Veröffentlicht von:

Vollstreckungsklausel auf dem Tabellenauszug (BGH IX ZB 46/18)

  • 4 Minuten Lesezeit

Ein immer wieder aktuelles und doch unterschätztes Thema ist die Vollstreckungsklausel. Der Bundesgerichtshof hat sich im vergangenen Jahr in zwei interessanten Entscheidungen mit dieser Thematik  erneut befasst.

Gemäß § 750 ZPO bedarf es für die Vollstreckung in das Vermögen eines Schuldners

  • eines Titels,
  • einer Klausel und
  • der Zustellung der Klausel.

In einem Beschluss vom 18.6.2020 Az. IX ZB 46/18 hat der Bundesgerichtshof folgendes entschieden:

 

Widerspricht der Schuldner lediglich dem Rechtsgrund einer Forderung als vorsätzlich begangene unerlaubte Handlung, ist dem Gläubiger auch nach Erteilung der Restschuldbefreiung aus der Eintragung der Forderung in der Tabelle eine vollstreckbare Ausfertigung zu erteilen.

 

Was war passiert:

In einem Insolvenzverfahren hat ein Gläubiger seine Forderung angemeldet. Die Anmeldung erfolgte mit dem Antrag der Qualifizierung der Forderung als solche aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung. Das Ziel des Gläubigers war, die Rechtsfolgen des Insolvenzverfahrens, hier der Restschuldbefreiung, für seine Forderung auszuschließen. Forderungen gemäß § 302 Nr.1 InsO fallen nicht unter die Restschuldbefreiung, können mithin auch noch nach Abschluss des Insolvenzverfahrens gegen den Schuldner vollstreckt werden. Der Schuldner hatte dieser Anmeldung widersprochen. Ein vollstreckbarer Titel mit dieser Qualifizierung lag für den anmeldenden Gläubiger nicht vor. Nun hat der Gläubiger einen vollstreckbaren Tabellenauszug zur Vollstreckung beantragt. Der zuständige Rechtspfleger hat diesem Antrag widersprochen. Hierzu gelten nachfolgende Erwägungen:

  • Im Insolvenzverfahren erfolgt die Durchsetzung der Forderung durch die Anmeldung derselben gem. § 174 Abs.1 InsO. Diese Forderung wird gem. § 178 Abs.1 InsO in der Tabelle festgestellt, sofern nicht durch den Schuldner  Widerspruch gegen diese Forderung erhoben wird. Die Eintragung der Forderung in die Tabelle wirkt gegenüber dem Insolvenzverwalter und allen Insolvenzgläubigern gem. § 178 Abs. 3 InsO wie ein rechtskräftiges Urteil. Aus diesem Tabellenauszug kann nach Abschluss des Insolvenzverfahrens der Gläubiger eine vollstreckbare Ausfertigung beantragen und hieraus vollstrecken.

 

  • Sofern ein Schuldner gegen die Anmeldung der Forderung Widerspruch einlegt, gelten zwei Grundsätze:
  • Ist die Forderung nicht tituliert (Vollstreckungsbescheid, Urteil o.ä.), muss der Gläubiger Feststellungsklage erheben.
  • Ist die Forderung tituliert, muss der Schuldner Feststellungsklage erheben, sollte der Gläubiger die Anmeldung nicht zurücknehmen.

 

  • Ist die Restschuldbefreiung erteilt, kann die zur Tabelle festgestellte Forderung nicht mehr durchgesetzt werden. Ausgenommen hiervon sind gem. § 302 Nr. 1 InsO Forderungen, die als solche aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung wirksam zur Tabelle festgestellt worden sind.

 

 Bereits am 3.4.2014 hatte der BGH wie folgt entschieden

„Widerspricht der Schuldner lediglich dem Rechtsgrund einer Forderung als vorsätzliche unerlaubte Handlung, ist dem Gläubiger auch nach Erteilung der Restschuldbefreiung aus der Eintragung der Forderung in der Tabelle eine vollstreckbare Ausfertigung zu erteilen (Klarstellung zu BGH, WM 2003, 2342, 2343; WM 2007, 659 Rn. 8).

 

BGH, Beschluss vom 3. April 2014 - IX ZB 93/13“ 

 

Dieses Ergebnis widerspricht allerdings der obigen Darstellung, dass es dem Gläubiger obliegt, durch ein Gericht feststellen zu lassen, dass eine privilegierte Forderung im Sinne des § 302 InsO vorliegt. Dieser Grundsatz ficht den BGH allerdings nicht an.

Unter Rz. 19 des Urteils heißt es:

                        „Der Schuldner kann sich, falls die Gläubigerin aus der vollstreckbaren Ausfertigung der Tabelle (§ 201 Abs. 2 InsO) die Zwangsvollstreckung gegen ihn betreibt, im Wege der Vollstreckungsgegenklage (§ 767 ZPO) zur Wehr setzen…Im Rahmen dieser Klage ist sodann festzustellen, ob der Anspruch tatsächlich auf dem vom Gläubiger angemeldeten Rechtsgrund der vorsätzlich unerlaubten Handlung beruht, der die Forderung gem. § 302 Nr. 1 InsO von der Restschuldbefreiung ausnimmt. Die Darlegungs- und Beweislast für den vorliegenden Rechtsgrund trägt der Gläubiger.“

Ungeachtet der Begründung des Bundesgerichtshofes zu dieser Handhabung heißt es für den Schuldner, sofort tätig zu werden. Mit der Zustellung der Vollstreckungsklausel erfolgt die Ankündigung der Vollstreckung. Es bleibt ein Zeitraum von zwei Wochen – die Wartefrist für den Gläubiger, bevor er die Vollstreckung beginnen kann  – innerhalb derer zur Vermeidung solcher unberechtigten Vollstreckungsmaßnahmen eine Feststellungsklage eingereicht werden kann.

 

Sollte für den Vorwurf der vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung keine Grundlage vorhanden sein, kann hiergegen mit Erfolg vorgegangen werden. Die Kosten trägt der zu Unrecht vollstreckende Gläubiger. Selbst allerdings dann, wenn eine vorsätzlich begangene unerlaubte Handlung als Rechtsgrund für die Forderung besteht, kann diese unter bestimmten Umständen bereits verjährt seien. Hier lohnt es sich auf jeden Fall, sich anwaltlich beraten zu lassen.

 

Auch für den Gläubiger ist in dem Insolvenzverfahren zu prüfen, ob beim Entstehen seiner Forderung eine vorsätzlich begangene unerlaubte Handlung, z.B. Betrug, vorlag. Sollte der Schuldner einer solchen Anmeldung widersprechen, ist zu prüfen, ob die Verjährung droht. Wenn der Rechtsgrund der vorsätzlichen unerlaubten Handlung in einem Titel nicht ausdrücklich festgestellt ist, kann eine spätere Feststellung an der Verjährung scheitern. Auch hier sollte anwaltlicher Rat gesucht werden.

 

Wir stehen Ihnen gerne für Beratungen zur Verfügung.



Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Heyo Meyer

Beiträge zum Thema