US-Börsenaufsicht: Whistleblower-Programm erlassen

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Die US-Börsenaufsichtsbehörde (SEC) hat am 25. Mai 2011 Regelungen zur Schaffung eines Whistleblower-Programms erlassen, das natürliche Personen belohnt, die der Behörde sachgemäße Hinweise geben, die zu erfolgreichen Vollstreckungsmaßnahmen führen.

Das neue, auf der Grundlage von § 922 des Dodd-Frank Gesetzes umgesetzte Whistleblower-Programm der SEC beabsichtigt vorranging, natürliche Personen zu belohnen, die frühzeitig handeln, um Verstöße offen zu legen und die bedeutende Beweise liefern, die der SEC dabei helfen, erfolgreiche Verfahren zu führen.

Um für eine Belohnung in Frage zu kommen, setzen die Regelungen der SEC voraus, dass ein Informant („Whistleblower") der SEC freiwillig originäre Informationen liefert, die zu einer erfolgreichen Durchsetzung eines Verfahrens vor einem Bundesgericht oder eines behördlichen Verfahrens durch die SEC führen, in dem die SEC Geldstrafen von insgesamt mehr als $ 1 Mio. erhält.

Für eine Behörde, die wie die SEC über begrenzte Ressourcen verfügt, ist die Fähigkeit entscheidend, die Ressourcen von Personen wirksam einzusetzen, die über Informationen aus erster Hand zu Verstößen gegen die Wertpapiergesetze verfügen", erläutert die SEC-Vorsitzende Mary L. Schapiro. „Obgleich die SEC in der Vergangenheit eine große Anzahl von Hinweisen und Beschwerden erhalten hat, hat sich die Sachdienlichkeit der Hinweise, die wir erhalten, seit Inkrafttreten des Dodd-Frank Gesetzes verbessert. Wir gehen davon aus, dass diese Entwicklung weitergeht, und diese endgültigen Regelungen enthalten vereinfachte und transparente Verfahren für Whistleblower, um uns wichtige Informationen zukommen zu lassen."

Die Regelungen der SEC treten 60 Tage nach ihrer Vorlage zum Kongress oder ihrer Veröffentlichung im US-Bundesanzeiger in Kraft.

§ 922 des Dodd-Frank Gesetzes zur Reform der Wall Street und zum Verbraucherschutz ermächtigt die SEC, natürliche Personen zu belohnen, die der Kommission originäre Informationen liefern, die zu erfolgreichen Vollstreckungsmaßnahmen der SEC und bestimmten damit zusammen hängenden Handlungen führen.

Mit Erlass des Dodd-Frank-Gesetzes hat der Kongress die Befugnisse der Behörde zur Belohnung natürlicher Personen, die der SEC Informationen über Verstöße gegen die Bundeswertpapiergesetze liefern, wesentlich erweitert. Vor Erlass des Gesetzes war das Belohnungsprogramm der Behörde beschränkt auf Fälle von Insiderhandel, und die Summe einer Belohnung war auf 10 Prozent der in dem Verfahren eingenommenen Geldstrafen beschränkt.

Voraussetzungen nach den Regelungen

Die finalen Regelungen definieren einen Whistleblower als eine Person, die der SEC Informationen über einen möglichen Verstoß gegen Wertpapiergesetze liefert, der bereits erfolgt ist, gegenwärtig erfolgt oder in naher Zukunft erfolgen wird. Um für eine Belohnung in Frage zu kommen, erfordern die Regularien, dass der Whistleblower folgende Voraussetzungen erfüllen muss:

Der SEC freiwillig liefern...

Im Allgemeinen gilt eine Information als vom Whistleblower freiwillig geliefert, wenn er die Information liefert, bevor die Regierung, eine berufsständische Körperschaft oder das Public Company Accounting Oversight Board (eine durch den Sarbanes-Oxley Act errichtete unabhängige Aufsichtsbehörde) den Whistleblower oder seinen Vertreter direkt danach fragt.

... originäre Informationen...

originäre Informationen müssen auf der unabhängigen Kenntnis oder unabhängigen Untersuchung des Whistleblowers beruhen und dürfen der Kommission nicht bereits bekannt oder ausschließlich aus öffentlichen Quellen abgeleitet sein.

...die zu einer erfolgreichen Durchsetzung eines Verfahrens vor einem Bundesgericht oder eines behördlichen Verfahrens durch die SEC führen...

Es kann vermutet werden, dass Informationen eines Whistleblowers zu einer erfolgreichen Vollstreckungsmaßnahme geführt haben, wenn:

1. die Informationen hinreichend genau, glaubhaft und rechtzeitig sind, um die Kommission zu veranlassen, eine neue Untersuchung oder Ermittlung zu eröffnen, eine abgeschlossene Ermittlung wiederaufzunehmen oder in einer laufenden Untersuchung oder Ermittlung einen neuen Gesichtspunkt zu verfolgen.

