Verjährung von Werklohnansprüchen im Baurecht!

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Zunächst muss man klar danach unterscheiden, um welchen Anspruch es sich handelt. Da wird vielfach etwas verwechselt. Man muss klar differenzieren zwischen der Verjährung von Werklohnansprüchen und die Verjährung von Mängelansprüchen, die weit später verjähren. Das ist meistens nach 4 oder 5 Jahren der Fall, abhängig davon, was vereinbart ist. Darüber hinaus sind Mängelansprüche die eigenen Ansprüche des Auftraggebers. Dagegen geht es bei der Verjährung von Werklohnansprüchen um eigene Ansprüche des Handwerkers. 


Die Frage ist immer, wie lange kann der Handwerker seinen Werklohnanspruch durchsetzen. Dies ergibt sich aus § 195 BGB, unabhängig davon, ob der Werklohnanspruch aus einem BGB-Vertrag oder aus einem VOB-Vertrag resultiert. Die Regelverjährung beträgt 3 Jahre. Diese Vorschrift ist eine Generalvorschrift für alle Forderungen, also auch den Forderungen aus Bauvertrag. In der Vorschrift des § 199 BGB ist geregelt, dass die regelmäßige Verjährungsfrist immer zum Schluss des Jahres beginnt, in dem der Anspruch entstanden ist. Mithin kann die Berechnung des Verjährungseintritts ohne Schwierigkeiten vorgenommen werden. Gehen wir davon aus, dass der Werklohnanspruch im Jahre 2023 entstanden ist, also eine Schlussrechnung im April 2023 gestellt wird, so beginnt die Verjährung nicht am Tag der Stellung der Schlussrechnung, sondern immer erst zum Ende des Jahres. Stichtag ist daher immer der 31.12. des Jahres. Mithin ist es egal, in welchem Monat des Jahres die Schlussrechnung gestellt wurde. Wenn wir bei unserem Beispiel bleiben, so läuft die Verjährungsfrist bis zum 31.12.2026. Am 01.01.2027 ist der Werklohnanspruch dann verjährt. Wenn man zurückdenkt, welche Werklohnansprüche im Jahr 2023 verjährt sind, so muss zurückgerechnet werden. Alle Ansprüche aus dem Jahr 2019 sind am 01.01.2023 verjährt. Achtung: Zum 01.01.2024 sind alle Ansprüche aus dem Jahr 2020 verjährt. Also können alle Ansprüche aus dem Jahr 2020 im Jahr 2023 noch geltend gemacht werden. Manchmal ist es hilfreich, seine offene Postenliste einmal zur Hand zu nehmen und zu schauen, welche Ansprüche bereits verjährt sind und welche Ansprüche noch geltend gemacht werden können. Bei Verjährung von Ansprüchen hilft nur das Ausbuchen.


Zur Verjährung muss man wissen, dass die Verjährung nicht automatisch erfolgt, sondern dass sich die Gegenseite ausdrücklich auf Verjährung berufen muss. Das wird sie jedoch auf jeden Fall machen, insbesondere, wenn die Gegenseite anwaltlich beraten ist.


Die weitere Frage, die sich im Zusammenhang stellt, ist, wann der Anspruch denn überhaupt entstanden ist. Ein Anspruch verjährt nur, wenn er auch entstanden ist. Der Werklohnanspruch entsteht mit Abnahme und Stellung der prüffähigen Schlussrechnung. Beide Voraussetzungen müssen sowohl nach BGB-Bauvertragsrecht als auch nach VOB/B-Vertragsrecht vorliegen, damit die Schlusszahlung fällig wird. Angenommen, die Abnahme erfolgt Mitte Dezember 2023 und die Schlussrechnung wird erst im Januar 2024 gestellt, so hat der Auftragnehmer die Verjährung um 1 Jahr hinausgeschoben, da die Verjährungsfrist nicht zum 31.12.2023 beginnt, sondern am 31.12.2024, da beide Voraussetzungen kumulativ erst im Jahre 2024 vorlagen.


