Unwirksame Rückzahlungsvereinbarung in Garantieabrede

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Eine aus Sicht der Handels- und Versicherungsvertreter positive Entscheidung hat das OLG Oldenburg zur Frage der anfänglichen Garantiezahlungen in Vertriebsverträgen gefällt (Urteil vom 13.11.2013, 13 U 30/13). Aufgrund der Begründung dürfte die Entscheidung auch über den konkreten Sachverhalt hinaus auf eine Vielzahl von Verträgen Anwendung finden.

Die Konstellation war recht einfach. Die Klägerin ist als Versicherungsmaklerin zugelassen und hat mit einer Vielzahl von selbständigen Versicherungsmaklern Handelsvertreterverträge geschlossen, nach denen die Vertriebspartner Maklerverträge mit ihren Kunden für die Klägerin vermitteln und die Betreuung der Kunden übernehmen. Neben dem Handelsvertretervertrag schloss die Klägerin mit dem beklagten Handelsvertreter wie bei neu hinzugekommenen Vertretern üblich eine sog. „Garantievereinbarung“, nach der der Beklagte bei Erreichung bestimmter Vertriebsziele eine monatliche Zahlung von 3.000 EUR ungeachtet der tatsächlich verdienten Provisionen erhält. Die Garantieabrede endete automatisch nach 36 Monaten und konnte ansonsten gekündigt werden.

Da die Vertriebsziele nicht erreicht werden konnten, kündigte der Beklagte die Garantievereinbarung zum 01.11.2011 und den Handelsvertretervertrag fristgerecht zum 30.06.2012. Die Klägerin verlangte nun diejenigen Garantiezahlungen, die nicht durch verdiente Provisionen gedeckt waren, zurück. Nachdem das Landgericht der Klage stattgegeben hatte, hob das OLG im Berufungsverfahren das Urteil auf und wies die Klage ab.

Das OLG begründete dies damit, dass die Klausel, nach der der Handelsvertreter zur Rückzahlung der nicht verdienten Provision verpflichtet sei, unwirksam und damit nichtig ist, weil die Klausel wirtschaftlich gesehen den Handelsvertreter von seiner berechtigten Kündigung abhalten kann, wenn er ansonsten verpflichtet wäre, den offenstehenden Betrag unverzüglich zurückzuzahlen.

Hergeleitet wurde dies aus der Regelung des § 89 Abs. 2 Satz 1 HGB. Nach der Norm darf die Kündigungsfrist für den Unternehmer nicht kürzer sein als diejenige für den Handelsvertreter. Aus dieser Regelung wird hergeleitet, dass dem Handelsvertreter auch nicht mittelbar die Kündigungsfreiheit dadurch genommen werden darf, dass er sich ansonsten einer Rückzahlungsverpflichtung gegenüber sieht, die er aufgrund des Wegfalls seines Einkommens jedenfalls nicht unmittelbar bedienen kann.

Die Entscheidung berührt eine häufige Vertragsgestaltung in Vertriebsverträgen, insbesondere beim Vertrieb von Finanzdienstleistungen. Neugeschäft kann im Wesentlichen nur über die Anwerbung von Vertrieblern mit bestehendem Kundenbestand erfolgen, d. h. den Vermittlern muss ein Anreiz gegeben werden, zu wechseln. Da mit dem Wechsel aber erst einmal die Bestandsprovisionen entfallen und bei einer Eigenkündigung des Vermittlers auch kein Ausgleichsanspruch besteht, muss wenigstens für eine Übergangszeit das Einkommen des Vermittlers unabhängig von den Provisionszahlungen gesichert sein. Hier greifen viele expandierende Unternehmen an und bieten den neu geworbenen Vermittlern für eine Übergangszeit von mehreren Jahren eine garantierte Zahlung, die jedoch mit den tatsächlich verdienten Provisionen verrechnet wird. Fraglich ist dann regelmäßig, was mit den intendierten Überzahlungen zu Beginn der Vertragslaufzeit passiert, wenn der Vertrag vorzeitig gekündigt wird. Im Regelfall sehen die Vereinbarungen eine Rückzahlungsverpflichtung vor, die den Vermittler praktisch davon abhalten können, von seinem Kündigungsrecht Gebrauch zu machen.

Mit der vorliegenden Entscheidung – die mit anderen Entscheidungen in den wesentlichen Punkten übereinstimmt – schließt das Gericht diese Rückzahlungsverpflichtung aus. Das bedeutet, dass der Vermittler sich ohne Zahlung der Differenzsumme von seinem Vertrag lösen könnte. Problematisch ist allerdings, ab welchem Zeitpunkt von einer unzulässigen Erschwernis der Kündigung auszugehen ist. Die Rechtsprechung erkennt dabei eine Grauzone, in der es möglich sein muss, dem Vertriebler vorab Zahlungen zukommen zu lassen, ohne dass dies zu einer Einschränkung des Kündigungsrechts führt. Von daher ist jede vertragliche Gestaltung im Einzelfall zu prüfen, sodass man eine generelle Aussage, dass sämtliche Rückzahlungsverpflichtungen unzulässig seien, nicht treffen kann. Im Regelfall wird die Überprüfung durch einen versierten Rechtsanwalt notwendig sein. 

RA Heiko Effelsberg, LL.M.

Fachanwalt für Versicherungsrecht


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