2. das Verhalten zur Zeit der Informationsübergabe bereits Gegenstand einer Ermittlung war, und die Information wesentlich zum Erfolg des Verfahrens beitrug.

3. der Whistleblower meldet originäre Informationen gemäß der internen Whistleblower-, rechtlichen oder Compliance-Verfahren seines/ihres Arbeitgebers, und zwar bevor oder zur selben Zeit wie diese Information der Kommission mitgeteilt wird; der Arbeitgeber meldet die Informationen des Whistleblowers (sowie jede danach entdeckte weitere Information) der Kommission; und der Bericht des Arbeitgebers erfüllt die Voraussetzungen gemäß vorstehender Ziffern 1. oder 2.

...in dem die SEC Geldstrafen von insgesamt mehr als $ 1 Mio. erhält.

Die Regelungen erlauben eine Zusammenzählung mehrerer Kommissionsfälle, die aus einem gemeinsamen Sachverhaltskern als einheitliches Verfahren geführt werden. Hierzu zählen etwa Verfahren unter Einbezug derselben oder ähnlicher Parteien, Tatsachenbehauptungen, angeblicher Verstößen gegen die Bundeswertpapiergesetze oder Transaktionen oder Ereignissen.

Die endgültigen Regelungen definieren und erläutern diese Voraussetzungen näher.

Zentrale Konzepte - Vermeidung nicht gewünschter Konsequenzen:

Bestimmte Personen werden grundsätzlich nicht für Whistleblowerbelohnungen nach den endgültigen Regelungen berücksichtigt:

Hierzu zählen:

  • Personen, die eine bestehende gesetzliche oder vertragliche Pflicht haben, ihre Information der Kommission mitzuteilen.
  • Rechtsanwälte (einschließlich Syndikusanwälte), die versuchen, aus Mandantenaufträgen erlangte Informationen dazu zu nutzen, selbst Whistleblowerbelohnungsansprüche geltend zu machen (soweit nicht die Mitteilung der Informationen nach den SEC-Regelungen oder dem einzelstaatlichen Berufsrecht zulässig ist).
  • Personen, die die Information durch Mittel oder auf eine Art und Weise erlangen, die durch ein Gericht der USA als gegen ein Bundes- oder einzelstaatliches Gesetz verstoßend angesehen wird.
  • Beamte eines fremden Staates.
  • Vorstandsmitglieder, Geschäftsführer, Treuhänder oder Gesellschafter einer juristischen Person, die von einer anderen Person (wie etwa einem Arbeitnehmer) über angebliches Fehlverhalten informiert werden, oder die von dieser Information aufgrund eines Verfahrens dieser juristischen Person zur Identifizierung, Meldung und Adressierung möglicher Rechtsverstöße (etwa durch eine Firmen-Hotline) erfahren.
  • Mitarbeiter der Compliance-Abteilung und der internen Revisionsabteilung.
  • Wirtschaftsprüfer, die SEC-Aufträge bearbeiten, wenn die Information sich auf Verstöße des betreffenden Auftragsmandanten bezieht.

Unter bestimmten Voraussetzungen jedoch können Mitarbeiter der Compliance- und der internen Revisionsabteilungen ebenso wie Wirtschaftsprüfer Whistleblower werden, wenn:

  • der Whistleblower der Ansicht ist, dass ein Offenlegen eine wesentliche Schädigung der finanziellen Interessen oder des Eigentums der Gesellschaft oder der Anleger abwenden kann.
  • der Whistleblower der Ansicht ist, dass die Gesellschaft sich auf eine Weise verhält, die eine Ermittlung behindern wird.
  • mindestens 120 Tage verstrichen sind, seitdem der Whistleblower die Information seinem oder ihrem Vorgesetzten oder dem Prüfungsausschuss, Leiter der Rechtsabteilung oder Leiter der Compliance-Abteilung der Gesellschaft gemeldet hat, oder wenn mindestens 120 Tage verstrichen sind, seit der Whistleblower die Information erhalten hat, wenn der Whistleblower sie unter Umständen erhalten hat, die darauf schließen lassen, dass diese Personen bereits über die Information verfügen.

Bestimmte andere Personen - wie etwa Angestellte bestimmter Behörden oder Menschen, die aufgrund des fraglichen Sachverhalts strafrechtlich verurteilt werden - sind bereits nach dem Dodd-Frank-Gesetz ausgeschlossen.

