Unternehmerscheidung: Was sollte ich beachten?

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Bei der Unternehmerscheidung geht es schlicht darum, dass Ihr Unternehmen möglichst nicht in die güterrechtliche Auseinandersetzung hineingezogen werden sollte. Kritischer Ansatz ist der Zugewinnausgleich. Sollte der Betrieb in den Zugewinnausgleich einbezogen werden, riskieren Sie Ihre Liquidität und könnten sich im ungünstigsten Fall veranlasst sehen, Ihren Betrieb oder Teile davon zu verkaufen. Wir erklären, wie Sie sich bestenfalls für das Risiko einer Unternehmerscheidung wappnen und was Sie tun können, wenn die Scheidung tatsächlich vor Ihnen liegt.

Warum bin ich als Unternehmer überhaupt gefordert?

Sind Sie unternehmerisch tätig, sollten Sie es als Teil Ihrer unternehmerischen Verantwortung betrachten, auch das potenzielle Risiko einer Scheidung in Betracht zu ziehen. Im denkbar ungünstigsten Fall einer Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung stehen Sie als Einzelunternehmer, Freiberufler oder Gesellschafter einer Personengesellschaft zwar nicht direkt in der Insolvenzantragspflicht, riskieren aber dennoch den Ruin Ihres Unternehmens und Ihrer eigenen Existenz. Sind Sie Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft, kann Ihre Scheidung durchaus auch die Handlungsfähigkeit der Gesellschaft beeinträchtigen.

Ein Beispiel veranschaulicht die Situation: Sie betreiben als Einzelunternehmer einen erfolgreichen Kfz-Handel. Ihr Kundenstamm, Verkaufsräumlichkeiten, Werkstatteinrichtung und Goodwill begründen einen Unternehmenswert von beispielsweise 100.000 EUR. Ihr Ehepartner konnte keine vergleichbaren Vermögenswerte erwirtschaften. Kommt es aus Anlass Ihrer Scheidung zum Zugewinnausgleich, könnte Ihr Ehepartner die Hälfte des Unternehmenswertes in Höhe von 50.000 EUR als Zugewinn beanspruchen. Sie wären gezwungen, diesen Betrag liquide zu machen. Notfalls müssten Sie Inventar verkaufen. Einen Kredit bei der Bank aufzunehmen, könnte schwierig werden, da Sie das Kapital nicht in den Betrieb investieren und die Bank somit keine äquivalente Sicherheit bekäme. Im ungünstigsten Fall müssten Sie eine Lösung finden, die nicht unbedingt eine unternehmerische Perspektive darstellt.

Wie kann ich das Risiko einer Unternehmerscheidung handhaben?

Bestenfalls verständigen Sie sich bereits aus Anlass Ihrer Eheschließung oder im Laufe Ihrer Ehe auf einen Ehevertrag. In einer ehevertraglichen Vereinbarung regeln Sie im Einvernehmen mit Ihrem Ehepartner wie Sie Zugewinnausgleich und Ehegattenunterhalt für den Fall einer Scheidung regeln möchten. Sofern Sie diese Option versäumt haben, besteht im Hinblick auf die anstehende Trennung und Scheidung immer noch die Möglichkeit, die güterrechtlichen Konsequenzen Ihrer Scheidung in einer Trennungs- und Scheidungsfolgenvereinbarung einvernehmlich mit Ihrem Ehepartner auszumachen. Ziel dabei ist stets, Ihr Unternehmen aus der Auseinandersetzung raus zu halten und dessen Liquidität und Handlungsfähigkeit nicht zu beeinträchtigen.

Sollte ich Gütertrennung vereinbaren?

Sie können in einer notariellen Urkunde den gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft ausschließen und stattdessen Gütertrennung vereinbaren. Dabei ist wichtig zu wissen, dass Ihr Ehepartner für Ihre eigenen Verbindlichkeiten auch im Güterstand der Zugewinngemeinschaft nicht haftet und allein deshalb kein Grund besteht, Gütertrennung zu vereinbaren. Ihr Ehepartner haftet allenfalls dann, wenn er/sie sich vertraglich selbst verpflichtet haben sollte.

