Tauschbörsenverfahren nach Abmahnung vor dem AG Oldenburg

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Amtsgericht Oldenburg vom 25.05.2018, Az. 4 C 4000/18 (IV)

Gegenstand des Verfahrens: Illegales Tauschbörsenangebot urheberrechtlich geschützter Filmaufnahmen

Der im genannten Verfahren beklagte Anschlussinhaber bestritt, für die Rechtsverletzung verantwortlich zu sein. Er kenne das streitgegenständliche Werk nicht und habe auch kein Interesse daran. Dasselbe gelte für seine Ehefrau. Dies habe sie auf Nachfrage bestätigt.

Zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung habe sich jedoch zumindest ein Schulfreund im Haushalt des Beklagten aufgehalten. Dieser habe den Internetanschluss nutzen dürfen und auf seinem Laptop regelmäßig auch Musik gehört und Filme angeschaut. Er sei insbesondere aufgrund seiner Kenntnisse auch fähig gewesen, Tauschbörsen zu nutzen. Ob noch weitere Personen anwesend gewesen seien, habe der Beklagte nicht mehr rekonstruieren können. Letztlich bestritt der Beklagte die Inhaberschaft der Klägerin an den verletzten Leistungsschutzrechten und erhob die Einrede der Verjährung.

Das Amtsgericht Oldenburg gab der Klage in vollem Umfang statt.

Zunächst stellte das Gericht fest, dass die Klägerin anspruchsbefugt und das pauschale Bestreiten der Aktivlegitimation durch den Beklagten unerheblich sei. Die Klägerin sei auf den einschlägigen (legalen) Download- und Streamingportalen als Rechteinhaberin ausgewiesen. Daher würde „in zulässiger Weise ein Indiz für die Rechtsinhaberschaft der Klägerin“ sprechen. Zudem fände aufgrund dieser Angaben auch die Vermutungswirkung nach § 94 Abs. 4, 10 Abs. 1 UrhG Anwendung, wonach sie „Inhaberin des Leistungsschutzrechts als Filmherstellerin ist, auch wenn sie nach ihrem eigenen Vortrag den streitgegenständlichen Film nicht selbst hergestellt hat.“

Der Sachvortrag des Beklagten sei zudem nicht geeignet, um seine Haftung als Täter der Rechtsverletzung abzuwenden. Er habe sich lediglich darauf beschränkt, seine eigene Täterschaft pauschal in Abrede zu stellen, ohne zu den eigenen Kenntnissen und Fähigkeiten sowie zum Nutzungsverhalten Stellung zu nehmen. Zudem mangele es an Angaben hinsichtlich der insgesamt verfügbaren internetfähigen Geräte im Haushalt des Beklagten.

Im Übrigen sei – vor dem Hintergrund des Sinns und Zwecks der sekundären Darlegungslast – auch der Vortrag zum vermeintlich zu Besuch gewesenen Schulfreund nicht ausreichend gewesen. Insoweit führte das Gericht wie folgt aus:

„Dass der Beklagte in den Raum stellt, dass sein Schulfreund J. aufgrund der von ihm vorgetragenen Umstände als Täter in Betracht komme, reicht angesichts des Vorstehenden nicht aus, zumal der Beklagte auch nicht im Einzelnen mitgeteilt hat, welche Kenntnisse er bei der Befragung seines Schulfreundes über die Umstände einer detaillierten Verletzungshandlung gewonnen hat. Die Bestimmung der Reichweite der dem Anschlussinhaber obliegenden sekundäre Darlegungslast hat mit Blick darauf zu erfolgen, dass erst die Kenntnis von den Umständen der Anschlussnutzung durch den Anschlussinhaber dem Verletzten, dessen urheberrechtliche Position unter dem grundrechtlichen Schutz des Art. 17 Abs. 2 EU-Grundrechtscharta und des Art. 14 Abs. 1 GG steht, eine Rechtsverfolgung ermöglicht.“

Das Amtsgericht Oldenburg positionierte sich auch deutlich zum vielfach in Filesharingverfahren vorgebrachten Einwand, aufgrund der vergangenen Zeit zwischen Abmahnung und Klageverfahren könne kein detaillierterer Vortrag erfolgen. Das Gericht bewertet diesen Einwand als reine Schutzbehauptung.

„Das Gericht geht insoweit auch davon aus, dass es für den Beklagten rekonstruierbar war, wer konkret an dem fraglichen Abend bei ihm zu Besuch war und Zugriff auf seinen Internetanschluss hatte. Der Beklagte hat unstreitig die Abmahnung der Klägerin vom [Datum] zeitnah zu dem streitgegenständlichen Verletzungszeitpunkt erhalten. Wenn er – wie er behauptet – nicht Täter der Rechtsverletzung gewesen ist und er in der Abmahnung mit einer Forderung in Höhe von insgesamt 815,- Euro konfrontiert wird, liegt es nahe, sich Gedanken darüber zu machen, wer dann ansonsten Zugriff in dem maßgeblichen Zeitpunkt auf den Internetanschluss hatte und als Täter in Betracht kommt. Da die Prozessbevollmächtigten der Klägerin den Beklagten auch nachfolgend regelmäßig angeschrieben und ihre Zahlungsansprüche geltend gemacht haben, bleiben die Feststellung zu dem „Tatabend“ auch in Erinnerung. Zumindest wäre es dem Beklagten möglich gewesen, den Besucherkreis noch weiter einzugrenzen und namentlich zu benennen.“

An der Angemessenheit der geltend gemachten Forderung hatte das Amtsgericht ebenfalls keine Zweifel. Die Ansprüche seien auch nicht verjährt, da die Verjährung durch die Einleitung des Mahnverfahrens wirksam gehemmt worden sei. Zudem verjähre der Anspruch auf Lizenzschadenersatz ohnehin erst nach zehn Jahren.

Der Beklagte wurde daher antragsgemäß zur Zahlung von EUR 1.000,00 Schadensersatz und der außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten sowie zur vollen Übernahme der durch das Gerichtsverfahren entstandenen Kosten verurteilt.

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