Urheberrechtsverletzung durch Framing und Verlinken – EuGH kippt Linkfreiheit für gewerbliche Zwecke

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Die Nutzung des Internets ohne Hyperlinks (kurz Links) inklusive Framing ist nicht mehr vorstellbar. Mittels Links wird auf andere Inhalte (Internetseiten oder Dokumente) verwiesen; klickt man den Link an, gelangt man direkt auf den verlinkten Inhalt. Beim Framing werden digitale Inhalte (meist Videos oder Musik) verlinkt. Beim Framen wird der Inhalt direkt in der Website dargestellt. Es entsteht der Eindruck, der geframte Inhalt würde von der Website, die sich des Links bedient, gezeigt.

Links und Framing werden rechtlich gleich beurteilt, weshalb im Folgenden nur mehr von Links die Rede ist. Gleichfalls wird nicht zwischen dem eigentlichen Urheber und Inhaber von ausschließlichen Nutzungsrechten unterschieden.

Rechtsprechung bis September 2016: Verlinken erlaubt

Jahrelang ist man davon ausgegangen, dass Verlinken grundsätzlich zulässig sei. Auch wenn die verlinkten Inhalte ohne Zustimmung des Urhebers online gestellt wurden und somit urheberrechtswidrig sind. Mit anderen Worten: führt der Link zu einem (urheber)rechtswidrigen Inhalt, kann nicht gegen den Verlinkenden vorgegangen werden. Der Urheber musste immer gegen denjenigen vorgehen, der den verlinkten Content ins Internet gestellt hat – das Problem sprichwörtlich an der Wurzel packen. Der österreichische OGH erachtet auch Verlinkungsverbote als unwirksam.

Die generelle Zulässigkeit des Verlinkens wurde noch im Frühjahr 2016 von einem Generalanwalt des EuGH damit begründet, dass der Linksetzer keine eigene urheberrechtliche Nutzungshandlung an dem verlinkten Content vornimmt; in rund 80 % folgt der EuGH dem Generalanwalt. Der Link diene lediglich der leichteren Auffindung des Contents, ist quasi ein Wegweiser bzw. einem Transportmittel zum Content.

Neue Rechtsprechung: Links sind urheberrechtliche Nutzungshandlung

Im September 2016 kam dann die überraschende Wende des EuGH. Entgegen der oben bereits erwähnten Schlussanträge des Generalanwaltes bejahte der EuGH eine urheberrechtliche Nutzungshandlung durch die Setzung eines Links, wenn dies zu Erwerbszwecken erfolgte.

Konkret steht der EuGH auf dem Standpunkt, dass die Setzung eines Links dann eine urheberrechtlich relevante öffentliche Wiedergabe des verlinkten Contents darstellt, wenn

  • der Linksetzende wissen hätte müssen, dass der verlinkte Content ohne Zustimmung des Urhebers ins Internet gestellt wurde

oder

  • der Link dazu beiträgt, Beschränkungen (Paywalls, Werbung etc.) zu umgehen.

Laut EuGH kann von Leuten, die Links zu Erwerbszwecken bzw. in Gewinnerzielungsabsicht setzen, erwartet werden, nachzuprüfen und sich zu vergewissern, ob der Content mit Zustimmung des Urhebers online gestellt wurde. Soweit ersichtlich hat der EuGH erstmals auf Erwerbszwecke bzw. Gewinnerzielungsabsicht abgestellt. Aus der Entscheidung geht nicht hervor, ob der Link mit Gewinnerzielungsabsicht gesetzt werden muss oder ob Erwerbszwecke ausreichen. Soweit ersichtlich ist das LG Hamburg als erstes Gericht (im deutschsprachigen Raum) die strenge Rechtsprechung des EuGH übernommen und angewandt. Bei dieser Entscheidung waren keine Tendenzen erkennbar, die Rechtsprechung des EuGH – etwa durch eine Abwägung des durch das Grundrecht des Eigentums geschützten Urheberrechts mit dem Grundrecht der Meinungsäußerungs- und Informationsfreiheit – zu relativieren.

