Strafbefehl - Was tun?

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In meinem Briefkasten war ein gelber Briefumschlag mit einem Strafbefehl – was sollte ich sofort tun?

Bewahren Sie den Briefumschlag des Strafbefehls auf und lassen Sie nicht unnötig Zeit verstreichen! Sie haben nach Zustellung nur 14 Tage Zeit einen Einspruch einzulegen! Kontaktieren Sie Ihren Verteidiger!


Was ist ein Strafbefehl?

Möglicherweise fragen Sie sich auch erst einmal, was ein Strafbefehl eigentlich ist. Das Strafbefehlsverfahren ist ein vereinfachtes Verfahren im Bereich der leichteren Straftaten. Die Besonderheit gegenüber dem „normalen“ Strafverfahren liegt darin, daß es zu einer (rechtskräftigen) Verurteilung ohne mündliche Hauptverhandlung führen kann – also ohne einen Gerichtstermin. Der Zweck des Strafbefehlsverfahrens liegt in erster Linie darin, die Staatsanwaltschaften und Gerichte zu entlasten. Es kann aber auch im Interesse des Beschuldigten liegen im Wege eines Strafbefehls abgeurteilt zu werden, da das Verfahren kostengünstig, schnell und vor allem ohne großes öffentliches Aufsehen erledigt wird.


Das Gericht erlässt auf den Antrag der Staatsanwaltschaft einen Strafbefehl, wenn es nach eigener Prüfung der Sach- und Rechtslage von einem hinreichenden Tatverdacht ausgeht. Hinreichender Tatverdacht liegt vor, wenn es bei vorläufiger Beurteilung der Beweissituation wahrscheinlich ist, daß der Beschuldigte wegen einer Straftat verurteilt werden wird. Für eine Verurteilung im Strafbefehlsverfahren sind damit viel geringere Anforderungen zu erfüllen. Die Schuld des Beschuldigten muß nicht wie sonst gerichtlich festgestellt werden.


Durch einen Strafbefehl können nur Vergehen im Sinne des § 12 Abs. 2 StGB geahndet werden, nicht aber Verbrechen. Die Grenze zum Verbrechen ist immer dann überschritten, wenn das Gesetz als Rechtsfolge der rechtswidrigen Tat ein Mindestmaß von einem Jahr Freiheitsstrafe vorsieht. Als Rechtsfolgen eines Strafbefehls kommen in den häufigsten Fällen Geldstrafe und Freiheitsstrafe in Betracht. Freiheitsstrafe kann nur bis zu einem Jahr festgesetzt werden. Und auch nur dann im Wege eines Strafbefehlverfahrens, wenn der Beschuldigte einen Verteidiger hat und die Vollstreckung der Strafe zur Bewährung ausgesetzt wird.


Wie kann ich mich gegen einen Strafbefehl zur Wehr setzen?

Gegen einen Strafbefehl ist der Einspruch der statthafte Rechtsbehelf.


Ist das Einlegen eines Einspruches sinnvoll?

Das kommt darauf an. Nämlich auf eine Reihe von Umständen, wie z.B. die Beweislage, die Höhe der im Strafbefehl festgesetzten Strafe u.a. Es empfiehlt sich grundsätzlich, sich durch einen Verteidiger beraten und auch vertreten zu lassen.


Was muß ich im Strafbefehlsverfahren zunächst beachten?

Der Einspruch kann nur innerhalb einer Frist von zwei Wochen nach Zustellung eingelegt werden. Das heißt innerhalb von vierzehn Tagen, nachdem der Strafbefehl in ihrem Briefkasten angekommen ist, muß ein einspruchseinlegendes Schreiben bei dem zuständigen Gericht eingehen.


Wann Sie den Brief gefunden, geöffnet oder gelesen haben, spielt für die Einspruchsfrist grundsätzlich überhaupt keine Rolle. Bewahren Sie daher den gelben Briefumschlag, mit dem der Strafbefehl zugestellt wurde, unbedingt auf! Darauf ist nämlich das Zustelldatum notiert, womit die 14-tägige Frist errechnet werden kann. Es könnte beispielsweise sein, daß der Strafbefehl Ihnen an einem Freitag durch Einwurf in den Briefkasten zugestellt wurde, Sie diesen aber erst am folgenden Montag oder sogar noch später aus dem Briefkasten nehmen und öffnen. Dann haben Sie nicht einmal mehr 14 Tage Zeit!


Den Einspruch können Sie selbst oder ein darin erfahrener Verteidiger einlegen. Der Einspruch muß bei seiner Einlegung noch nicht begründet werden.


