Was geschieht, wenn die Arbeit wegen des Coronavirus ausfällt?

  • 4 Minuten Lesezeit

Verschiedene Konstellationen

a) Auftragsrückgang 

Die aktuelle Situation kann dazu führen, dass in einem Unternehmen weniger zu tun ist, weil z. B. entweder die Nachfrage gesunken ist, die Lieferanten keine oder weniger Ware zur Verfügung stellen oder die notwendigen Gespräche mit Kundenlieferanten etc. nicht geführt werden können.

Dies ist der klassische Fall des Kurzarbeitergeldes im Sinne der §§ 95 ff. SGB III.

Kurzarbeit bedeutet individualrechtlich die Vereinbarung mit dem Mitarbeiter, der für einen gewissen zeitlich eingegrenzten Zeitraum weniger (bis zu 0 Stunden wöchentlich) arbeitet. Eine solche Vereinbarung kann bereits im Arbeitsvertrag vorgesehen sein, kann individualrechtlich mit jedem einzelnen Arbeitnehmer vereinbart werden oder aufgrund einer Betriebsvereinbarung/Dienstvereinbarung mit dem Betriebsrat/Personalrat vereinbart werden. Dies ist Grundvoraussetzung für alle weiteren Überlegungen. 

Ergebnis der Kurzarbeit ist, dass der Arbeitnehmer zunächst einmal für die ausfallende und reduzierte Wochenarbeitszeit keinen Vergütungsanspruch erhält. Ein Ausgleich kann über das Kurzarbeitergeld herbeigeführt werden. Im Fall der Bewilligung von Kurzarbeitergeld gewährt die Bundesagentur die vollständigen Sozialversicherungsbeiträge auf den regulären Lohn (Arbeitnehmer- und Arbeitgeberbeiträge mit Ausnahme des Arbeitslosenversicherungsbeitrags) sowie zwischen 60 und 67 % der Nettovergütung (je nach Anzahl der Kinder). Hinsichtlich der darüber hinausgehenden Differenz können Arbeitgeber und Arbeitnehmer Vereinbarungen schließen, die das Kurzarbeitergeld nicht reduzieren. 

Vorrangig ist jedoch zunächst ggf. ein Arbeitszeitkonto zu reduzieren, ggf. übergesetzlicher Urlaub in Anspruch zu nehmen.

Die Regelungen sind insoweit am 13.03.2020 gesetzlich verändert worden, dass es nunmehr ausreicht, wenn 10 % des Betriebes vom Ausfall betroffen sind, was praktisch aktuell bei (fast) jedem Unternehmen der Fall sein sollte. 

Auch liegt es mehr oder weniger an Ihnen, die Anträge auf Kurzarbeitergeld entsprechend zu formulieren. Ich gehe auch nicht davon aus, dass die Bundesagenturen die Kapazitäten haben werden, hier tiefgreifende Prüfungen durchzuführen. Im Übrigen besteht auch der politische Druck, unbürokratisch und schnell zu agieren.  

b) Ausfall einiger Mitarbeiter wegen Betreuungsverpflichtung 

Die Schulen und Kitas schließen in den nächsten Tagen schrittweise. Ich gehe fest davon aus, dass spätestens ab 23.03. (und jedenfalls bis 20.04.) eine Kinderbetreuung in öffentlichen Einrichtungen nicht gewährleistet sein wird. 

Insoweit besteht dann für Eltern die gesetzliche Betreuungspflicht, jedenfalls für solche Kinder unter 12 Jahren. Können Eltern diese Betreuungspflicht nicht anderweitig auf den anderen Ehepartner oder andere Personen übertragen, haben sie einen Anspruch auf Arbeitsbefreiung, da ihnen die Leistung aus einem Grund, den sie nicht zu vertreten haben, unmöglich ist. Dies bedeutet allerdings zunächst einmal nur, dass das Fernbleiben von der Arbeit keine Dienstpflichtverletzung darstellt. 

Einen Anspruch auf Vergütung gibt es in einem solchen Fall allenfalls auf der Grundlage des § 616 BGB, der allerdings ausschließbar ist. 

Ist er nicht im Arbeitsvertrag ausgeschlossen, setzt die Anwendbarkeit dieser Regelung allerdings voraus, dass die Befreiungsnotwendigkeit von vornherein auf einen bestimmten (nicht erheblichen) Zeitraum begrenzt ist. Dies dürfte ggf. vorliegend nicht der Fall sein, da es offen ist, bis wann die Einschränkungen gelten werden. 

