Update: Lohn für Ungeimpfte in Quarantäne

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Am Mittwoch, den 22.09.2021, haben sich die Gesundheitsminister der Länder und unser Bundesgesundheitsminister Jens Spahn darauf geeinigt, dass in allen Bundesländern ab dem 01.11.2021 für Ungeimpfte keine Quarantäne-Entschädigung mehr gezahlt werden soll

Ausgenommen hiervon sind aktuell nur Beamte. 

In den News spricht man häufig von Lohnfortzahlung, teilweise sogar Krankengeld, obwohl damit nur die Quarantäne-Entschädigung / Lohnersatzleistung nach § 56 Abs. 1  Infektionsschutzgesetz gemeint ist. 

Dazu hatte ich vor zwei Wochen bereits ein Video / Beitrag gemacht und viele haben nach einem Update dazu gefragt.

In diesem Beitrag werde ich darauf eingehen, welche Ansprüche Arbeitnehmer haben können die in Quarantäne sind und ich werde wichtige Tipps für Arbeitnehmer und Arbeitgeber geben.

Quarantäne-Entschädigung ist nur subsidiär

Fakt ist, dass der Anspruch über den die Gesundheitsminister jetzt aktuell diskutiert haben,

subsidiär ist

d. h. dieser Anspruch greift sowieso nur dann, wenn der Arbeitnehmer wegen der Quarantäne tatsächlich kein Geld bekommt.

Wenn der Arbeitnehmer einen Anspruch auf Zahlung der Vergütung gegenüber dem Arbeitgeber hat, ist dieser vorrangig und es gibt gar keinen Anspruch, der für Ungeimpfte ausgeschlossen werden kann.

Dazu gibt es in Bezug auf die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall eine Entscheidung vom Arbeitsgericht Aachen ( 30.03.2021, 1 Ca 3196/20) , in dem die Richter eindeutig herausgearbeitet haben, dass ein Entschädigungsanspruch nach § 56 Abs. 1 IfSG für kranke Arbeitnehmer nicht in Betracht kommt, da diese einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung haben.

Auch die Verwaltungsgerichte haben sich im letzten Jahr wiederholt dazu geäußert, dass der Entschädigungsanspruch nach dem Infektionsschutzgesetz nur in Betracht kommt, wenn der Arbeitnehmer keinen Anspruch gegenüber dem Arbeitgeber hat (z.B. OVG Lüneburg, Beschluss vom 02. Juli 2021 – 13 LA 258/21 –) , auch bei 14 Tagen bejaht: (VG Koblenz, Urteil vom 10. Mai 2021 – 3 K 107/21.KO –).  

Dort ging es aber nicht um die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall sondern um den Anspruch „gesunder“ Arbeitnehmer aus § 616 BGB, den Arbeitnehmer bei einer vorübergehende Arbeitsverhinderung haben können, wenn § 616 nicht im Arbeitsvertrag/Tarifvertrag ausgeschlossen ist.

Ich habe zu beiden Ansprüchen Beiträge gemacht, die noch aktuell sind, weil über diese bundesrechtlichen Gesetze aktuell niemand diskutiert:

zu § 3 Entgeltfortzahlungsgesetz

zu § 616 BGB 

Die Quarantäne-Entschädigung betrifft daher nur gesunde Menschen die in Quarantäne geraten und keinen Anspruch gegenüber dem Arbeitgeber haben.

Und hier sollen die Landesbehörden nach den neuen Beschlüssen nur noch zahlen, wenn der Arbeitnehmer, der in Quarantäne ist, geimpft ist.

Diese Änderung, die die Ungeimpften treffen soll, bringt aber im Endeffekt nur große Probleme in die Arbeitsverhältnisse.

Fragerecht nach Impfstatus?

Wie soll der Arbeitgeber erfahren, wer geimpft ist, wenn er nicht danach fragen darf?

Da stehen wir schon vor dem ersten Problem, dass § 23 a Infektionsschutzgesetz die Frage nach der Impfung nur für bestimmte Berufsgruppen erlaubt (Pflege, Gesundheitsbranche, Schule & Kita).

Einige Juristen sprechen hier schon von einem Fragerecht durch die Hintertür, weil der Arbeitgeber diese Daten ja benötige, um seinerseits Ansprüche prüfen zu können.

