Überblick über das Scheidungsverfahren

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Eine Scheidung markiert das rechtliche Ende einer Ehe und ist ein Prozess, der in mehreren Schritten abläuft. Der Prozess berücksichtigt sowohl die emotionalen als auch die rechtlichen Aspekte der Auflösung einer Ehe. 


1. Voraussetzungen für die Scheidung

  • Zerrüttungsprinzip: Eine Ehe kann in Deutschland nur geschieden werden, wenn sie nachweislich zerrüttet ist, d.h., wenn die Lebensgemeinschaft der Ehegatten nicht mehr besteht und nicht erwartet werden kann, dass die Ehegatten sie wiederherstellen.
  • Trennungsjahr: In der Regel müssen die Ehegatten mindestens ein Jahr getrennt leben, bevor die Scheidung eingereicht werden kann. In Ausnahmefällen kann auf das Trennungsjahr verzichtet werden, wenn die Fortsetzung der Ehe für einen der Ehegatten aus triftigen Gründen unzumutbar ist.

2. Einreichung des Scheidungsantrags

  • Der Scheidungsantrag muss bei dem zuständigen Familiengericht eingereicht werden. Dies muss durch einen Rechtsanwalt erfolgen, da für das Scheidungsverfahren Anwaltszwang besteht.
  • Der andere Ehegatte muss nicht zwingend anwaltlich vertreten sein.

3. Versorgungsausgleich

Im Rahmen des Scheidungsverfahrens wird in der Regel auch der Versorgungsausgleich durchgeführt, bei dem die während der Ehe erworbenen Anwartschaften und Ansprüche auf Alters- und Invaliditätsversorgung zwischen den Ehegatten aufgeteilt werden.

4. Unterhalt und Sorgerecht

Fragen des Unterhalts für Kinder und eventuell für den Ehegatten sowie das Sorgerecht für gemeinsame Kinder werden im Rahmen des Scheidungsverfahrens geklärt, sofern keine Einigung zwischen den Ehegatten besteht. Unter anderem werden folgende Arten des Unterhalts unterschieden:

Der Kindesunterhalt dient der Sicherstellung des Lebensbedarfs der gemeinsamen Kinder. Er hat Vorrang vor allen anderen Unterhaltsansprüchen und wird in der Regel bis zur Volljährigkeit des Kindes, unter Umständen aber auch darüber hinaus (z.B. während einer Ausbildung oder eines Studiums), gezahlt. Die Höhe richtet sich nach der Düsseldorfer Tabelle und hängt vom Einkommen des Unterhaltspflichtigen und dem Alter der Kinder ab.

Während der Trennungsphase bis zur rechtskräftigen Scheidung kann der finanziell schwächere Partner Trennungsunterhalt vom anderen Partner verlangen. Dieser Anspruch besteht, um den Lebensstandard während der Trennungszeit aufrechtzuerhalten, und richtet sich nach den Lebensverhältnissen während der Ehe sowie den Einkommensverhältnissen beider Partner.

  • Nachehelicher Unterhalt 

Nach der Scheidung kann ein Anspruch auf nachehelichen Unterhalt bestehen. Dieser Unterhaltsanspruch ist jedoch nicht automatisch gegeben und hängt von verschiedenen Voraussetzungen ab, wie z.B. der Dauer der Ehe, der Erwerbsfähigkeit und -möglichkeit des unterhaltsberechtigten Ehegatten sowie der Sorge für gemeinsame Kinder. Mögliche Unterhaltsgründe können Betreuungsunterhalt, Altersunterhalt, Krankheitsunterhalt, Ausbildungsunterhalt und mehr sein.

Der Betreuungsunterhalt ist eine spezielle Form des nachehelichen Unterhalts und wird gewährt, wenn ein Ehepartner nach der Scheidung für die Betreuung gemeinsamer Kinder sorgt und deshalb nicht voll erwerbstätig sein kann. Die Dauer dieses Unterhaltsanspruchs orientiert sich am Wohl der Kinder und den Möglichkeiten der Kinderbetreuung.

Falls das Einkommen des unterhaltsberechtigten geschiedenen Ehegatten nicht ausreicht, um den während der Ehe erreichten Lebensstandard zu wahren, kann ein Anspruch auf Aufstockungsunterhalt bestehen. Voraussetzung ist, dass die Einkommensdifferenz auf den während der Ehe erzielten Lebensstandard zurückzuführen ist.

