Fallstricke bei der Abmahnung

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Will ein Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer aufgrund eines Fehlverhaltens kündigen, ist es in aller Regel erforderlich, dass dieses Verhalten zuvor abgemahnt wurde. Dabei steht und fällt die verhaltensbedingte Kündigung mit der Wirksamkeit der vorangegangenen Abmahnungen. Schon kleinere formale Fehler können aber bereits dazu führen, dass die Abmahnung unwirksam ist, wodurch auch eine hierauf gestützte Kündigung keinen Bestand hat.

Der nachfolgende Beitrag soll einige häufig gemachte Fehler bei der Abmahnung aufzeigen und Ihnen dabei helfen, Abmahnungen rechtssicher zu formulieren.


1. Abmahnung muss Fehlverhalten konkret beschreiben

Die Abmahnung soll eine Warnfunktion entfalten und muss daher das Fehlverhalten des Arbeitnehmers möglichst konkret bezeichnen. Aus der Abmahnung muss hervorgehen, welches Verhalten abgemahnt wird, worin genau die Pflichtverletzung liegt und wie ein vertragsgemäßes Verhalten ausgesehen hätte. Daran anschließen muss sich die Aufforderung sich künftig entsprechend der vertraglichen Pflicht zu verhalten sowie die Androhung weiterer (arbeitsrechtlicher) Konsequenzen.

Es empfiehlt sich daher eine Abmahnung wie folgt zu gliedern:


  1. Darstellung des abgemahnten Verhaltens
  2. Pflichtgemäßes Verhalten gemäß dem Arbeitsvertrag
  3. Worin weicht das abgemahnte Verhalten konkret vom pflichtgemäßen Verhalten ab
  4. Aufforderung sich künftig pflichtgemäß zu verhalten (konkret)
  5. Androhung weiterer Konsequenzen.


Bsp: Ein Mitarbeiter ist arbeitsvertraglich dazu verpflichtet seine Arbeit um 9.00 Uhr zu beginnen. Am Montag den 11.09.2023 erscheint er jedoch erst um 9.15 Uhr.

Unwirksam wäre eine Abmahnung, in der es lediglich heißt:

„Sie sind zu spät gekommen. Kommen sie in Zukunft pünktlich, oder Ihnen droht die Kündigung“

Besser sollte der Text wie folgt lauten:

„Sie sind am Montag den 11.09.2023 erst um 9.15 Uhr zur Arbeit erschienen (Darstellung des abgemahnten Verhaltens). Gemäß Ihrem Arbeitsvertrag beginnt Ihre Arbeitszeit jedoch um 9.00 Uhr (Pflichtgemäßes Verhalten gem. dem Arbeitsvertrag). Dadurch, dass Sie erst um 9.15 Uhr – mithin 15 Minuten nach dem vertraglich vereinbarten Beginn Ihrer Arbeitszeit – zur Arbeit erschienen, haben Sie gegen eine Pflicht aus dem Arbeitsverhältnis verstoßen (Darstellung, worin das abgemahnte Verhalten vom pflichtgemäßen Verhalten abweicht).


Ich fordere Sie daher auf Ihre Arbeit künftig entsprechend dem Arbeitsvertrag pünktlich um 9.00 Uhr zu beginnen (konkrete Aufforderung zum pflichtgemäßen Verhalten). Andernfalls müssen Sie mit weiteren arbeitsrechtlichen Konsequenzen bis hin zur verhaltensbedingten Kündigung des Arbeitsverhältnisses rechnen.


2. Abmahnung muss zeitnah nach dem abzumahnenden Verhalten erfolgen

Damit die Abmahnung ihre warnende Funktion erfüllen kann, muss sie „zeitnah“ auf das abzumahnende Verhalten folgen. Feste Fristen gibt es hierbei zwar nicht, in der Regel fordert die Rechtsprechung, dass zwischen dem abzumahnenden Verhalten und dem Zugang der Abmahnung nicht mehr als 2 Wochen liegen.

In Einzelfällen, etwa wenn der Arbeitgeber erst später Kenntnis erlangt oder auch bei frühzeitiger Kenntnis zunächst selbst noch Nachforschungen anstellen muss, um den Sachverhalt ganz aufzuklären, kann auch eine längere Frist als 2 Wochen noch als zeitnah angesehen werden.


