Streichungen im handschriftlichen Testament – was gilt?
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Das Oberlandesgericht Düsseldorf (Az.: I-3 Wx 63/16) hatte die Erbfolge in einem Fall zu klären, bei dem ein handschriftliches Testament aufgetaucht war, bei dem große Teile des Textes durchgestrichen waren.
Nach dem Tod des Erblassers wurde beim Nachlassgericht ein vom Erblasser verfasstes Testament vom 24.03.2006 abgegeben, das an entscheidender Stelle folgenden Inhalt hatte:
„Ich, ... berufe zu meinem Erben die Eheleute Frau A ... Herrn B ... ersatzweise von dem Überlebenden den von Ihnen und für den Fall das beide vor mir verstorben sein sollten deren Tochter Frau C ... gleichviel ob und welche Pflichtteilsberechtigten bei meinem Tode vorhanden sein werden.“
Der unterstrichene Teil des mit schwarzem Kugelschreiber vom Erblasser geschriebenen Testamentes war allerdings mit blauem Kugelschreiben durchgestrichen worden.
Die im Testament als Erben benannten Eheleute A und B beantragten nach dem Tod des Erblassers einen Erbschein, der die Eheleute als gemeinschaftliche Erben ausweisen sollte.
Die Eheleute machten geltend, dass der Erblasser ein guter Freund von ihnen gewesen sei, er wiederholt angekündigt habe, dass er sie als Erben einsetzen wolle. Die Streichungen in dem Testament würden, so das Ehepaar, nicht vom Erblasser stammen und würden auch nicht seinem Willen entsprechen.
Das Nachlassgericht lehnte diesen Antrag ab. Durch die Streichungen habe der Erblasser hinreichend deutlich klar gemacht, dass er die Eheleute nicht als Erben habe einsetzen wollen.
Gegen diese Entscheidung des Nachlassgerichts legten die beiden Beschwerde zum Oberlandesgericht ein und bekamen Recht. Der Beschwerde wurde vom OLG mit dem Argument stattgegeben, dass sich nicht feststellen lasse, von wem die Streichungen in dem Testament angebracht wurden. Das Gericht hatte erhebliche Zweifel, ob es im der Erblasser selber war, der die Streichungen vorgenommen habe. Für die Tatsache, dass der Erblasser den Text in seinem Testament selber durchgestrichen hatte, gab es keinen Zeugen. Weiter hätten weitere Beteiligte die Möglichkeit gehabt, das Testament entsprechend zu manipulieren.
Jedenfalls seien erhebliche Zweifel am Aufhebungswillen des Erblassers angebracht. Nicht jedes Durchstreichen eines Textes im Testament müsse auch zwingend in Widerrufsabsicht erfolgen.
Hieraus ergibt sich der Hinweis, dass für den Fall, dass ein Testament geändert oder ergänzt werden soll, besser ein gänzlich neues Testament erstellt und das alte vernichtet wird, um spätere Unklarheiten zu vermeiden. Lassen Sie sich hierzu ggf. fachkundig beraten.
Sebastian Lohse, Rechtsanwalt und Mediator
Fachanwalt für Familienrecht und Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht
Spezialist für Erbrecht
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