediglich die eigentümlichen Seiten des Strafrechts aufzeigen (vgl. auch Kolumne von Thomas Fischer auf Spiegel).

Strafbarkeit

Wer mit dem Virus infiziert ist und eine andere Person ansteckt, der verwirklicht den objektiven Tatbestand der Körperverletzung nach § 223 StGB dann, wenn die Krankheit beim Angesteckten ausbricht und zu körperlichen Beschwerden führt (Variante der Misshandlung oder mindestens die Variante der Gesundheitsbeschädigung). Auch derjenige, der lediglich infiziert ist ohne schweren Krankheitsverlauf, ist an der Gesundheit geschädigt. 

Die sogenannte Kausalität (Ursachenzusammenhang) der konkreten Handlung (niesen, berühren etc.) kann problematisch sein, weil nicht klar ist, welche Person die Infektion im Einzelfall verursacht hat. Das ist aber eine alltägliche Frage von Versuch und Vollendung und für das Strafrecht kein Problem.

Entscheidend ist der sogenannte subjektive Tatbestand. So nennt man die Gedanken, welche sich ein Täter zu den objektiven Merkmalen seiner Tat macht, und man unterscheidet hier zwischen „Vorsatz“ und „Fahrlässigkeit“. Wer weiß oder glaubt, dass er selbst infiziert ist, es aber im Kontakt mit anderen egal ist, ob er diese ansteckt, handelt mit dem sogenannten bedingten Vorsatz und begeht eine vorsätzliche Körperverletzung. Diese kann mit einer Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren bestraft werden. Wenn der Infizierte aus Nachlässigkeit nichts von seiner Infektion weiß oder andere aufgrund mangelnder Sorgfalt versehentlich ansteckt, begeht der Infizierte eine fahrlässige Körperverletzung nach § 229 StGB. Diese wird mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren bestraft. Sie können deshalb diese Straftat begehen, wenn Sie in der Öffentlichkeit niesen, anderen die Hände schütteln oder sich allgemein unter Menschen aufhalten.

Qualifikationen

Die strenge Strafbarkeit wegen versuchtem oder vollendetem Totschlag ist möglich, wenn es Ihnen egal ist, dass ein von Ihnen möglicherweise infizierter Mensch zu denjenigen gehört, die an der Krankheit sterben. Eine Parallele zeigt sich hier zu den sogenannten Raser-Fällen. Auch hier wird angenommen, dass ein Mensch wegen Mordes strafbar ist, wenn er weiß, dass sein Verhalten lebensgefährlich ist und nur vom Zufall abhängt, ob ein Mensch zu Tode kommt.

Versuchsstrafbarkeit

Wenn der Infizierte irrtümlich annimmt, er sei infiziert und ihm bei Sozialkontakten eine Infektion Dritter egal ist, der begeht eine versuchte – möglicherweise sogar gefährliche – Körperverletzung. Die gleiche Straftat kann begehen, wer tatsächlich infiziert ist, es aber durch Glück nicht zur Ansteckung anderer kommt. Auch eine Strafbarkeit durch Unterlassen ist möglich. Für Ärzte, Krankenschwestern, Physiotherapeuten, Rechtsanwälte, usw., die trotz Krankheit zur Arbeit erscheinen, gilt Folgendes: Wenn sich aufgrund Ihrer Nachlässigkeit ein Patient oder Mandant bei Ihnen infiziert, kann dies strafrechtliche Konsequenzen haben.

Weitere Strafbarkeit

Weiterhin kann nach § 291 StGB wegen Wucher bestraft werden, wer Mundschutz oder Desinfektionsmittel zu horrenden Preisen anbietet. Wegen Betruges nach § 263 StGB kann bestraft werden, wer Grippesymptome vortäuscht, um arbeitsfreie Quarantäne zu bekommen.

Die §§ 74 und 75 des Infektionsschutzgesetzes enthalten eine Vielzahl interessanter Strafdrohungen für diverse Verstöße gegen behördliche Auflagen. 

Ausblick

Der kleine Einblick in die Welt des Strafrechts zeigt, wie schnell die teilweise harten Strafregeln uns einholen können, welche doch eigentlich nur für die anderen, die Verbrecher und Bösen gemacht sind. Erstaunlicherweise macht sich kaum jemand über die dargestellten Delikte Gedanken, zeigt diese an oder prüft sie. 

Bleiben Sie gesund! 

Ihr Rechtsanwalt

Christian Keßler


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Christian Keßler

Beiträge zum Thema