3. Mehrere Abmahnungen in einem Abmahnschreiben

In manchen Fällen – etwa wenn mehrere Pflichtverletzungen in kurzem Abstand auf einander folgen – mag es dem Arbeitgeber sinnvoll erscheinen, die Abmahngründe zu „sammeln“ und den Arbeitnehmer in einem einzigen Schreiben wegen aller Gründe gleichzeitig abzumahnen.

Von einem solchen vorgehen ist aber dringend abzuraten!

Es entspricht der ständigen Rechtsprechung, dass bei einem Abmahnschreiben, welches mehrere abzumahnende Sachverhalte enthält, die Unwirksamkeit auch nur eines Teils der Abmahnung die gesamte Abmahnung unwirksam macht.

Mahnt ein Arbeitgeber in einem Schreiben also aus drei verschiedenen Gründen ab (z.B. zu spät kommen, unentschuldigtes Fehlen, Arbeitsanweisungen wurden nicht befolgt) und ist ein Teil dieser Abmahnung unwirksam (z.B. weil das Fehlverhalten nicht konkret genug bezeichnet wurde), so sind auch die anderen beiden Abmahngründe – auch wenn sie vielleicht in der Sache gerechtfertigt und auch formal in Ordnung waren – ebenfalls verbraucht. Eine Kündigung kann dann nicht mehr auf diese Gründe gestützt werden.


4. „Drei Strikes und du bist raus“?

Ein weit verbreiteter Irrtum ist, dass ein Arbeitgeber nach 3 Abmahnungen stets zur (fristlosen) Kündigung berechtigt ist. Dies ist jedoch nicht richtig.

Auch hier gilt wieder, dass der Abmahnung eine Warnfunktion zukommt. Diese kann sie aber nur dann entfalten, wenn wegen der Pflichtverletzung, wegen der die Kündigung erfolgen soll, auch zuvor bereits abgemahnt wurde. Die Abmahnungen müssen – damit sie eine Kündigung rechtfertigen – also einschlägig sein. Wird der Arbeitnehmer hingegen aus drei vollkommen verschiedenen Gründen abgemahnt, so entfalten die Abmahnungen untereinander keine Warnfunktion. Erst wenn der Arbeitnehmer trotz bereits erfolgter Abmahnung erneut dieselbe Pflichtverletzung begeht, kann dies eine Kündigung rechtfertigen.

Und auch wenn die Abmahnungen jeweils einschlägig sein sollten, so können sie ihre Warnfunktion nur dann entfalten, wenn zwischen Ihnen genügend Zeit lag, damit der Arbeitnehmer sein verhalten anpassen konnte.

Bsp.: Der Arbeitnehmer erscheint am Montag erst um 9.15 Uhr anstatt um 9.00 Uhr zur Arbeit. Der Arbeitgeber mahnt ihn daraufhin noch am selben Tag per Brief ab, der dem Arbeitnehmer am Donnerstag zugeht.

Am Dienstag und Mittwoch erscheint der Arbeitnehmer erneut zu spät. Es erfolgen jeweils weitere Abmahnungen.

Da die erste Abmahnung erst am Donnerstag zugegangen ist, konnte sie am Dienstag und Mittwoch noch keine Warnfunktion entfalten. Insoweit  kann auch eine Kündigung nicht darauf gestützt werden, dass der Arbeitnehmer drei Mal wegen desselben Fehlverhaltens abgemahnt wurde.


5. Fazit

Es gibt eine Vielzahl von Fallstricken, die einem Arbeitgeber bei der Erstellung einer Abmahnung begegnen können.

Gerne unterstützen wir Sie dabei, Ihre Abmahnungen rechtssicher zu formulieren. Hierzu können Sie auch auf die Möglichkeit zurückgreifen, uns den Sachverhalt auf den Sie die Abmahnung stützen wollen, in einem von uns vorgefertigten Musterformular einzutragen. Hierdurch erhalten wir alle Informationen, die wir benötigen, um für Sie eine Abmahnung zu erstellen, die auch vor Gericht standhält.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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