Vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis bei langer Verfahrensdauer unzulässig

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Vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis - unbegrenzt?

Die Gerichte entziehen nach bestimmten Straftaten bzw. bei Anhaltspunkten für diese Straftaten oft relativ schnell erst einmal vorläufig die Fahrerlaubnis. Oft sind dies Anklagen bzw. Anzeigen wegen Trunkenheit im Straßenverkehr, Unerlaubten Entfernens vom Unfallort, Gefährdung des Straßenverkehrs oder auch fahrlässiger Körperverletzung / Tötung.

Über die endgültige Entziehung der Fahrerlaubnis entscheidet dann der Richter im Hauptsacheverfahren, ggf. erst am Ende des Instanzenzuges. Dies kann sich aber sehr lange hinziehen, zum anderen wird die vorläufige Entziehung nur teilweise auf die endgültige Entziehung angerechnet und wäre mitunter gar nicht so eine lange Sperrfrist verhängt worden. Insofern ist eine lange Verfahrensdauer für den Angeklagten misslich und gilt ein Beschleunigungsgebot. Die vorläufige Entziehung schafft für den Betroffenen Fakten und grenzt seine prozessualen Möglichkeiten ein – man überlegt sich schon mal, ob man wirklich ein Rechtsmittel einlegt oder beispielsweise nicht lieber schneller einen Strafbefehl, auch wenn dieser unfair ist, akzeptieren sollte.

Das Landgericht Hannover hatte am 24.02.2016 so eine vorläufige Entziehung vor sich und führte aus wie folgt:

„Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die d. Angeklagten insoweit erwachsenen notwendigen Auslagen trägt die Landeskasse.

Gründe:
Unbeschadet des fortbestehenden dringenden Tatverdachts und unabhängig von der Frage, ob der mutmaßliche Eignungsmangel im Sinne des § 69 StGB weiter besteht und deshalb dringende Gründe für die Annahme sprechen, dass dem Angeklagten die Fahrerlaubnis zu entziehen sein wird, erscheint die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis vorliegend wegen auf einer sachwidrigen Behandlung unter Verletzung des Beschleunigungsgebots beruhenden Verzögerung des Verfahrens unverhältnismäßig.

Der verfahrensgegenständliche Vorfall datiert vom 27.10.2014. Mit dem angefochtenen Beschluss vom 12.11.2014 wurde dem Angeklagten die Fahrerlaubnis vorläufig entzogen. Am 17.04.2015 erhob die Staatsanwaltschaft Anklage zum Strafrichter. Eine auf den 12.10.2015 terminierte Hauptverhandlung wurde wegen Abwesenheit eines Zeugen ausgesetzt. Am 13.10.2015 wurde Termin für die neue Hauptverhandlung auf den 10.03.2016 bestimmt.

Den Angeklagten auf geraume Zeit auf der Grundlage vorläufiger Erkenntnisse ohne Fahrerlaubnis zu belassen, widerspricht vor dem Hintergrund dieser zögerlichen Sachbehandlung dem Rechtsstaatsgebot. Die Belastung aus einem Eingriff in den grundrechtlich geschützten Bereich muss in einem vernünftigen Verhältnis zu den der Allgemeinheit erwachsenen Vorteilen stehen. Das gilt sowohl hinsichtlich der Anordnung und der Vollziehung als auch hinsichtlich der Fortdauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis. Bei einem Zeitablauf von einem Jahr und 4 Monaten seit Anordnung der Maßnahme bis zur Hauptverhandlung ist ein solches vernünftiges Verhältnis im vorliegenden Fall nicht mehr gegeben. Aus diesem Grunde ist die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis als unverhältnismäßig aufzuheben.“

Die Entscheidung ist im Ergebnis richtig. Eine solche lange Wartezeit ist aber auch ungewöhnlich. Das Gericht sagt leider aber nicht, wo es die Grenze ziehen würde bzw. ab wann es unverhältnismäßig lange ist. Ggf. hängt dies davon ab, ob Beweismittel einfach oder schwerer zu besorgen sind bzw. das Gericht alles gemacht, um hier beschleunigt zu einem Urteil zu kommen oder die Akte „herumliegt“. Dies wird man im Einzelfall prüfen müssen und lohnt sich aus verschiedenen Gründen ein Vorgehen gegen die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis.

Rechtsanwältin Krönert

Fachanwälte für Verkehrsrecht in Cottbus

Frau Rechtsanwältin Krönert ist ebenso wie Herr Rechtsanwalt Bandmann Fachanwalt(in) für Verkehrsrecht. Dazu gehören u.a. das Recht der Fahrerlaubnis, der Ordnungswidrigkeiten oder das (Verkehrs-)Strafrecht. Die Kanzlei ist in Cottbus und Hoyerswerda sowie bequem über die modernen Kommunikationsmittel erreichbar.


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