Gemäß den endgültigen Regelungen wird die Kommission also schuldigen Whistleblowern keine Belohnungen bezahlen, die auf einem der folgenden basieren:

  • Die Geldstrafen, die solche schuldigen Whistleblower selbst in dem anschließenden SEC-Verfahren zahlen müssen.
  • Die Geldstrafen, die von Gesellschaften gezahlt werden, deren Haftung im Wesentlichen auf einem Sachverhalt beruht, dass der Whistleblower inszeniert, geplant oder veranlasst hat.

Der Zweck dieser Bestimmung ist es, Rechtsbrüchige davon abzuhalten, im Ergebnis dadurch Vorteile zu erlangen, dass sie sich selbst anzeigen.

Lieferung von Informationen an die Kommission und Ersuchen um eine Belohnung:

ie Regelungen legen auch Verfahren zur Vorlage von Informationen bei der SEC und zur Erhebung eines Anspruchs auf eine Belohnung nach Durchführung eines Verfahrens fest. Die Anspruchsverfahren geben Whistleblowern Gelegenheit, ihren Anspruch angemessen zu schildern, bevor die Kommission eine endgültige Entscheidung über die Belohnung trifft.

Nach den endgültigen Regelungen wird die SEC ferner eine Belohnung zahlen, die auf den Beträgen beruht, die in zusammen hängenden, von bestimmten Behörden angestrengten Verfahren, die auf derselben originären Information basieren, die auch zu einem erfolgreichen SEC-Verfahren geführt hat, eingetrieben wurden.

Zur Klarstellung des Schutzes vor Vergeltungsmaßnahmen:

Gemäß der Regelungen ist ein Whistleblower, der der Kommission Informationen liefert, vor Vergeltungsmaßnahmen am Arbeitsplatz geschützt, wenn der Whistleblower begründeter Weise davon ausgeht, dass die von ihm oder ihr gelieferte Information mit einer möglichen Verletzung von Wertpapiergesetzen zu tun hat, die bereits erfolgt ist, gegenwärtig erfolgt oder in naher Zukunft erfolgen wird. Ferner ist es nach den Regelungen für jedermann rechtswidrig, die Bemühungen eines Whistleblower, mit der Kommission zu kommunizieren, zu stören; dies umfasst Drohungen, eine Vertraulichkeitsvereinbarung durchzusetzen.

Unterstützung interner Compliance-Programme:

Die endgültigen Regelungen erfordern nicht, dass Arbeitnehmer-Whistleblower Verstöße intern melden, um für eine Belohnung in Frage zu kommen. Die Regelungen stärken jedoch die Anreize, die vorgeschlagen wurden, und fügen einige zusätzliche Anreize hinzu, um Arbeitnehmer dazu zu ermutigen, die internen Compliance-Programme ihrer Firmen zu nutzen, wenn dies angemessen ist.

Beispielsweise sehen die Regelungen vor, dass:

  • ein Whistleblower für eine Belohnung in Frage kommt, wenn der Whistleblower intern seine Informationen weitergibt und die Gesellschaft die SEC über die Verstöße unterrichtet;
  • ein Arbeitnehmer von dem Tag an als Whistleblower nach dem SEC-Programm behandelt wird, an dem er die Information intern weitergibt - vorausgesetzt, der Arbeitnehmer liefert dieselbe Information innerhalb von 120 Tagen an die SEC. Durch diese Bestimmung können Arbeitnehmer ihre Information zunächst intern weitergeben, ohne ihre „Rangstelle" für eine mögliche Belohnung durch die SEC zu verlieren.
  • eine freiwillige Beteiligung des Whistleblowers an dem internen Compliance- und Berichtssystem einer Gesellschaft ein Faktor ist, der den Betrag einer Belohnung erhöhen kann, und dass die Störung interner Compliance- und Berichtssysteme durch den Whistleblower ein Faktor ist, der zu einer Verringerung des Betrags einer Belohnung führen kann.

Sonstige kürzlich ergriffene Maßnahmen

Amt für Whistleblower (Office of the Whistleblower): Neben den Regelungen zu Whistleblowern rief das Dodd-Frank Gesetz die SEC zur Schaffung eines Amtes für Whistleblower (Office of the Whistleblower) auf. Dieses Amt, dem nunmehr Sean McKessy vorsteht, arbeitet mit Whistleblowern, bearbeitet ihre Hinweise und Beschwerden und unterstützt die Kommission bei der Festlegung der Belohnungen für jeden Whistleblower. Die erste Ausstattung des Amtes mit Personal ist erfolgt und der Anlegerschutzfonds (Investor Protection Fund), aus dem Belohnungen an in Frage kommende Whistleblower bezahlt werden, ist vollständig mit dem vorgesehenen Kapital ausgestattet.

(Quelle: http://www.sec.gov/news/press/2011/2011-116.htm)


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