Wie Sie die Vorfälligkeitsentschädigung leicht berechnen können

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Wer früher aus seinem Darlehensvertrag raus möchte, kann diesen kündigen. Allerdings steht Banken für den Fall einer vorzeitigen Kündigung für den entgangenen Gewinn die Vorfälligkeitsentschädigung (VFE) zu. Verbraucher müssen hier aufpassen, da Banken diese oft zu hoch ansetzen. Der BGH hat bereits verbindliche Richtlinien zur Berechnung und Höhe festgelegt, diese werden jedoch nicht immer eingehalten.

Die Vorfälligkeitsentschädigung – Schadenskompensation für die Bank?

Der Traum vom Eigenheim, der neuen Küche oder auch nur dem großen Fernseher. Oft können wir uns Dinge nicht auf Anhieb kaufen, sondern müssen ein Darlehen aufnehmen, um sie uns leisten zu können. Doch wenn man nach Abschluss eines solchen in einen plötzlichen Geldsegen kommt oder einfach so aus dem Darlehensvertrag raus möchte, erscheint es lukrativ, das Darlehen früher zurückzuzahlen. Schließlich entfallen dann weitere Zinszahlungen.

Was für den Verbraucher ein Segen ist, ist für die Bank ein Fluch. Diese hat mit den vertraglichen Rückzahlungen gerechnet und daran ihre Gewinn- und Investitionsstrategie ausgerichtet. Gerade in Zeiten niedriger Zinsphasen machen Banken durch vorzeitige Kreditablösung hohe Verluste.

Was also tun? Je nach Vertragsart steht dem Darlehensnehmer ein Kündigungsrecht aus den §§ 489 ff BGB zu. Für Verbraucher gelten insbes. die besonderen Vorschriften der §§ 491 ff. BGB. In § 500 BGB werden das Kündigungsrecht und die vorzeitige Erfüllbarkeit der Darlehensforderungen normiert. Die Bank hat also wenig Chancen, eine vorzeitige Ablöse zu verhindern. Dafür allerdings spricht § 502 BGB ihr den Anspruch auf Vorfälligkeitsentschädigung zu.

Wie wird die Vorfälligkeitsentschädigung berechnet?

Die Vorfälligkeitsentschädigung soll der Bank den durch die vorzeitige Kündigung entgangenen Gewinn ersetzen. Der BGH hat den Banken enge Vorgaben für die Berechnung gegeben, damit es nicht zu einer willkürlichen Berechnung kommt. Banken können grds. zwischen zwei Arten der Berechnung wählen:

Aktiv-Aktiv Methode

Bei der Aktiv-Aktiv-Methode werden die entgangenen Zinserträge mit den Zinseinnahmen verglichen, mit denen bei einem neuen Darlehensvertrag kalkuliert werden kann. Vergleichswert ist also eine hypothetische Aufstellung nach aktuellen Marktkonditionen. Die Differenz bildet den Zinsverschlechterungsschaden. Außerdem wird der Zinsmargenschaden dazu addiert. Dieser bildet sich aus der Differenz des Refinanzierungsschadens der Bank und dem vereinbarten Darlehenszins.

Aktiv-Passiv Methode

Für die Aktiv-Passiv Methode vergleicht die Bank die Darlehensrendite, die sie erhalten hätte, wenn der Vertrag fortgesetzt worden wäre mit der Ertragshöhe, die die Bank bei Investition des frei gewordenen Betrags in Hypothekenpfandbriefe erzielen kann. Aus der Differenz ergibt sich dann die Vorfälligkeitsentschädigung.

Banken dürfen außerdem die Bearbeitungskosten, normalerweise zwischen 100 und 250 Euro, bei beiden Methoden in Rechnung stellen. Bei beiden Methoden muss die Bank die Risikoersparnis und die Verwaltungskostenersparnis abziehen. Die Risikoersparnis beträgt zwischen 0,01-0,06 %, die Verwaltungskostenersparnis erstreckt sich meist auf 50 Euro pro Buchungsvorgang.

Nachteile für Verbraucher bei der Berechnung 

Die Banken entscheiden sich in den allermeisten Fällen für die Aktiv-Passiv Methode, da sie für sie am gewinnbringendsten ist. Insbesondere muss die Bank sich nicht auf aktuelle Marktkonditionen einlassen. Für Verbraucher hingegen ist dies die ungünstigere Berechnungsmethode.

Leider kommt es auch vor, dass sich Banken nicht an die Vorgaben des BGH halten, indem sie etwa höhere Entschädigungen berechnen. So ziehen manche Banken bei der Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung einen für Verbraucher ungünstigeren Index heran (PEX-Index). Auch werden mitunter Sondertilgungsrechte des Verbrauchers nicht eingerechnet.

Wann müssen Verbraucher keine Vorfälligkeitsentschädigung bezahlen?

Verbraucher müssen keine Vorfälligkeitsentschädigung zahlen, wenn ein Vertrag länger als zehn Jahre läuft und sie nach zehn Jahren kündigen, § 489 BGB. Es muss dann lediglich eine Kündigungsfrist von sechs Monaten gewahrt werden.

Außerdem können Verbraucher auf die Widerrufsbelehrung in ihrem Vertrag achten. Erfolgte diese fehlerhaft, so können sie den Vertrag widerrufen. Auch in solchen Fällen wird keine Vorfälligkeitsentschädigung fällig. Experten gehen davon aus, dass bis zu 80 % solcher Belehrungen fehlerhaft erfolgt sein könnten.

Was können Kunden tun?

Betroffene die eine zu hohe Vorfälligkeitsentschädigung vermuten, können online mithilfe eines Vorfälligkeitsentschädigungsrechners grob errechnen, ob die Vorfälligkeitsentschädigung richtig berechnet wurde. Sollte der Verdacht bestehen, dass dies nicht der Fall ist, lohnt sich der Gang zu einem auf Kreditverträge spezialisierten Anwalt. Dieser errechnet dann den korrekten Wert und kann etwaige Ansprüche geltend machen.

Wer wir sind

Die Rechtsanwaltskanzlei Benedikt-Jansen, Dorst und Kar ist auf Bank- und Kapitalmarktrecht spezialisiert. Herr Rechtsanwalt Benedikt-Jansen ist seit 13 Jahren Vertrauensanwalt der Schutzgemeinschaft für Bankkunden e. V., einem staatlich anerkannten Verbraucherschutzverband zur Bekämpfung unredlicher Finanzdienstleister (z. B. aus dem Bankensektor, Kapitalanlagesektor, Versicherungen etc.). Die Schutzgemeinschaft für Bankkunden hat seit dem Jahr 2004 zehntausende Fälle rechtsmissbräuchlicher Vertragspraktiken (insbesondere unwirksame Vertragsklauseln) erfolgreich bekämpft. Seit 2010 ist Herr Benedikt-Jansen Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht. Er verfügt über einen außergewöhnlich umfangreichen Schatz an Erfahrungen auf dem Gebiet des bankenrechtlichen Verbraucherschutzes. Für weitere Informationen oder Fragen stehen er und sein Team Ihnen auf seiner Homepage zur Verfügung.


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