Wie viel Hundegebell ist zulässig?

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Im Zusammenhang mit der Haltung von Tieren kommt es immer wieder zu Streitigkeiten. Die Katze hält sich nicht an die Grundstücksgrenze und jagt im Garten des Nachbarn oder ein Hund bellt für den Geschmack eines oder mehrerer Nachbarn zu viel.

Dieser Rechtstipp soll Ihnen ermöglichen einzuschätzen, ob es mit dem Bellen Ihres Hundes oder dem Hund des Nachbarn sich noch um ein normales, hinzunehmendes Bellen oder um eine schwerwiegende Belästigung handelt, die einen Unterlassungsanspruch begründet.

Grundsätzlich sollten Sie zur Frage von Belästigungen durch Bellen wissen, dass in den meisten Fällen nur der Grundstückseigentümer oder Vermieter (als Eigentümer) gegen den Nachbarn eines störenden Hundes vorgehen kann. Sollten Sie also Mieter eines Einfamilienhauses oder einer Wohnung sein, ist in den meisten Fällen Ihr Vermieter der richtige Ansprechpartner, um Störungen zu unterbinden.


TIPP: Sollte Ihr Vermieter hier trotz Aufforderung untätig bleiben, berate ich Sie gern.


Wann aber nun überschreitet normales Bellen eines Hundes so die Grenzen, dass berechtigt eingeschritten wird? Hierzu schafft ein Urteil des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg für das Land Niedersachsen Klarheit. (OVG Lüneburg 11. Senat, Beschluss vom 05.07.2013, 11 ME 148/13)


Was war geschehen?

Ein Nachbar hatte sich über mehrere auf einem Nachbargrundstück gehaltene Hunde und deren Bellen bei der zuständigen Behörde beschwert. Diese erließ daraufhin einen Bescheid, nachdem der Hundehalter seine Hunde an Sonn- und Feiertagen ganztägig und ansonsten täglich zwischen 22.00 und 07.00 Uhr nur im Gebäude halten durfte. Dadurch sollte die übermäßige Störung der Nachbarn durch das Bellen der Hunde unterbunden werden.

Man muss sich also vergegenwärtigen, dass auf Beschwerden von Nachbarn hin durchaus die zuständige Behörde Möglichkeiten besitzt, um Störungen durch das Bellen einzelner oder auch mehrerer Hunde zu unterbinden.


TIPP: Wenn die zuständige Behörde wegen eingegangener Beschwerden bezüglich Ihres Hundes an Sie herantritt, sollten Sie dies sehr ernst nehmen und sich frühzeitig über die rechtlichen Möglichkeiten informieren. Denn keine Behörde wird ohne Anlass tätig. Sie können demnach sicher sein, dass die Beschwerde eines oder mehrerer Nachbarn der Anlass ist. Allerdings wird die Behörde Ihnen niemals genau mitteilen, was die Nachbarn vorgebracht haben. Deshalb hilft nur frühzeitige, anwaltliche Vertretung um Ihre Rechte effektiv gegenüber der Behörde zu wahren.


Die andere Möglichkeit ist, dass betroffene Nachbarn direkt auf zivilrechtlichem Weg gegen den Grundstückseigentümer vorgehen, von dem die Lärmimmission Bellen ausgeht.


Aber wann ist es zu viel und was ist noch an Bellen zu dulden?

Im erwähnten Fall hatte der Hundehalter auf seinem Grundstück sechs Hunde gehalten bzw. betreut.  Es war über mehrere Jahre immer wieder zu Beschwerden von Nachbarn bezüglich des Bellens einer oder mehrere Hunde gekommen. Deshalb hatte die zuständige Behörde auch bereits im Jahr 2012 einen Ortstermin beim Hundehalter durchgeführt, um Lärmimmissionen durch die Hunde zu reduzieren. Als diese vereinbarten Lärmreduzierungen offensichtlich nicht umgesetzt oder zum gewünschten Ergebnis geführt haben, nahm die Behörde die weitere Beschwerde eines Nachbarn bezüglich der Störungen an zwei aufeinander folgenden Sonntagen zum Anlass, den Hundehalter zu verpflichten, die Hunde an Sonn- und Feiertagen ganztägig und ansonsten zwischen 22.00 und 07.00 Uhr in einem Gebäude zu halten, um Lärmimmissionen zu verringern bzw. ganz zu vermeiden.
Konkret hatten mehrere Hunde an den erwähnten Sonntagen (diese und Feiertage sind Tage mit Anspruch auf Lärmvermeidung in besonderem Umfang) von früh morgens (07.34 und 07.55 Uhr) nahezu durchgängig bis zum Mittag (13.44 Uhr) oder bis zum Abend (19.35 Uhr) gebellt.