Der Vorteil der Gütertrennung besteht darin, dass Sie damit die Verfügungsbeschränkungen in der Ehe aufheben und nicht mehr auf die Zustimmung Ihres Ehepartners angewiesen sind, wenn Sie mehr als 90 % Ihres Vermögens (z. B. Ihren Betrieb) verkaufen.

Vereinbaren Sie Gütertrennung, hat dies vornehmlich die Konsequenz, dass Sie den Zugewinnausgleich bei der Scheidung ausschließen. Sie vermeiden, dass Sie sich aus Anlass der Scheidung auf langwierige und kostspielige Ermittlungen eines eventuellen Zugewinns einlassen müssen. Da Ihr Ehepartner damit aber auf eine, wenn auch indirekte Beteiligung an Ihrem Unternehmenswert verzichtet, werden Sie den Verzicht nur erreichen, wenn Sie dem Ehepartner einen entsprechenden Ausgleich gewähren. Als Alternative zur Gütertrennung bietet sich der modifizierte Zugewinnausgleich an.

Was ist der modifizierte Zugewinnausgleich?

Statt pauschal Gütertrennung zu vereinbaren, sollten Sie den modifizierten Zugewinnausgleich in Betracht ziehen. Sie belassen es dann beim gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft, verhandeln und vereinbaren den Zugewinnausgleich aber so, dass Ihr Unternehmen nicht in Mitleidenschaft gezogen wird. Sie haben unter Berücksichtigung Ihrer individuellen Gegebenheiten eine ganze Reihe von Optionen:

  • Sie sprechen mit Ihrem Ehepartner, dass Sie das Unternehmen vollständig aus dem Zugewinnausgleich herausnehmen. Idealerweise bleiben Firmenwert, Unternehmensbeteiligungen, Immobilien- und Sachwerte bei der Berechnung des Anfangsvermögens und des Endvermögens unberücksichtigt. Im Übrigen verbleibt es bei der gesetzlichen Regelung, sodass die während der Ehezeit erwirtschafteten sonstigen Vermögenswerte weiterhin dem Zugewinnausgleich unterliegen. Klar ist, dass Sie Ihrem Ehepartner dafür an anderer Stelle Zugeständnisse machen werden müssen.
  • Statt der vom Gesetz vorgesehenen Ausgleichsquote von 50 % vereinbaren Sie eine andere, Ihrer Liquidität angepasste Ausgleichsquote.
  • Sie verständigen sich, ein höheres Anfangsvermögen und / oder ein reduziertes Endvermögen festzulegen, sodass der Zugewinn geringer ausfällt.
  • Sie verständigen sich, den Zugewinnausgleich pauschal festzulegen. Sie ersparen sich, dass Sie sich über den Wert Ihres Unternehmens streiten und sich im ungünstigsten Fall auf ein Sachverständigengutachten einlassen müssen.
  • Sind Sie sich über den Zugewinn einig, könnten Sie vereinbaren, dass die Forderung gestundet wird oder Sie den Betrag in Teilbeträgen zahlen dürfen. Sie vermeiden Kapital- und Liquiditätsengpässe im Unternehmen.
  • Sie verständigen sich darauf, den vereinbarten Zugewinnausgleich nicht sofort in einer Summe zu bezahlen, sondern übernehmen die Beitragszahlung für eine Rentenversicherung zugunsten Ihres Ehepartners.
  • Anstelle des Zugewinnausgleichs vereinbaren Sie, dem Ehepartner bestimmte Sachwerte zu übertragen. So könnten Sie in Betracht ziehen, Ihr Eigentum oder Ihren Miteigentumsanteil an der Ehewohnung oder einer anderen Immobilie Ihrem Ehepartner zu überschreiben. Vorteilhaft ist, dass Ihr Ehepartner aus Anlass der Scheidung keine Grunderwerbsteuer dafür zahlen muss.

Wie erfasse ich den Unternehmenswert?