Weiter sollte man als Handwerker auch an andere eigene Forderungen denken, insbesondere die Forderung auf Rückzahlung des Sicherheitseinbehalts. Bei einem VOB-Vertrag kommt es häufig vor, dass der Auftraggeber eine Sicherheit für die Vertragserfüllung und den Gewährleistungszeitsraum verlangt. Für den Gewährleistungszeitsraum, also den Zeitraum nach Abnahme kann der Auftraggeber einen 5%-prozentigen Einbehalt vom Schlussrechnungsbetrag vornehmen, wenn der Auftragnehmer keine Bürgschaft stellt. Es gibt viele Handwerker, die keine Bürgschaften stellen und dann der Sicherheitseinbehalt bei dem Auftraggeber verbleibt. Hier muss der Handwerker aufpassen und auch die Fristen unbedingt notieren, um den Sicherheitseinbehalt rechtzeitig geltend zu machen. Denn wenn man keine Bürgschaft stellt und bei zahlreichen Auftraggebern über Jahre den Sicherheitseinbehalt ausstehen hat, so kommt eine hübsche Summe zusammen, die an Liquidität fehlt. Meistens wird vergessen, diese Beträge geltend zu machen. Hierbei muss man ganz genau im Blick haben, wann dieser Rückzahlungsanspruch verjährt. Hier ein wichtiger Hinweis, da viele die Vorschrift aus der VOB/B nicht kennen. Diese Vorschrift steht versteckt in § 18 Abs. 2 Satz 1 VOB/B. Dort ist geregelt, dass der Auftraggeber eine nicht verwertete Sicherheit für Mängelansprüche nach Ablauf von zwei Jahren zurückzugeben hat, sofern kein anderer Rückgabezeitpunkt vereinbart worden ist. Das bedeutet, dass man als Auftragnehmer jederzeit nach Ablauf von zwei Jahren eine Sicherheit, die gestellt wurde, sei es eine Bürgschaft oder ein Sicherheitseinbehalt zurückverlangen kann. Dabei kommt es nicht darauf an, dass ein längerer Gewährleistungszeitsraum vereinbart ist. Das wissen viele Auftraggeber auch nicht. Deshalb muss man ausdrücklich darauf hinweisen. Eine Ausnahme gilt, wenn in dem Vertrag ausdrücklich geregelt ist, dass die Sicherheit erst nach Ablauf des Gewährleistungszeitsraums zurückgefordert werden kann. Dies wird aber nur dann vereinbart, wenn der Auftraggeber anwaltlich vertreten ist oder seine Erfahrung mit dieser Vorschrift bereits gesammelt hat. In den meisten Fällen kennt der Auftraggeber selbst die Vorschrift nicht, sodass die Sicherheit, also der Sicherheitseinbehalt oder eine Bürgschaft bereits nach zwei Jahren zurückverlangt werden kann. Das bedeutet, dass der Anspruch auf Rückforderung der Sicherheit bereits nach zwei Jahren ab Abnahmezeitpunkt geltend gemacht werden kann und damit entstanden ist. Wie oben beschrieben beträgt die regelmäßige Verjährung 3 Jahre nach § 195 BGB und beginnt nach § 199 BGB zum Schluss des Jahres, also zum 31.12. des Jahres. Dies gilt auch für die Rückforderung eines Sicherheitseinbehalts. Deshalb kann es vorkommen, dass ein solcher Anspruch schon verjährt ist, wenn man ihn geltend macht. Wie kann das sein? Nehmen wir an, dass in einem VOB-Vertrag eine Gewährleistungszeit von fünf Jahren vereinbart ist. Der Auftragnehmer verpasst, den Sicherheitseinbehalt nach zwei Jahren zurückzufordern. Erst nach mehr als fünf Jahren geht er hin und verlangt die Rückzahlung des Sicherheitseinbehalts. Dann dürfte es meistens schon zu spät sein, da der Anspruch auf Rückforderung des Sicherheitseinbehalts 2 Jahre nach Abnahme entstanden ist. Der Verjährungsbeginn war damit in dem Jahr, in dem der Anspruch auf Rückforderung entstanden ist und zwar am 31.12 des Jahres. Wenn man dann als Handwerker abwartet oder sich vertrösten lässt und erst im 6. Jahr nach Abnahme tätig wird, so ist die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren abgelaufen, sodass der Rückzahlungsanspruch auf Sicherheitseinbehalt verjährt ist. Deshalb sollte man als Handwerker die Vorschrift des § 17 Abs. 8 Nr. 2 VOB/B auf dem Schirm haben. 


Letztlich soll nicht unerwähnt bleiben, dass viele Handwerker meinen, dass sie die Verjährung durch Mahnschreiben unterbrechen können. Das ist nicht der Fall! Eine bloße Mahnung unterbricht weder die Verjährung bei einer Restwerklohnforderung noch bei der Rückforderung eines Sicherheitseinbehalts. Trotz dieser schriftlichen Aufforderung verjährt die Forderung. Vielmehr muss der Handwerker zur Sicherung seiner Forderung immer staatliche Maßnahmen einleiten, um die Verjährung zu verhindern. Das ergibt sich aus § 204 BGB. Die wichtigsten Maßnahmen zur Verjährungshemmung sind der Mahnbescheid und die Klage. Also muss man als Handwerker tätig werden, um den Eintritt der Verjährung zu hemmen. Dagegen führt Untätigkeit zur Verjährung.


Carsten Seeger


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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