Die genauen Voraussetzungen, Höhe und Dauer der Unterhaltsansprüche sind individuell sehr unterschiedlich und hängen von vielen Faktoren ab.

5. Vermögensauseinandersetzung

Die Aufteilung des während der Ehe erworbenen Vermögens (Zugewinnausgleich) kann ebenfalls Teil des Scheidungsverfahrens sein, sofern die Ehegatten im Güterstand der Zugewinngemeinschaft gelebt haben und einer der Ehegatten dies beantragt.

Das Ziel des Zugewinnausgleichs ist es, einen gerechten Ausgleich des während der Ehe erzielten Vermögenszuwachses beider Partner zu erreichen. Es geht dabei nicht um die Aufteilung des gesamten Vermögens, sondern nur um den Ausgleich des während der Ehe erwirtschafteten Zugewinns.

Der Zugewinn ist der Betrag, um den das Endvermögen eines Ehegatten sein Anfangsvermögen am Anfang der Ehe übersteigt. Die Berechnung erfolgt in mehreren Schritten:

  • Ermittlung des Anfangsvermögens: Das Anfangsvermögen jedes Ehegatten zum Zeitpunkt der Eheschließung wird ermittelt. Schenkungen und Erbschaften während der Ehe werden dem Anfangsvermögen hinzugerechnet.
  • Ermittlung des Endvermögens: Das Endvermögen jedes Ehegatten zum Zeitpunkt der Zustellung des Scheidungsantrags wird festgestellt.
  • Berechnung des Zugewinns: Vom Endvermögen wird das Anfangsvermögen (jeweils bereinigt um Inflation) abgezogen, um den Zugewinn zu ermitteln.

Hat ein Ehegatte einen höheren Zugewinn als der andere, steht dem Ehegatten mit dem geringeren Zugewinn die Hälfte der Differenz als Ausgleichsforderung zu.

Der Zugewinnausgleich wird in der Regel im Rahmen des Scheidungsverfahrens durchgeführt. Die Ehegatten können aber auch eine einvernehmliche Regelung treffen. Wenn keine Einigung erzielt wird, kann der Ehegatte mit dem geringeren Zugewinn einen Antrag auf Zugewinnausgleich beim Familiengericht stellen.

Der Zugewinnausgleich kann durch Ehevertrag ausgeschlossen oder modifiziert werden.

6. Gerichtsverfahren

Das Gericht führt eine mündliche Verhandlung durch, in der beide Ehegatten angehört werden. Das Gericht entscheidet dann auf Basis des Zerrüttungsprinzips über die Scheidung sowie über die begleitenden Regelungen.

Die Scheidung wird rechtskräftig, wenn keine der Parteien innerhalb eines Monats nach Zustellung des Scheidungsbeschlusses Berufung einlegt oder wenn die Berufung zurückgewiesen wird.

7. Kosten

Die Kosten des Scheidungsverfahrens umfassen Gerichtskosten und Anwaltsgebühren und richten sich nach dem Verfahrenswert. Der Verfahrenswert ist die Basis für die Berechnung der Kosten einer Scheidung. Er ergibt sich aus dem Nettoeinkommen beider Ehepartner für drei Monate zuzüglich weiterer Werte für Vermögensauseinandersetzung, Unterhaltsansprüche und Versorgungsausgleich.

Die Gerichtskosten berechnen sich nach dem Gesetz über Gerichtskosten in Familiensachen (FamGKG) und werden auf Basis des Verfahrenswerts festgelegt. Die Kosten umfassen die Gebühren für das gerichtliche Verfahren einschließlich des Versorgungsausgleichs.



Bei einer Scheidung ist es essenziell, fachkundigen juristischen Rat einzuholen, um die eigenen Rechte und Interessen bestmöglich zu vertreten und eine faire Regelung aller anstehenden Fragen zu erreichen.

Dieser Beitrag dient der generellen Information und dem Einstieg in das Thema Scheidung.

Wenn Sie Fragen oder Beratungsbedarf zum Thema Scheidung haben, können Sie sich gerne mit unter info@kanzlei-kuschel.de in Verbindung setzen.


Jacqueline Kuschel

Rechtsanwältin



Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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