Berechtigte Kritik an EUGH-Urteil zu Verlinkungen

Das Urheberrecht ist kein gewerbliches Schutzrecht. Urheberrechtsverletzungen setzen somit kein Handeln im geschäftlichen Verkehr voraus, sodass auch „Privatpersonen“ Urheberrechtsverletzungen begehen können. Bereits aus diesem Grunde ist ein Abstellen auf Erwerbszwecke bzw. Gewinnerzielungsabsicht verfehlt. Zudem ist dem Urheberrecht ein gutgläubiger Erwerb fremd – der Nutzer muss in jedem Fall über eine sogenannte Titelkette, also die Zustimmung zurück bis zum Urheber, verfügen.

Die Entscheidung, insbesondere das Abstellen auf Erwerbszwecke bzw. Gewinnerzielungsabsicht, wurde heftig kritisiert – meines Erachtens zu Recht.

  • Somit erweist sich die „Zweiteilung“ in gewerbliche und private Linksetzer als systemwidrig.

Lediglich hinsichtlich Schadenersatzansprüche ist Verschulden erforderlich.

Interessant ist auch, dass er österreichische OGH das Verlinken als Kernelement des Internets bezeichnet, und es für ihn daher nur schwer vorstellbar war, dass der europäische Gesetzgeber die Rechtmäßigkeit der Verlinkung „von einer praktisch nicht realistischen Einholung einer Zustimmung des Berechtigten abhängig [zu] machen“.

Vielmehr war die bisherige Judikatur und die Beurteilung des Generalanwaltes zutreffend, dass ein Link keine urheberrechtliche Nutzungshandlung darstellt, wenn auf frei zugängliche Websites verlinkt wird. Kommerzielle Linksetzung = urheberrechtliche Prüfung nun notwendig! In allen anderen Fällen verlangt der EuGH, dass der Verlinkende nachprüft, ob der Content unbefugt ins Internet gestellt wurde. Obwohl es der EuGH offengelassen hat, ist zu vermuten, dass eine Rückfrage beim Betreiber des verlinkten Inhalts nicht ausreicht, sondern immer direkt beim Urheber nachgefragt werden muss – für den OGH, wie gesagt, praktisch nicht realistisch.

Nichtsdestotrotz muss man sich auf die neue Situation einstellen. Wird der Link beruflich (also zu Erwerbszwecken) gesetzt, ist ein Link nur mehr dann zulässig, wenn man sicher sein kann, dass der Inhalt mit Zustimmung des Urhebers ins Internet gestellt wurde. Dies ist wohl nur bei offiziellen Seiten des jeweiligen Urhebers der Fall. Auch in diesem Fall dürfen durch den Link Zugangsbeschränkungen oder Werbeeinschaltungen nicht umgangen werden!

  • Achtung: Die neue Rechtsprechung gilt nicht nur für „eigentliche“ Links und geframte Inhalte, sie ist auch auf Thumbnails (Vorschaubilder) und für geteilte Inhalte in sozialen Netzwerken (z.B.: geteilte Facebook-Beiträge, Twitter-Tweets etc.).

Haften auch Privatpersonen für Links?

Allerdings ist zu befürchten, dass die Rechtsprechung die Maßstäbe, wann eine Privatperson dies erkennen hätte müssen, streng beurteilt. Ist der Inhalt auf offiziellen Seiten nur kostenpflichtig oder mit sonstigen Zugangsbeschränkungen erhältlich, auf anderen Seiten jedoch gratis oder ohne Zugangsbeschränkungen, hätte eine Privatperson wohl erkennen müssen, dass dies ohne Zustimmung des Urhebers erfolgte. Dies ist gerade dann, wenn Beiträge in sozialen Netzwerken Links enthalten fast unmöglich zu überprüfen.

Für Private hat sich auf den ersten Blick nichts geändert. Dennoch ist auch bei privat gesetzten Links Vorsicht geboten. Laut dem Urteil des EuGH haften auch Privatpersonen, wenn sie hätten wissen müssen, dass der Inhalt unbefugt im Internet veröffentlich wurde. Es ist noch völlig offen, wann dies der Fall ist.

Fazit: Egal ob kommerzielle oder private Linksetzung: Künftig lieber weniger, dafür urheberrechtlich unbedenkliche Links verwenden.



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