Oft dreht sich der Streit darum, mit welchem Wert ein Unternehmen in der güterrechtlichen Auseinandersetzung berücksichtigt wird. Gewöhnlich kommt das Ertragswertverfahren zur Anwendung, das die Ertragskraft des Unternehmens erfasst. Der Ansatz ist insoweit problematisch, als der Ertrag kurzfristig einbrechen kann und Sie dann Zahlungen erbringen, die das Unternehmen gar nicht hergibt. Sind Sie GmbH-Gesellschafter, kann der Gesellschaftsanteil deutlich höher einzuschätzen sein, als er in den Bilanzen ausgewiesen ist, ohne dass aber zugleich eine entsprechende Liquidität vorhanden ist. Soweit Sie das Unternehmen verkaufen wollen, wäre auf den Veräußerungswert abzustellen. Sofern Sie aus der Not heraus verkaufen müssen, wäre der Liquidationswert der richtige Ansatz.

Muss ich mein Unternehmen durch einen Sachverständigen bewerten lassen?

Es besteht keine Verpflichtung, dass Sie Ihr Unternehmen durch einen Sachverständigen bewerten lassen. Ihr Ehepartner kann allenfalls verlangen, dass Sie Bilanzen, betriebswirtschaftliche Auswertungen, Einkommensteuerbescheide und Steuererklärungen oder auch Stellungnahmen Ihres Steuerberaters vorlegen. Im Zweifel müssen Sie aber ertragen, dass der Ehepartner auf eigene Kosten einen Sachverständigen beauftragt, und Sie diesem die für die Wertermittlung notwendigen Unterlagen und Informationen zur Verfügung stellen müssen. Besser ist, Sie verständigen sich auf einen angemessenen Ansatz zum Wert Ihres Unternehmens.

Was sollte ich zur Ehegattengesellschaft wissen?

Arbeitet Ihr Ehepartner im Unternehmen mit, ist die Rede von einer Ehegattengesellschaft. Sollten Sie ehevertraglich Gütertrennung vereinbaren, wäre der Ehepartner am Wertzuwachs Ihres Unternehmens nicht beteiligt und hätte keinen Anspruch auf Zugewinnausgleich. Hat er/sie allerdings über einen längeren Zeitraum ohne Entgelt oder nur gegen geringes Gehalt im Betrieb mitgearbeitet, erkennt die Rechtsprechung an, dass der Partner wegen seines Engagements trotzdem Ausgleichsansprüche geltend machen kann.

Betrachten Sie Eheverträge als ein Kompendium unterschiedlichster Regelungen

Vereinbaren Sie einen Ehevertrag, geht es nicht allein darum, Ihre Scheidung abzuwickeln. Vielmehr geht es darum, dass Sie für den Fall der Scheidung ehevertragliche Aspekte mit Fragen des Erbrechts, Steuerrechts und Gesellschaftsrechts im Zusammenhang verstehen. Nur dann, wenn Sie all diese Aspekte im Einklang miteinander regeln, erfassen Sie Ihre Gegebenheiten zuverlässig.

Vermeiden Sie, dass Sie sich Erpressungsversuchen aussetzen

In Scheidungsverfahren wird gerne schmutzige Wäsche gewaschen. Sollte Ihr Ehepartner Kenntnis davon haben, dass Sie vielleicht am Fiskus vorbeigewirtschaftet haben, könnte diese Art der Altersvorsorge eine akute Bedrohung darstellen. Sie sollten sich in diesem Fall juristisch beraten lassen und eine strafbefreiende Selbstanzeige in Betracht ziehen. Nur so vermeiden Sie, dass Sie sich Erpressungsversuchen Ihres Ehepartners aussetzen und eventuell Zugeständnisse machen müssen, die Sie wirtschaftlich nicht verantworten können.

Alles in allem

Als Unternehmer müssen Sie Ihre Zukunft kalkulieren können. Eine Scheidung darf Sie nicht aus der Bahn werfen. Pauschale Empfehlungen verbieten sich. Nur Ihre individuellen Gegebenheiten können der Maßstab dafür sein, wie Sie Ihre Scheidung ehevertraglich verhandeln, dokumentieren und damit bewältigen.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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