Urkundenfälschung – was ist eine Urkunde?

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Urkundenfälschung – vom Abschlusszeugnis zum Bierdeckel

Der § 267 StGB stellt die Urkundenfälschung unter Strafe. Genauer gesagt macht sich strafbar, wer zur Täuschung im Rechtsverkehr eine unechte Urkunde herstellt, eine echte Urkunde verfälscht oder eine unechte oder gefälschte Urkunde gebraucht. Ganz schön verwirrend. Wann ist eine Urkunde echt und wann unecht? Und was ist überhaupt eine Urkunde im Rechtssinn? Die Rechtsprechung hat den Begriff der Urkunde soweit verbogen, dass er für den Laien kaum greifbar ist. Viel zu weit hat er sich vom alltäglichen Sprachgebrauch entfernt. Laut Duden handelt es sich bei einer Urkunde um ein amtliches Schriftstück, durch das etwas beglaubigt oder bestätigt wird. Diese Definition reicht aber nicht an die umfangreiche Judikatur heran. Ich möchte versuchen, Ihnen in diesem Artikel den Begriff der Urkunde möglichst anschaulich zu erläutern. Sollten Sie noch weitere Fragen haben, beantworte ich Ihnen diese gern direkt per WhatsApp.


Definition der Urkunde

Für die Definition hat sich in der Judikatur ein dreigliedriger Urkundenbegriff durchgesetzt. Demnach handelt es sich bei einer Urkunde um eine durch Augenschein wahrnehmbare und für eine gewisse Dauer verkörperte Erklärung (Perpetuierungsfunktion), die ihren Aussteller als Garanten erkennen lässt (Garantenfunktion) und zum Beweis im Rechtsverkehr geeignet und bestimmt ist (Beweisfunktion). Nach dieser Definition müssen wir uns bereits vom Schriftformerfordernis verabschieden. Beispielsweise kann es sich auch bei bildhaften Siegeln, die ihren Erklärungswert erst durch die Verbindung zu einem weiteren Bezugsobjekt erhalten, um Urkunden handeln. Dies ist jedoch noch alles sehr theoretisch. Prüfen wir diese Definition also anhand einiger Beispiele. 


Der Bierdeckel als Urkunde

Verweilt ein Kunde für eine längere Zeit in einer Kneipe, wird oft auf Bierdeckeln mittels Strichen vom Wirt dokumentiert, wie viele Biere der Gast bereits konsumiert hat. Ein mit Strichen versehener Bierdeckel ist nun allerdings nicht das, was man sich typischer Weise unter einer Urkunde vorstellt. Doch schaut man genau hin, enthält der Bierdeckel die Erklärung, dass der Gast eine bestimmte Menge an Bier konsumiert hat und diese auch bezahlen muss. Der Aussteller ist hierbei der Wirt, der Eigentum am Bierdeckel hat. Probleme könnten sich nur ergeben, wenn der Bierdeckel nicht den Namen des Gastes enthält. Hier ist der Erklärungsinhalt aus sich heraus nicht verständlich, sondern wird erst durch den Bezug zum Gast klar. Hier spricht man von einer sogenannten zusammengesetzten Urkunde. Dazu benötigt es jedoch eine feste Verbindung zum Bezugsobjekt. Ist der Bierdeckel also nicht mit dem Namen des Gastes versehen, müsste man für das Vorliegen einer Urkunde fordern, dass der Bierdeckel am Tisch angeklebt und der Gast mittels einer Kette ebenfalls am Tisch fixiert ist. Dies ist natürlich unwahrscheinlich, weshalb man in diesem Fall nicht von einer zusammengesetzten Urkunde sprechen kann. 


Weitere Beispiele

Anhand des Bierdeckelbeispiels bekommt man ein Gefühl dafür, Dinge, die nicht dem klassischen Verständnis einer Urkunde entsprechen, unter den strafrechtlichen Urkundenbegriff zu subsumieren. Wenn wir uns Definition und Beispiel vor Augen führen, erkennen wir, was im Alltag alles eine Urkunde darstellen kann. Angefangen bei klassischen Urkunden wie Abschlusszeugnissen und Testamenten, stellen wir fest, dass ebenso das Nummernschild am Kfz, das Preisschild am Pullover oder gar ein am Boden verankertes Verkehrsschild als Urkunde gesehen werden kann. 


Bundesweiter Ansprechpartner im Urkundenstrafrecht

Nach diesem kleinen Einblick merken wir, dass das Urkundenstrafrecht voll von juristischen Termini ist, die mitunter weit von der Alltagssprache abweichen. Was eine Urkunde ist und was nicht, muss oft in Einzelfällen geklärt werden. So kommt es bei der zusammengesetzten Urkunde darauf an, wie fest die Erklärung mit dem Bezugsobjekt verbunden ist. Eine Differenzierung kann in der Praxis zu Problemen führen. Auch die zu Beginn angesprochenen Begriffe der echten und unechten Urkunde stellen Richter immer wieder vor Herausforderungen. Urkundenfälschung kann eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf, in schweren Fällen bis zu zehn Jahren nach sich ziehen. Wichtig ist daher, sich beim Vorwurf der Urkundenfälschung einem qualifizierten Rechtsanwalt anzuvertrauen. Ich bin mit der neusten Rechtsprechung im Urkundenstrafrecht vertraut und stehe gern für Beratungen, sowie rechtliche Vertretungen zur Verfügung.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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