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Unfall mit E-Bike – Fahrrad oder Kraftfahrzeug?

  • 3 Minuten Lesezeit
Gabriele Weintz anwalt.de-Redaktion

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Unfälle zwischen Fahrradfahrern passieren täglich und die Verletzungen sind oftmals schwer. Noch brisanter werden die Unfallfolgen, wenn der Fahrer eines E-Bikes verunglückt, da damit höhere Geschwindigkeiten als mit einem normalen Fahrrad erreicht werden. Besonders interessant ist in diesem Fall, wie unterschiedlich die Gerichte die Haftung einer E-Bike-Fahrerin nach einem Unfall mit einem gewöhnlichen Fahrrad beurteilt haben.

Unfall beim Abbiegen an Kreuzung

Im September 2013 kam es im Kreuzungsbereich einer bevorrechtigten Straße und einer sog. Fahrradstraße zu einem Zusammenstoß zwischen einer E-Bike-Fahrerin, die auf der Fahrradstraße unterwegs war, und einem Fahrradfahrer, der aus der bevorrechtigten Straße kam und nach links in die Fahrradstraße einbog. Folge des Unfalls war, dass die Frau stürzte und sich dabei das rechte Schlüsselbein brach. Diese Verletzung ist nach wie vor nicht vollständig ausgeheilt und auch nicht ordnungsgemäß zusammengewachsen. Infolgedessen war sie drei Monate gar nicht, drei Monate nur zu 50 % und einen weiteren Monat nur zu 80 % erwerbsfähig. Während dieser Zeit sei ihr ein Haushaltsführungsschaden entstanden, den sie mit 900 Euro veranschlagte. Insgesamt verlangte sie Schadensersatz i. H. v. 1364,85 Euro, der sich aus dem Haushaltsführungsschaden und einigen anderen Posten, die im Zusammenhang mit dem Unfall entstanden sind, zusammensetzt. Außerdem machte sie ein Schmerzensgeld i. H. v. 2000 Euro und ihre vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten geltend.

Volle Haftung beim Unfallgegner

Nachdem der Unfallgegner den von der Frau geforderten Betrag i. H. v. 3364,85 Euro trotz Fristsetzung nicht zahlte, reichte die Frau Klage beim Amtsgericht (AG) Lemgo ein. Die Richter kamen zu dem Ergebnis, dass die Frau einen Anspruch auf Schadensersatz aus § 823 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) bzw. § 823 Abs. 2 BGB, § 229 Strafgesetzbuch (StGB) hat, da der Unfallgegner eine fahrlässige Körperverletzung begangen hat. Er hat den Unfall dadurch verursacht, dass er beim Einbiegen in die andere Straße im Bereich der trichterförmigen Einmündung nicht rechts gefahren ist, was er wohl auch am Unfallort zugegeben hat. Dieses Verhalten hat nach Ansicht der Richter zum Unfall geführt. Der Frau rechneten sie kein Mitverschulden gem. § 254 BGB an, auch wenn sie mit ihrem E-Bike nach Aussage des Mannes sehr schnell unterwegs war. Aus diesem Grund wurde der Mann zur Zahlung des vollen Schadensersatzes und Schmerzenzgeldes i. H. v. insgesamt 3364,85 Euro und zusätzlich 497,92 Euro für den Rechtsanwalt verurteilt.

Mitverschulden der E-Bike-Fahrerin

Gegen dieses Urteil legte der Mann schließlich Berufung zum Landgericht (LG) Detmold ein und hatte damit zum Teil Erfolg. Die Richter kürzten den Anspruch der Frau um 50 %, sodass sie nur noch 1682,43 Euro Schadensersatz und Schmerzensgeld erhielt. Die Richter begründeten ihr Urteil damit, dass seit dem 21. Juni 2013 in § 1 Abs. 3 Straßenverkehrsgesetz (StVG) geregelt ist, dass ein E-Bike bzw. Pedelec kein Kraftfahrzeug im Sinne des StVG ist. Aus diesem Grund haftet der Fahrer eines E-Bikes für Schäden, die bei dessen Betrieb entstehen, nicht verschuldensunabhängig nach § 7 StVG. Im vorliegenden Fall kam es zu dem Unfall, weil nachweislich beide Unfallbeteiligten einen Verkehrsverstoß begangen haben. Die Frau hielt sich nicht an das Rechtsfahrgebot aus § 2 Abs. 2 Straßenverkehrsordnung (StVO), das dem Schutz des einbiegenden Verkehrs dient. Der Mann fuhr beim Einbiegen ebenfalls nicht auf der rechten Straßenseite, sondern schnitt die Kurve. Aus diesem Grund erfolgt eine Kürzung des Anspruchs der Frau wegen ihres Mitverschuldens gem. § 254 Abs. 1 BGB und beide Parteien haften jeweils zu 50 % für den Unfall. Daher muss der Mann nur noch 1682,43 Euro Schadensersatz und Schmerzensgeld an die Frau zahlen und für den Anwalt der Frau fallen nur noch 255,85 Euro an.

(LG Detmold, Urteil v. 15.07.2015, Az.: 10 S 43/15)

(WEI)

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