Streit über Corona-Abstandsregeln führte zu Körperverletzung – Notwehr?

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Beim Amtsgericht München ist ein Rentner wegen Körperverletzung zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen verurteilt worden, weil er einen anderen Rentner im Streit um die Corona-Abstandsregeln mit einem Müllsack geschlagen und damit leicht verletzt hat (AG München, Urteil vom 24.11.2020, Az.: 824 Cs 431 Js 162556/20).

Der Zeuge sei ihm beim Verladen von Grünabfällen auf dem Wertstoffhof zu nahe gekommen, obwohl er zur Risikogruppe gehöre und er ihn mehrfach aufgefordert habe, den Abstand wiederherzustellen. Der Zeuge erlitt durch den Schlag Schürfwunden und Schwellungen im Gesicht. Dabei lagen die tatbestandlichen Voraussetzungen einer Körperverletzung nach § 223 Abs. 1 StGB ohne Weiteres vor, jedenfalls nach den Tatsachenfeststellungen des Amtsgerichts. Ein gefährliches Werkzeug nach § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB wurde zu Recht verneint.

Es bleibt allerdings die Antwort auf die Frage offen, ob hier nicht ggf. Notwehr (§ 32 StGB) gegen einen rechtswidrigen Angriff des Zeuge vorlag. Nach allgemeinen Grundsätzen dürfte die Verletzung von Abstands- und Hygienevorschriften (egal, ob man diese für sinnvoll erachtet) die Verletzung von Rechtsgütern eines Dritten darstellen – nämlich der körperlichen Unversehrtheit (Stichwort Infektionsschutz). Das Vorliegen eines Rechtfertigungsgrundes hätte daher von Amts wegen zwingend geprüft werden müssen.

Am Rande sei erwähnt, dass die Geldstrafe von 90 Tagessätzen bei dem nicht vorbestraften Angeklagten und den geringfügigen Verletzungen durchaus überhöht erscheint.

Der Volltext lag bei Abfassung des Beitrages noch nicht vor. In der Pressemitteilung des AG München Nr. 56/2020 v. 18.12.2020 ist auf die Frage der Notwehr jedenfalls nicht eingegangen worden.


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