Auf der anderen Seite haben die Diskussionen der letzten Wochen aber auch gezeigt, wie sensibel die persönlichen Daten geschützt werden und gerade auch die Dokumentation von diesen Informationen datenschutzrechtlich mit hohen Bußgeldern geahndet werden könnte, sodass Arbeitgeber hier wirklich in eine  gefährliche Zwickmühle geraten. So sind im Impfausweis auch Daten enthalten, die der Arbeitgeber auch nicht über diese Hintertür abfragen und schon gar nicht dokumentieren darf.

Die Erfahrungen der letzten Wochen zeigen aber, dass sich die meisten Arbeitgeber davon nicht abhalten lassen werden und viele dies gar nicht so differenziert betrachten. Ich habe von zahlreichen Mitarbeiter-Rundschreiben gehört, in denen die Arbeitgeber schlicht darauf hinweisen, dass Ungeimpfte künftig keinen Lohn bekommen, wenn sie in Quarantäne müssen.

D.h. die Arbeitgeber werden auch in Bereichen in denen kein Fragerecht existiert, danach fragen, ob Sie geimpft sind. Dann können Sie natürlich zuerst einmal einwenden, dass Sie einen „vorrangigen“ Anspruch gegenüber dem Arbeitgeber haben:

  • Wenn Sie gleichzeitig krank sind, könnten Sie eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung einreichen und sich auf den Entgeltfortzahlungsanspruch  nach § 3 Entgeltfortzahlungsgesetz berufen.
  • Wenn Sie gesund in Quarantäne sind und in Ihrem Arbeitsvertrag § 616 BGB nicht ausgeschlossen ist, können Sie darauf verweisen, dass Sie einen Anspruch auf Zahlung der Vergütung aus  § 616 BGB haben könnten.
  • Wenn Sie im Homeoffice arbeiten könnten, kommt ebenfalls kein Anspruch nach dem Infektionsschutzgesetz in Betracht, so dass diese Möglichkeit auch vorrangig zu prüfen wäre.

Wenn aber keiner der Fälle vorliegt, werden Sie als Arbeitnehmer wahrscheinlich in die Situation gebracht, dass die Arbeitgeber sich weigern werden, das Gehalt weiterzuzahlen, wenn Sie die Frage nach der Impfung verneinen oder sie nicht beantworten.

KEIN RECHT ZUR LÜGE

Besonders gefährlich wird es dann, wenn Arbeitnehmer sich dann dazu hinreißen lassen sollten, die Frage wahrheitswidrig zu beantworten.

Es gibt zwar im Arbeitsrecht bei nicht zugelassenen Fragen ein Recht zur Lüge.

Vor einer Lüge warne ich in diesem Zusammenhang aber ganz deutlich.

Hier droht eine Strafbarkeit wegen Betruges, wenn der Arbeitgeber dann letztlich den Anspruch nach dem Infektionsschutzgesetz nicht geltend machen kann, weil der Arbeitnehmer doch ungeimpft war.

Diese Lüge könnte dann auch als Grund für eine fristlose Kündigung genutzt werden.

Was ist mit dem Krankengeld?

Weitere Fragen waren, was dies in Bezug auf das „Krankengeld“ bedeutet.

Auch hier habe ich zahlreiche Falschmeldungen gefunden, die letztlich auf eine Verwechslung zurückzuführen sind. Hier wurde dann für die Quarantäneentschädigung nach § 56 Abs. 1 Infektionsschutzgesetz fälschlicherweise der Begriff „Krankengeld“ gewählt.

Damit ist aber nicht das Krankengeld gemeint, welches Sie nach 6 Wochen, von der Krankenkasse bekommt, wenn der Entgeltfortzahlungsanspruch wegfällt. Da eine Quarantäne wohl auch nicht länger als 6 Wochen dauern wird, dürfte es bei dem Krankengeld wohl vorerst auch keine Probleme geben.

Sie sehen, viele benutzen einfach falsche Wörter die die Situation zusätzlich kompliziert machen.


Ein Satz zum Schluß:


Ich habe keinesfalls dazu aufgerufen, dass sich ungeimpfte Arbeitnehmer krank schreiben lassen sollen, wenn sie in Quarantäne kommen.

Selbstverständlich  werde ich als Anwältin eine Krankschreibung nur empfehlen, wenn Sie auch tatsächlich krank sind. 

Ich möchte mit meinen Beiträgen nur darüber informieren, dass hier ständig Begriffe vertauscht werden und welche Ansprüche ungeimpfte Arbeitnehmer haben können.

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Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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