Unwirksamer Abwicklungsvertrag – Arbeitnehmer gewann in 3. Instanz
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Ein Arbeitgeber hatte einem Mitarbeiter, der einem Schwerbehinderten gleichgestellt war, am 5.3.2013 eine auf den 28.2.2013 datierte Kündigung übergeben. Um eine Kündigungsschutzklage abzuwenden, bot der Arbeitgeber dem Mann einen Abwicklungsvertrag an, der u.a. besagte, dass der Arbeitnehmer auf Klage verzichtet und der Arbeitgeber ihm im Gegenzug ein Zeugnis mit der Note „gut“ ausstellt. Der Mann klagte trotzdem, weil u.a. die Kündigung ohne Zustimmung der Integrationsbehörde erfolgt war. Auch der angebotene Abwicklungsvertrag wurde angefochten.
Ich hatte schon einmal über diesen Fall berichtet, der vor dem Arbeitsgericht und dem LAG zu Gunsten des Arbeitgebers entschieden wurde (LAG Niedersachsen, 5 Sa 1099/13). Das BAG sah das ganz anders und gab dem Arbeitnehmer Recht (2 AZR 347/14).
Das Arbeitsgericht und auch das LAG Niedersachsen entschieden zu Gunsten des Arbeitgebers weil ein gutes Zeugnis etwas wert sei, da man darauf als Arbeitnehmer keinen Anspruch hat und dem Arbeitnehmer ein Prozess erspart wird, in dem er hohe Darlegungs- und Beweislasthürden nehmen und auch noch seinen Anwalt selbst bezahlen muss.
Der Arbeitgeber sah sich bestätigt. Nach der Entscheidung des BAG wurden jedoch die Gesichter der Arbeitgebervertreter etwas länger, denn das Gericht entschied für den Mitarbeiter, weil
- die Kündigung ohne Zustimmung des Integrationsamtes erfolgte – somit gegen § 85 SGB IX verstoßen wurde. Der Abwicklungsvertrag war damit gegenstandslos. Lt. § 134 BGB ist eine Kündigung ein Rechtsgeschäft. Wenn dies aber gegen Gesetze verstößt, ist dieses Rechtsgeschäft nichtig.
- Es kommt gar nicht darauf an, ob es sich bei dem Abwicklungsvertrag und eine Allgemeine Geschäftsbedingung handelt. Der Arbeitnehmer gilt im Verhältnis zum Arbeitgeber als Verbraucher. Er hatte keinen Einfluss auf die Formulierung dieses - ggf. nur einmal verwendeten Vertrages- und somit war zu prüfen, ob ihn dieser Vertrag unangemessen benachteiligt.
- Der Abwicklungsvertrag, der nach Ausspruch der Kündigung geschlossen wurde, konnte die Unwirksamkeit der Kündigung nicht heilen, denn gemäß § 307 Abs. 1 BGB war der Arbeitnehmer durch den Vertrag unangemessen benachteiligt worden.
- Unangemessen benachteiligt war der Mann auch ob des Versprechens auf ein gutes Zeugnis. Die Erhebung einer Kündigungsschutzklage zum evtl. Erhalt des Arbeitsplatzes ist sein Recht, auf das er nach Ansicht des BAG praktisch ohne Gegenleistung verzichtet hatte, denn jeder Arbeitgeber ist verpflichtet, das Zeugnis wohlwollend zu formulieren. Mit dem Versprechen ein gutes Zeugnis zu erstellen, gewinnt nicht nur der Arbeitnehmer Rechtssicherheit sondern auch der Arbeitgeber und erspart sich einen Prozess.
Das BAG konnte aus dem Verhalten des Arbeitgebers nicht erkennen, wo der Vorteil für den Arbeitnehmer lag. Schließlich müsse man davon ausgehen, dass sich die Parteien an die Wahrheitspflicht bei der Erstellung von Zeugnissen halten und nicht ein den Tatsachen nicht entsprechendes Zeugnis erstellen. Das heißt: Das Versprechen, ein gutes Zeugnis zu erteilen ist entweder das Versprechen, zu Lasten eines Dritten zu lügen oder das Versprechen, sich ohnehin gesetzeskonform zu verhalten. Dies ist ein sehr schöner Seitenhieb des BAG in Richtung Zeugnispraxis. Für Arbeitgeber bedeutet dies, dass Abwicklungsverträge zwar geschlossen werden dürfen, dass man den Arbeitnehmer dabei aber immer noch fair behandeln muss, damit sich am Ende nicht nach jahrelangem Prozess herausstellt, dass man den Mitarbeiter immer noch an Bord hat.
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