Wie wird die Frist zur Einspruchseinlegung berechnet?

Der Fristablauf bestimmt sich nach dem Wochentag, an dem der Strafbefehl (durch Einwurf in den Briefkasten) zugestellt worden ist.


Ein Beispiel zur Fristberechnung: Wird der Strafbefehl an einem Montag zugestellt, fängt die Frist am Dienstag um 0:00 Uhr an zu laufen und endet am übernächsten Montag um 23:59 Uhr. Fällt das Fristende rechnerisch auf einen Samstag, Sonntag, oder einen gesetzlichen Feiertag, dann endet die Frist erst mit Ablauf des nächsten Werktages (um 23:59 Uhr).


Was passiert, wenn ich keinen Einspruch einlege?

Der Strafbefehl wird dann rechtskräftig. Das heißt er wird nach Ablauf der 14-tägigen Frist grundsätzlich unanfechtbar und steht einem Urteil gleich.


Ich habe die Frist versäumt. Was mache ich jetzt?

Kontaktieren Sie unverzüglich Ihren Verteidiger! Wenn die zweiwöchige Frist ohne eigenes Verschulden des Einspruchsberechtigten versäumt wurde, kann die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt werden – allerdings nur innerhalb von einer Woche nach Wegfall des Hindernisses. Ein erfolgreicher Wiedereinsetzungsantrag ist an relative hohe Hürden gebunden und sollte daher unbedingt durch einen Strafverteidiger gestellt werden.


Was passiert nach der Einlegung eines Einspruches?

Nach rechtzeitigem Eingang des Einspruches bestimmt das Gericht in der Regel einen Hauptverhandlungstermin - bei dem der Angeklagte grundsätzlich anwesend sein muss. Erscheint der Angeklagte unentschuldigt nicht zum Termin und ist auch kein Verteidiger mit spezieller Bevollmächtigung anwesend, wird der Einspruch auf Antrag der Staatsanwaltschaft verworfen und damit der Strafbefehl rechtskräftig.


Über den Einspruch kann auch ohne Gerichtstermin entschieden werden, beispielsweise wenn der Einspruch auf die Höhe der angesetzten Tagessätze der Geldstrafe beschränkt worden ist.


Die auf einem Einspruch gegen den Strafbefehl folgende Hauptverhandlung unterscheidet sich grundsätzlich nicht von der einer im „normalen“ Strafverfahren. Lediglich die Anklageschrift wird durch den Strafbefehl ersetzt. Im Termin werden beispielsweise Zeugen vernommen und/oder anderweitig eine Beweisaufnahme durchgeführt. Auch hier steht am Ende der Verhandlung in der Regel ein Urteil.


Werde ich in der Hauptverhandlung zu einer Strafe verurteilt? Nicht zwingend!

Die nach der Einlegung eines Einspruches durchzuführende Hauptverhandlung wird wohl sehr häufig mit einer Verurteilung enden - aber eben nicht immer. Auch wenn ein Freispruch eher die Ausnahme sein dürfte, kann es einen solchen geben. Außerdem besteht die Möglichkeit, daß man nicht verurteilt wird, sondern daß das Verfahren gegen Zahlung einer (Geld-) Auflage eingestellt wird. Diese Unterscheidung mag für den Laien zunächst einmal nicht wichtig erscheinen; sie ist es aber. Wird das Verfahren etwa gegen Zahlung einer Auflage eingestellt, so liegt keine Verurteilung vor. Dementsprechend erfolgt auch keine Eintragung in das Bundeszentralregister. Das kann unter anderem für die berufliche Zukunft von enormer Bedeutung sein, denn es folgt im Falle einer Einstellung auch keine Eintragung in das Führungszeugnis. Zudem können auch andere Nebenfolgen wie beispielsweise die Erteilung eines Fahrverbotes vermieden werden.


Kann die Strafe in der Hauptverhandlung noch höher werden als im Strafbefehl?

Es wurde fristgerecht ein Einspruch gegen den Strafbefehl eingelegt. Es wird Hauptverhandlungstermin bestimmt. Das Gericht ist in der Hauptverhandlung nicht an das Strafmaß des Strafbefehls gebunden. Das bedeutet, daß das Gericht die Strafe auch höher als im Strafbefehl ursprünglich angesetzt bestimmen kann. Dieses Risiko gilt es immer zu beachten. Legt man also ohne Aussicht auf Erfolg einen Einspruch ein und erhält diesen bis zum Ende des Verfahrens aufrecht, riskiert man unter Umständen eine Erhöhung der Strafe. Dem kann der Verteidiger allerdings dadurch begegnen, in dem er den Einspruch wieder rechtzeitig zurück nimmt. Bis zur Beginn der mündlichen Verhandlung ist das jederzeit möglich. Nach Beginn des Hauptverhandlungstermines muß der Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft der Zurücknahme zustimmen.