Im Übrigen streitet man sich sehr gut darüber, was ein „nicht unerheblicher Zeitraum“ ist. Ein Teil der Literatur möchte ich hier die Fristen der Betreuung des Kindes im Falle von Krankheit analog anwenden (14-Tages-Frist), ein anderer Teil der Literatur  möchte auf die 6-Wochen-Frist des Entgeltfortzahlungsgesetzes reflektieren. Ich halte allenfalls Ersteres für sachgerecht. Wenn Eltern nur einen Anspruch für 14 Tage Entgeltfortzahlung nach § 616 BGB haben, wenn ihr Kind krank ist, kann dieser Anspruch nicht weiter gelten, soweit das Kind nicht krank, sondern „nur“ betreut werden muss. Letztlich kann doch hier nichts anderes gelten als in der gewöhnlichen Situation, in der Eltern (noch) keinen Kitaplatz haben und deswegen der Arbeit fernbleiben (müssen). Auch in diesem Fall hat ein Arbeitnehmer grundsätzlich kein Anspruch auf Vergütungszahlung. Dies kann nicht anders zu bewerten sein, wenn die Betreuungsmöglichkeit kurzzeitig entfällt. Daher spricht aus meiner Sicht einiges dafür, dass kein Entgeltfortzahlungsanspruch nach § 616 BGB besteht und wenn, dieser allenfalls auf 14 Tage begrenzt ist. Hier hat der BDA allerdings eine andere Rechtsmeinung.

Unabhängig von der dahinterstehenden Rechtsfrage sollten mit den Mitarbeitern flexible Regelungen wie Überstundenabbau, Aufbau eines negativen Arbeitszeitkontos, Urlaub und im Zweifel unbezahlte Freistellung besprochen und ggf. umgesetzt werden. Wichtig scheint mir, dass die Gespräche und Ergebnisse der Gespräche entsprechend kurz (gern auch handschriftlich) dokumentiert werden, wenn möglich auch vom Mitarbeiter gezeichnet werden.

Denkbar ist sicherlich auch, zu überlegen, die Arbeit in Heimarbeit, in den Abendstunden oder an Wochenenden durchzuführen. Wir gehen davon aus, dass in der jetzigen Situation das Sonntagsarbeitsverbot nicht anwendbar ist, jedenfalls keine Sanktionen folgen dürften.  

c) Angeordnete Quarantäne

Soweit die Unternehmen, ein Betrieb oder ein Betriebsteil durch Anweisung des Gesundheitsamtes in Quarantäne versetzt wird, mithin eine Behörde anordnet, dass Sie einen bestimmten Kreis von Arbeitnehmern nicht oder nicht in den Geschäftsräumen beschäftigen dürfen, oder Mitarbeiter in häuslicher Quarantäne sind, so dürfte wiederum dies dazu führen, dass ein Vergütungsanspruch der Arbeitnehmer an sich nicht besteht. 

Der Arbeitnehmer kann seine Arbeitskraft nicht so anbieten, wie er sie nach dem Vertrag schuldet, da nicht nur Sie den Arbeitnehmer nicht beschäftigen dürfen, sondern der Arbeitnehmer selber Arbeitsleistungen auch nicht erbringen kann.

Es besteht daher ein wechselseitiges Leistungshindernis mit der Folge, dass kein Vergütungsanspruch besteht. Dies dürfte auch kein Fall des § 616 BGB sein.

Der Arbeitnehmer erhält allerdings einen Anspruch nach den Regelungen des Seuchengesetzes, der der Höhe nach dem des Arbeitslosengeldes I und dem Kurzarbeitergeld entspricht. 

d) Der konkret kranke und infizierte Arbeitnehmer 

Der kranke und infizierte Arbeitnehmer ist arbeitsunfähig und erhält Entgeltfortzahlung nach dem Entgeltfortzahlungsgesetz.

Zum Schluss einige persönliche Worte: Bleiben Sie gesund und denken Sie daran, einem gesunden und trainierten Körper kann der Virus weniger anhaben, als einem schwachen oder vorgeschädigten Organismus. Essen Sie Obst mit Vitamin und Zink und trinken Sie ausreichend und vor allem regelmäßig!


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Karsten Zobel

Beiträge zum Thema