Was kostet die Scheidung oder ein Unterhaltsverfahren bzw. kann ich Verfahrenskostenhilfe beantragen?

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Anwaltliche und gerichtliche Gebühren richten sich im Familienrecht wie im Zivilrecht nach dem Streitwert. Der Streitwert wird durch den Gegenstand des Verfahrens bestimmt. Einfach formuliert: Wenn ich 5.000,00 € einklage, hat diese Klage einen Streitwert von 5.000,00 € und mein Anwalt kostet (Stand 2016) 925,23 €; wenn ein Vergleich geschlossen wird sind es 1.285,80 €.

Für bestimmte Verfahrensgegenstände, bei denen es vorrangig gar nicht um Geld geht, hat sich der Gesetzgeber Streitwerte „ausgedacht“, so hat ein gerichtliches Umgangsverfahren oder ein gerichtliches Sorgerechtsverfahren in der Regel einen Streitwert von 3.000,00 €, es sei denn, das Verfahren war besonders langwierig und kompliziert. Dann kann am Ende des Verfahrens auch vom Gericht ein höherer Streitwert festgesetzt werden, meist sind es dann 5.000,00 €.

Ein gerichtliches Umgangsverfahren, in dem kein Vergleich geschlossen wird, kostet bei einem Streitwert von 3.000,00 € damit (Stand 2016) 621,78 € an Anwaltsgebühren für den eigenen Anwalt.

Für die Scheidung hat sich der Gesetzgeber ausgedacht, dass der Streitwert das vierteljährliche Familieneinkommen sein soll, also der monatliche Nettolohn von beiden zusammengerechnet mal 3. Es kommt auf den Nettolohn bei Antragstellung an. Einige Richter/Richterinnen nehmen Abzüge von 250,00 € für jedes gemeinsame Kind vor, in seltenen Fällen erhöht sich der Streitwert um 5 % des Vermögens, wenn es sich um erhebliches Vermögen handelt. Der Freibetrag liegt hier derzeit (Stand 2016) bei 120.000,00 € für das Vermögen beider Ehegatten zuzüglich 30.000,00 € pro Kind.

Sozialleistungen werden in der Regel nicht als Einkommen behandelt, es gilt dann der Mindeststreitwert für Scheidungen von 3.000,00 €.

Jetzt wird es kompliziert: Der Versorgungsausgleich erhöht den Streitwert der Scheidung um 10 % pro auszugleichendem Recht.

Hierzu ein Beispiel:

Die Eheleute verdienen zusammen 4.000,00 € netto, also im Vierteljahr 12.000,00 €. Jeder hat eine gesetzliche Rentenanwartschaft und eine Riesterrente.

Der Streitwert beträgt dann 12.000,00 € für die Scheidung und 4.800,00 € für den Versorgungsausgleich, insgesamt also 16.800,00 €. Die Scheidung kostet dann (Stand 2016) 2.094,40 € Anwaltskosten.

In Unterhaltsverfahren bestimmt sich der Streitwert nach dem Jahresunterhalt, geltend gemachte Rückstände werden hinzugerechnet.

Im Zugewinnausgleichsverfahren wird der Streitwert durch den geltend gemachten Betrag bestimmt.

Dabei ist zu beachten, dass die Gebührentabelle nicht linear aufgebaut ist, das heißt ein Rechtsstreit mit dem Streitwert von 24.000,00 € kostet nicht das doppelte von einem Rechtsstreit, der einen Streitwert von 12.000,00 € hat, sondern „nur“ ca. 500,00 € mehr Anwaltskosten. Es lohnt sich daher immer, Ansprüche als Folgesache zur Scheidung geltend zu machen, anstatt mehrere Einzelverfahren zu führen.

Hinzu kommen jeweils die Gerichtskosten, die aber wesentlich geringer sind als die Anwaltskosten.

Ferner hinzukommen können Kosten für Sachverständigengutachten, Verfahrenspfleger etc., wenn die Kosten des Verfahrens geteilt werden oder Sie die Kosten des Verfahrens allein zu tragen haben.

Verfahrenskostenhilfe kann beantragt werden, wenn Sie die Kosten des Verfahrens auch in vier Monatsraten nicht aufbringen könnten und Ihr Antrag oder Gegenantrag Aussicht auf Erfolg hat.

Beim Bezug von Sozialleistungen werden die Kosten für den eigenen Anwalt und die Gerichtskosten dann, wenn die Voraussetzungen vorliegen, in der Regel vollständig vom Staat übernommen, bei geringfügigen Einkünften anderer Art wird berechnet, um wieviel Ihr Einkommen das vom Gesetzgeber festgesetzte Mindesteinkommen übersteigt (Stand 2016 z.B.: Miete + 468,00 € + weitere 213,00 €, falls Sie erwerbstätig sind). Von dem Betrag, den Sie „drüber“ haben, müssen Sie die Hälfte als monatliche Rate zahlen. Abzusetzen sind aber viele Posten wie Fahrtkosten, Versicherungsbeiträge, Ratenzahlungsverpflichtungen etc., es lohnt sich also, sich über das Bestehen eines Anspruches auf Verfahrenskostenhilfe genau beraten zu lassen.

Zu beachten ist bei Verfahrenskostenhilfe:

  1. Verlieren Sie das Verfahren, müssen Sie auch beim Bezug von Verfahrenskostenhilfe den gegnerischen Rechtsanwalt bezahlen.
  2. Kommen Sie innerhalb der nächsten vier Jahre nach Beendigung des Verfahrens zu Geld oder erhöht sich Ihr Einkommen, müssen Sie die Verfahrenskosten erstatten oder höhere Raten zahlen.
  3. Reichen Sie die von uns angeforderten oder vom Gericht nachgeforderten Unterlagen über Ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht vollständig bei uns ein, wird das Gericht keine Verfahrenskostenhilfe gewähren und die Kosten sind von Ihnen selbst zu tragen.

Wenn Sie selbst über geringe Einkünfte verfügen, Ihr Partner jedoch über sehr hohe, kann in bestimmten Fällen auch ein Anspruch auf Verfahrenskostenvorschuss in Betracht kommen. Dann muss Ihr Partner Ihnen Ihren Anwalt bezahlen als Teil des Unterhaltes. Ob diese Möglichkeit besteht, kann im Erstberatungsgespräch geklärt werden.

Über die zu erwartenden Kosten werden Sie von uns im Falle einer Mandatierung informiert. Bei der Beantragung von Verfahrenskostenhilfe sind wir behilflich, indem wir den Antrag für Sie stellen, wenn wir die dafür erforderlichen Unterlagen von Ihnen erhalten.

Heike Mertens, Rechtsanwältin


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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