Thema Erbrecht: Geht die Grabpflege durch den Vermächtnisnehmer auf dessen Erben über?

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Das Amtsgericht München hat mit Urteil vom 27.10.2023 (Az. 158 C 16069/22) folgenden Fall entschieden:

Die verstorbene Erblasserin hat ihrer Nichten mit Testament einen Geldbetrag in Höhe von 8.000,00 € für die Grabpflege vermacht. Die Nichte verstarb jedoch. 

Der einzige Sohn der Erblasserin und als alleiniger Erbe verklagte sodann die zwei Erbinnen der verstorbenen Nichte. 

Er war der Auffassung, dass es sich bei der Geldzuweisung im Testament um ein Vermächtnis mit Auflage handeln würde. Das Vermächtnis sei mit dem Tod der Nichte auf die Beklagten in ihrer Eigenschaft als Erbinnen übergegangen und nicht auf einen bestimmten Zeitraum oder ein Kostenbeitrag begrenzt. Die Beklagten hatten sich grundsätzlich bereit erklärt, das Grab bis zum Ende des Nutzungsrechts gemeinsam zu pflegen, was die Anpflanzung, laufende Pflege der Bepflanzung und das regelmäßige Gießen umfasse. Den Abschluss eines darüberhinausgehenden Grabpflegevertrages lehnten sie jedoch ab. Sie waren der Ansicht, dass das Vermächtnis so zu verstehen sei, dass die Erblasserin der Nichte für die persönliche Grabpflege einen Betrag in Höhe von 8.000,00 € zur Verfügung gestellt hat und es der Erblasserin nicht darum gegangen war, dass die Grabpflege durch andere, ihr nicht bekannte Personen nach dem Ableben weitergeführt werde. Ebenso muss beachtet werden, dass der zu Verfügung stehende Geldbetrag von 8.000,00 € bis zu einem bestimmten Zeitpunkt aufgebraucht ist, dass eine Grabpflege dann nicht mehr geschuldet wäre.


Das Amtsgericht wies die Klage des Klägers ab. Die vom Kläger geltend gemachte Verpflichtung der Beklagten besteht unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt. Die testamentarische Verfügung der Erblasserin ist als Vermächtnis zugunsten der Nichte, verbunden mit der Auflage der Grabpflege für das Familiengrab, anzusehen. Die Auflage ist nicht auf die Beklagten als Erben übergegangen und muss nicht durch diese erfüllt werden. Die Beklagten stehen zudem in keinerlei persönlichem oder verwandtschaftlichem Verhältnis zur Erblasserin und entspricht nicht dem mutmaßlichen Willen der Erblasserin. Die mit der Auflage verbundene Verpflichtung ist grundsätzlich passiv vererblich, sofern die Auflage nicht höchstpersönlichen Charakter hat und nur ein ganz bestimmtes Vermächtnis betrifft. Letztes ist aber vorliegend der Fall. Die Erblasserin hat ihrer Nicht die Grabpflege des Familiengrabes übertragen, die aufgrund der familiären Verbindung zur Erblasserin und dass dort auch ihre Eltern bestattet sind, einen besonderen Bezug zur Grabstelle. Dass die Erblasserin auch die Erben ihrer Nichte, die sie nicht kannte und die in keinem verwandtschaftlichen Verhältnis zur Erblasserin oder ihrer Nichte stehen, durch die testamentarische Verfügung binden und zur Pflege ihrer Familiengrabstätte verpflichten wollte, ohne dass ihr bekannt gewesen wäre, in welcher Art und Weise die Beklagten dieser Verpflichtung nachkommen würden, entsprach gerade nicht dem mutmaßlichen Willen der Erblasserin. Damit handelt es sich vorliegend um eine höchstpersönliche Auflage, welche nicht auf die Beklagten übergegangen ist. Die Klage war somit abzuweisen.

Dieser Beitrag wurde von Rechtsanwalt Oliver Thieler, LL.M. von der Rechtsanwaltskanzlei Prof. Dr. Thieler – Prof. Dr. Böh – Thieler Rechtsanwaltsgesellschaft mbH erstellt.

Rechtsanwalt Oliver Thieler, LL.M. ist seit Jahren u.a. im Bereich des internationalen länderübergreifenden Erbrechts tätig und Autor der Publikation: "Richtig Erben und Vererben".

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