Ich wurde durch den Strafbefehl doch nur zu einer Bewährungsstrafe verurteilt. Das ist doch nicht so schlimm, daß ich mich dagegen wehren müsste, oder?

Im Gegenteil. Vor allem in den Fällen, in denen der Strafbefehl eine Freiheitsstrafe als Rechtsfolge enthält, ist es grundsätzlich ratsam, diesen nicht einfach hinzunehmen. Bedenken Sie: Zwar mag eine Verurteilung zu einer Bewährungsstrafe auf den ersten Blick nicht so gravierend erscheinen. Sollten Sie allerdings während der Bewährungszeit gegen Bewährungsauflagen verstoßen, droht ein Widerruf der Strafaussetzung. In diesem Fall würde die ursprünglich im Strafbefehl festgesetzte Freiheitsstrafe vollstreckt. Sie müssten dann ins Gefängnis.


Zudem sind Sie, wenn Sie gegen den Strafbefehl nicht rechtzeitig Einspruch einlegen, durch den Strafbefehl rechtskräftig verurteilt. Im Falle einer erneuten Anklage wegen einer anderen Straftat könnten Sie wiederum zu einer Freiheitsstrafe verurteilt werden. Die Chancen erneut zu einer Bewährungsstrafe verurteilt zu werden verringern sich ganz erheblich. Denn Sie haben innerhalb der Bewährungszeit eine neue Straftat begangen.


Daß man - wie durch den rechtskräftigen Strafbefehl festgestellt - schon strafrechtlich in Erscheinung getreten ist, wirkt sich für die neue Verurteilung zudem strafschärfend aus. Im ungünstigsten Fall wird auch noch die Strafaussetzung zur Bewährung widerrufen und die neue Freiheitsstrafe ohne Bewährung ausgeurteilt. Im Ergebnis bedeutet das: Mehrere Monate Freiheitsstrafe aus dem vorigen Strafbefehl im Gefängnis „absitzen“. Hinzu kommt die „abzusitzende“ Freiheitsstrafe aus der neuen Verurteilung.


Unabhängig davon, daß eine vollstreckte Gefängnisstrafe aus naheliegenden Gründen schon unangenehm genug sein dürfte: Eine Inhaftierung geht in aller Regel auch mit dem Verlust des Arbeitsplatzes und damit des Erwerbseinkommens einher. Das ist deutlich teurer als einen Strafverteidiger zu bezahlen.


Zusammenfassung

Der Einspruch gegen einen Strafbefehl ist das einzige rechtsstaatliche Mittel, um die Strafe abzuwenden oder zumindest abzumildern. Die Einlegung eines Einspruches sollte nicht von vornherein leichtfertig ausgeschlossen werden – vor allem nicht aus finanziellen Gründen. Stecken Sie nicht den Kopf in den Sand. Handeln Sie!


Ein Strafverteidiger kann nicht nur den Einspruch für Sie einlegen. Er kann auch nach Akteneinsicht zunächst die Lage realistisch einschätzen und Ihnen zudem bis zum Ende des Verfahrens zur Seite stehen. Eine Verteidigung durch einen Rechtsanwalt ist zwar nicht immer im Strafbefehlsverfahren zwingend erforderlich. Allerdings wird ein guter Verteidiger den Ausgang des Strafverfahrens aufgrund seiner Kenntnisse und Erfahrungen positiv für den Beschuldigten beeinflussen können.


Noch einmal zur Erinnerung: Bewahren Sie den gelben Briefumschlag des Strafbefehls auf und lassen Sie nicht unnötig Zeit verstreichen! Sie haben nur noch maximal 14 Tage Zeit, einen Einspruch einzulegen - unter Umständen wie oben beschrieben sogar noch weniger!


Sie haben einen Strafbefehl bekommen? Wenn Sie professionell verteidigt werden wollen: Nehmen Sie gerne Kontakt zu mir auf! Haben Sie die Einspruchsfrist versäumt? Auch in diesen Fällen helfe ich Ihnen gerne weiter und stehe Ihnen zur Seite.



Lukas Wintersohl

Rechtsanwalt & Strafverteidiger


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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