Überholmanöver mit Unfallfolge: Haftungsfragen vor Gericht

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Überholvorgänge an Rechtsabbiegern führen häufig zu Unfällen, die Gerichte regelmäßig mit der Frage der Haftungsverteilung beschäftigen. Ein komplexer Fall erreichte kürzlich das Oberlandesgericht Schleswig-Holstein: Ein Autofahrer überholte einen Rechtsabbieger, der jedoch durch einen unerlaubten Linksschwenk zur Unfallursache beitrug.

Unfall beim Rechtsabbiegen: Fragen der Haftung

Der Unfall ereignete sich, als der Beklagte nach rechts auf sein Grundstück abbiegen wollte und dazu nach links ausscherte, obwohl der Blinker nach rechts gesetzt war. Der nachfolgende Kläger nutzte diese Bewegung zum Überholen, was zum Zusammenstoß führte. Der Kläger behauptete, ausreichend Seitenabstand gehalten und die Geschwindigkeit angepasst zu haben, während der Beklagte argumentierte, der Überholende sei zu schnell und zu nahe herangefahren.

Das Gericht musste klären, wer den größeren Anteil an der Schuld trug: der unerlaubte Überholvorgang oder das fehlerhafte Abbiegeverhalten des Vordermanns.

Verkehrswidriges Verhalten beim Rechtsabbiegen

Das Landgericht und das OLG stellten fest, dass beide Fahrer gegen die Straßenverkehrsordnung verstießen, insbesondere gegen § 9 Absatz 1 und Absatz 5 StVO, welche das korrekte Einordnen beim Abbiegen und die Gefährdungsvermeidung vorschreiben. Der Beklagte hatte durch seinen Linksschwenk gegen diese Vorschriften verstoßen, ebenso der Kläger, der sein Überholmanöver nicht angekündigt und rücksichtslos gefahren war, was das Gericht mit folgenden Worten festhielt:

"Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme hat der Kläger sein Überholmanöver nicht durch Blinken angekündigt und ist zudem rücksichtslos und gefährlich gefahren." - OLG Schleswig-Holstein, Az. 7 U 94/23, Rn. 28

Zudem wurde der Kläger für das Überholen bei unklarer Verkehrslage verantwortlich gemacht, ein Verstoß gegen § 5 Abs. 3 StVO. Das Gericht erklärte hierzu:

"Eine unklare Verkehrslage i. S. d. § 5 Abs. 3 Nr. 1 StVO liegt dann vor, wenn nach allen Umständen mit einem ungefährdeten Überholen nicht gerechnet werden darf" - OLG Schleswig-Holstein, Az. 7 U 94/23, Rn. 29

Haftungsverteilung nach Unfall

Das Gericht verteilte die Haftungsquote zu 60% zu Lasten des Klägers, der deutlich gefährlicher gefahren war. Obwohl der Rechtsabbieger klar gegen Vorschriften verstoßen hatte, trug das rücksichtslose Verhalten des Klägers zur Haftung bei. Ein paar Sekunden später wäre der Weg für ihn frei gewesen, doch das unnötige Überholen führte zu einem erheblichen Risiko für beide Parteien, was sich in der Haftungsverteilung widerspiegelte.

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