Vorsicht bei Schenkungen

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Viele Menschen überlegen, ob sie ihren Kindern, Ehegatten oder Verwandten Immobilien schenken sollen oder in welcher Form die Immobilien übertragen werden können, insbesondere um die Erbfolge sinnvoll zu gestalten und sicherlich auch um Erbschaftssteuer zu sparen.


Ich stelle immer wieder fest, dass Beratungen hierzu weit von Praxisproblemen entfernt erfolgen und viele Fehler gemacht werden. Aus diesem Grund möchte ich Ihnen folgende Hinweise geben:


Immobilienübertragung mit Wohnrecht / Nießbrauch:


Ein großer Fehler liegt häufig darin, die Immobilie an die Kinder zu übertragen und sich ein Wohnrecht auf Lebenszeit vorzubehalten. Denn über die Alternative des Nießbrauchs, der anstatt eines Wohnrechts vereinbart werden kann, wird in vielen Fällen nicht ausreichend aufgeklärt. Bei beiden Alternativen können insbesondere ältere Menschen in ihrem Haus wohnen bleiben. Es wird nur das Eigentum an der Immobilie an die Kindern übertragen. Die weiteren Unterschiede sind aber enorm.


Bei einem Wohnrecht verliert der Übergeber das Eigentum und hat nur das Recht, in der Immobilie zu wohnen. Er darf diese nicht vermieten. Dies ist nur bei einem Nießbrauch zulässig. Diese Unterscheidung ist dann enorm wichtig, wenn der Übergeber z. B. in ein Pflegeheim umziehen muss. Nur bei einem Nießbrauch kann er die Pflegeheimkosten durch eine Vermietung kompensieren. Zu beachten ist, dass sowohl bei Wohnrecht, als auch bei Nießbrauch viele Immobilienübertragungsverträge lückenhaft sind und dem Einzelfall kaum gerecht werden, beispielsweise bei Fragen zu Reparaturen und Nebenkosten.


SCHENKUNGEN OHNE BERÜCKSICHTIGUNG DER ZUKUNFTSPERSPEKTIVE:

DAS UNBESCHRÄNKTE RÜCKTRITTSRECHT


Die meisten Schenkungen erfolgen ohne ausreichenden Vorbehalt für den Übergeber. Dies bedeutet beispielsweise, dass ein älterer Mensch seinen Verwandten irgendeine Immobilie schenkt und diese nach der Schenkung nicht mehr sieht. Denn diese haben aufgrund der nicht mehr rückgängig zu machenden Schenkung kein Interesse mehr an einem weiteren Kontakt. Wenn Sie Ihre Angehörigen an Weihnachten, Ostern oder zum Geburtstag wiedersehen wollen, dann ist auch die Schenkung hierauf anzupassen. Die meisten notariellen Verträge kennen nur die Standard-Klauseln zum Rücktritt (beispielsweise Vorversterben des Beschenkten, Insolvenzverfahren beim Beschenkten). Viel zu wenig werden Übergeber darüber belehrt, dass sie sich sogar ein freies Rücktrittsrecht vorbehalten oder dieses an Voraussetzungen knüpfen können, die im Einzelfall auszugestalten sind.


Nach Ansicht der Autoren muss die Möglichkeit des Rücktritts von der Schenkung in vielen Punkten ergänzt werden. So ist beispielsweise auch an Tatbestände zu denken, wie die Verwahrlosung des geschenkten Gegenstandes sowie Missachtung des Schenkers u. ä..


SCHENKUNGEN UND IHRE ERBRECHTLICHEN AUSWIRKUNGEN:


In vielen Fällen werden die erbrechtlichen Folgen und Hintergründe einer Schenkung nicht ausreichend berücksichtigt. Wir zeigen Ihnen anhand von einigen (nicht abschließenden) Beispielen, wo erbrechtliche Probleme bei Schenkungen auftreten können.


Beispiel 1:   Wird ein späterer gesetzlicher Erbe beschenkt, kann dies zu Streit in der zukünftigen Erbengemeinschaft führen. Denn die übrigen Miterben fühlen sich benachteiligt. In den §§ 2050 ff. BGB gibt es insoweit Anrechnungs- und Ausgleichsbestimmungen, die aber voraussetzen, dass die Schenkung zutreffend beraten und durchgeführt wird. Ähnliches gilt auch bei einer testamentarischen Erbfolge.


Beispiel 2:   Ein nahezu unbekanntes Problem tritt bei Ehegattentestamenten auf. Ein solches Testament bindet in den meisten Fällen den überlebenden Ehegatten dahingehend, dass er kein neues Testament mehr fertigen kann. Diese Bindungswirkung erstreckt sich aber auch darauf, dass er grundsätzlich nicht mehr verschenken darf. Wird dies übersehen und nicht richtig gestaltet, führt dies bei Versterben des überlebenden Ehegatten dazu, dass die getätigte Schenkung angegriffen werden kann.


Beispiel 3:   Die Auswirkungen bei Schenkungen auf zukünftige Pflichtteilsansprüche sind vielen Schenkern nicht bekannt. Hierzu gehört einmal die Frage, wie eine wirksame Anrechnungsbestimmung bei Ausführung der Schenkung formuliert wird, ebenso auch das Problem, dass solche Schenkungen einen späteren Pflichtteilsanspruch erhöhen, aber auch ausschließen können, je nachdem, wie sorgfältig die Schenkung beraten und formuliert ist.


Beispiel 4:   Schenkungen ohne zusätzliche testamentarische Regelung führen in der Regel immer zu einem späteren Streit zwischen den Erben.


WEITERE BEISPIELE FÜR PROBLEME BEI SCHENKUNGEN:


Das gesetzliche Schenkungsrecht kennt Tatbestände, in denen Schenkungen rückgängig gemacht werden können und zwar in Gestalt von Widerrufmöglichkeiten insbesondere bei Verarmung des Schenkers und grobem Undank.


Viele Schenker denken, dass Sie hiervon nicht betroffen sind. Tatsächlich führt aber häufig eine fehlende Regelung zur Vorsorgevollmacht zu einer gesetzlichen Betreuung, wenn der Schenker aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr handeln kann. Ein gesetzlicher Fremdbetreuer wird dann eine Rückholung der Schenkung versuchen, ggf. wenn er das Restvermögen aufgebraucht hat. Umgekehrt ist vielen Angehörigen nicht klar, dass durch unbedachte Rechtsschritte der Tatbestand des groben Undanks erfüllt sein kann und zu einer Rückabwicklung der Schenkung führt: ein Beispiel ist die Anregung einer gesetzlichen Betreuung hinsichtlich des Schenkers.


Auch die steuerliche Dimension der Schenkung wird meistens nicht ausreichend bedacht. Das gilt nicht nur für schenkungssteuerliche Fragen. Dort ist dem Schenker meist schon gar nicht klar, dass er neben dem Beschenkten gegenüber dem Finanzamt für die Schenkungssteuer haftet. Ein schenkungssteuerliches Problem tritt auch auf, wenn die Schenkung mittels Aufhebungsvertrag rückgängig gemacht werden soll. Zugleich ist bei einer sog. gemischten Schenkung immer eine Abgrenzung zur Grunderwerbsteuer vorzunehmen.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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