Daraus kann man als Hundehalter, der auf Beschwerden reagieren möchte oder als Nachbar, der sich fragt, ob das Bellen Grenzen überschreitet, Rückschlüsse ziehen.

Natürlich reicht es nicht aus, wenn ein Hund auch am Sonntag im Garten läuft und ab und an einmal bellt, bspw. weil er vorbeigehende Spaziergänger sieht und diese vom Grundstück fernhalten will. Aber in einem solchen Fall kommt es eben darauf an. Kommt durchschnittlich ein Fußgänger pro Vormittag oder Nachmittag am Grundstück vorbei und es kommt zum kurzen Bellen, dann wird man dagegen nichts sagen können, auch wenn der bellende Hund an 30 Sonntagen im Jahr frei im Garten läuft. Kommen dagegen zehn Fußgänger pro Stunde am Grundstück vorbei und das abreißende Bellen wird deshalb fast schon wieder vom einsetzenden Bellen überholt, dann ist das Bellen und dessen Intensität anders zu beurteilen. Wie ein Apotheker sagen würde: Die Menge macht das Gift.
 Das OVG hat es so umschrieben: „Die von den Nachbarn aufgestellten Lärmprotokolle vom …. belegen, dass das Bellen nicht nur vereinzelt, sondern häufig in kurzen Zeitabständen und teilweise auch jeweils längere Zeit andauernd aufgetreten ist. Weiter ergibt sich aus den Aufzeichnungen, dass die Hunde auch nachts und in den frühen Morgenstunden sowie sonntags immer wieder gebellt haben. …. Die Häufigkeit und Dauer des von den Hunden des Antragstellers verursachten Gebells kann in einem Wohngebiet nicht als ortsüblich und zumutbar angesehen werden, zumal Störungen während der Nachtruhe und an Sonntagen besonders schwer wiegen.“

(Anm. des Unterzeichners: der vom Bescheid betroffene Hundehalter wird hier als Antragsteller bezeichnet, da er beim Verwaltungsgericht und später OVG einstweiligen Rechtsschutz beantragt hatte.)

Damit hat das OVG deutlich gemacht, dass einzelne Störungen durch Bellen zwar hinzunehmen sind, aber eben nicht häufiges Bellen während der Ruhezeiten und kein durchgängiges Bellen über einen längeren Zeitraum.


Wenn Ihnen als Hundehalter als Beschwerden entgegengebracht werden, sollte man diese im Sinne nachbarlichen Friedens nicht gleich barsch ablehnen, sondern versuchen, das Verhalten seines Hundes oder seiner Hunde mit kritischem Abstand zu beurteilen. Wie oft bellt mein Hund? Wie lang dauert das Bellen an? Bellt der Hund zu besonders sensiblen Zeiten, also an Sonn- und Feiertagen und in der Nacht zwischen 22.00 und 07.00 Uhr? Denken Sie daran, auch Ihnen als Hundehalter würde es sicher nicht gefallen, wenn Ihr Reihenhausnachbar um 03.00 Uhr seinen Benzinrasenmäher anwirft, um Gartenpflege zu betreiben, oder?

Umgekehrt sollten Nachbarn sich vor einer Beschwerde kritisch fragen, ob die Nähe zum Nachbarn und seinem Hund so gering ist, dass immer wieder auftretendes Bellen wirklich eine besonders schwerwiegende Störung ist. Hier ist eine unmittelbare Nachbarschaft zu einem Reihenhausnachbarn sicher anders zu beurteilen, also die schon größere Entfernung von 50 Metern zu einem Nachbarn mit einem Einzelhaus. Ebenso ist der Zeitpunkt des Bellens und dessen Dauer und Intensität zu berücksichtigen.

Wenn Sie zu dem Ergebnis gelangen, es ist zu viel, suchen Sie das Gespräch. Bedenken Sie, bei unmittelbaren Nachbarn ist das klärende, freundliche Gespräch sicher vernünftiger, als gleich Behörden zu Hilfe zu rufen. Sollte sich aber ein Streit nicht vermeiden lassen, stehe ich mit all meiner Erfahrung gern zur Verfügung.

Ich hoffe, ich konnte Ihnen erste Anhaltspunkte für eine Beurteilung geben und wünsche Ihnen ein friedliches und verständnisvolles Miteinander mit allen Nachbarn.


Es grüßt Sie recht herzlich
 
 Armin Müller
 Rechtsanwalt


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