Verkürzung des Genesenenstatus

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Die Entscheidung hat hohe Wellen geschlagen: 

Die Verkürzung des Genesenenstatus von sechs auf drei Monate kam überraschend und ohne Übergangsfrist. Allgemein wird die fehlende Kommunikation kritisiert. Die Neuregelung wirft allerdings auch rechtliche Fragen auf.

Änderung der COVID-19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmenverordnung (kurz: SchAusnahmV)

Hintergrund ist die Änderung des § 2 Nr. 5 SchAusnahmV.

Ein Genesenennachweis i.S.d. der alten Fassung ist:

 „(…) ein Nachweis hinsichtlich des Vorliegens einer vorherigen Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 in deutscher, englischer, französischer, italienischer oder spanischer Sprache in verkörperter oder digitaler Form, wenn die zugrundeliegende Testung durch eine Labordiagnostik mittels Nukleinsäurenachweis (PCR, PoC-PCR oder weitere Methoden der Nukleinsäureamplifikationstechnik) erfolgt ist und mindestens 28 Tage sowie maximal sechs Monate zurückliegt,

(…)“

Ein Genesenennachweis i.S.d. der aktuellen Fassung ist:

„(…) ein Nachweis hinsichtlich des Vorliegens eines durch vorherige Infektion erworbenen Immunschutzes gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 in deutscher, englischer, französischer, italienischer oder spanischer Sprache in verkörperter oder digitaler Form, wenn der Nachweis den vom Robert Koch-Institut im Internet unter der Adresse www.rki.de/covid-19-genesenennachweis unter Berücksichtigung des aktuellen Stands der medizinischen Wissenschaft veröffentlichten Vorgaben hinsichtlich folgender Kriterien entspricht:

a)

Art der Testung zum Nachweis der vorherigen Infektion,

b)

Zeit, die nach der Testung zum Nachweis der vorherigen Infektion vergangen sein muss, oder Nachweis zur Aufhebung der aufgrund der vorherigen Infektion erfolgten Absonderung,

c)

Zeit, die die Testung zum Nachweis der vorherigen Infektion höchstens zurückliegen darf,

(…)“

Verkürzt kann man sagen: 

In der alten Rechtsverordnung war der Genesenennachweis auf sechs Monate begrenzt, in der neuen wird hierzu keine Regelung getroffen. Die Rechtsverordnung verweist nunmehr auf eine Internetadresse des Robert-Koch-Instituts (oben im Fettdruck hervorgehoben).

Die Entscheidung über die Länge des Genesenenstatus wird also an diese Behörde delegiert.

Die Rechtsverordnung regelt selbst nicht mehr, welchen Vorgaben der Genesenennachweis genügen muss. Insbesondere wird nicht mehr – und anders als in der alten Fassung – die Geltungsdauer festgelegt.

Grundrechtliche Relevanz

Schon die Regelung des Genesenenstatus durch Rechtsverordnung begegnet einigen verfassungsrechtlichen Bedenken, namentlich im Hinblick auf die Wesentlichkeitstheorie.

Nun ist der Verordnungsgeber noch einen Schritt weitergegangen und lässt Voraussetzungen, Tragweite und insbesondere Länge des Genesenenstatus in der Rechtsverordnung ungeregelt.

Der Verordnungsgeber überlasst es einer dem Bundesgesundheitsministerium nachgeordneten Behörde (Robert-Koch-Institut), auf einer namentlich genannten www-Adresse diese Regelungen zu treffen.

Nun ist die Gruppe der Genesenen neben der Gruppe der Geimpften eine der gesellschaftlichen Großgruppen, die bei voranschreitender Durchseuchung weiter anwächst.

Stand 08.02.2022 gab es in Deutschland 2.911.100 Coronavirus-Infizierte und 118.943 Neuinfektionen.

Die betroffene Gruppe umfasst also mehrere Millionen Menschen.

Bekanntermaßen knüpfen an den Status geimpft oder genesen zahlreiche Einschränkungen des täglichen Lebens an.

Um nur einige zu nennen:

- Testpflicht am Arbeitsplatz für ungeimpfte/nicht genesene Personen, vgl. § 28b Abs.1 IfSG

- Testerleichterung für geimpfte und genesene Personen, vgl. § 28b Abs.2 IfSG

- Testpflicht im ÖPNV für ungeimpfte/nicht genesene Personen, vgl. § 28b Abs.5 IfSG

In den Rechtsverordnungen der Bundesländer sind weitere Einschränkungen vorgesehen.

Rechtliche Zweifel bestehen

Diese Art von Grundrechtseingriff mittels einer Verweisung auf eine Website ist juristisch gesehen gewagt. Die Website an sich ist jederzeit veränderbar, deshalb wird auch von einer dynamischen Verweisung gesprochen. Bundesgesetzgeber und auch Bundesregierung/Bundesgesundheitsministerium geben es damit aus der Hand, die Länge des Genesenenstatus selbst zu regeln.

Wie bereits ausgeführt, wäre eine Regelung in Form eines Bundesgesetzes, d.h. im IfSG, wünschenswert. Dies hätte kommunikative Vorteile, da durch die vorgesehenen Lesungen im Bundestag eine breite öffentliche Debatte ermöglicht würde. Überraschende Entscheidungen wie jetzt hier beim Genesenenstatus werden dadurch verhindert.

Rechtliche Schritte für den Einzelnen 

Betroffene können nunmehr die Verwaltungsgerichte anrufen. Das Verwaltungsgericht Osnabrück hat in einem Eilverfahren (noch nicht rechtskräftig) angeordnet, dass der Genesenenstatus auf sechs Monate zu verlängern ist, vgl.

https://www.verwaltungsgericht-osnabrueck.niedersachsen.de/aktuelles/pressemitteilungen/verwaltungsgericht-osnabruck-halt-verkurzung-des-genesenenstatus-auf-90-tage-fur-verfassungswidrig-208324.html

Das Gericht hält die Regelung ebenfalls für verfassungswidrig. 

Betroffene können die Verlängerung des Genesenenstatus auf sechs Monate nun bei anderen Verwaltungsgerichten beantragen.

Wer sich für einen solchen Antrag interessiert, kann sich gerne bei der Rechtsanwaltskanzlei Robert Nebel, M.A., melden. Die Kosten sind - gerade in Eilverfahren - überschaubar.

Robert Nebel, M.A.

Rechtsanwalt

Licenciado en Derecho


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