Abfindung und Arbeitslosengeld

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Wird eine Abfindung auf das Arbeitslosengeld angerechnet?

Bei richtiger Vorgehensweise wird die Abfindung nicht auf das Arbeitslosengeld angerechnet.

Nach der Regelung in § 158 SGB III führt die Zahlung einer Abfindung, Entschädigung oder ähnlichen Leistung, die für die Zeit nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses wegen dessen Beendigung gezahlt wird, allerdings dann zum Ruhen des Anspruchs auf Arbeitslosengeld, wenn die für den Arbeitgeber geltende ordentliche Kündigungsfrist nicht eingehalten worden ist.

Welche Kündigungsfrist ist einzuhalten?

Maßgebend ist grundsätzlich die ordentliche Kündigungsfrist des Arbeitgebers, wobei unerheblich ist, ob für den Arbeitnehmer eine kürzere Kündigungsfrist gilt.

Um die vom Arbeitgeber einzuhaltende Kündigungsfrist zu ermitteln bedarf es zunächst der Überprüfung des

  • Arbeitsvertrags, wobei für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitnehmer keine längere Frist vereinbart werden darf als für die Kündigung durch den Arbeitgeber;
  • eventuell einschlägigen Tarifvertrags;
  • eventueller Betriebsvereinbarungen

Sofern dort keine rechtswirksame Regelung zu den Kündigungsfristen enthalten ist, findet die gesetzliche Kündigungsfrist Anwendung.

Nach der gesetzlichen Vorschrift des § 622 Abs.1 BGB kann das Arbeitsverhältnis vom Arbeitgeber mit einer Frist von vier Wochen zum 15. oder zum Ende eines Kalendermonats gekündigt werden.

Während einer vereinbarten Probezeit, längstens für die Dauer von 6 Monaten kann das Arbeitsverhältnis mit einer Frist von zwei Wochen gekündigt werden.

Bei langjähriger Beschäftigung stellt sich die Kündigungsfrist für eine Kündigung durch den Arbeitgeber wie folgt dar:

Wenn das Arbeitsverhältnis in dem Betrieb oder Unternehmen

  • zwei Jahre bestanden hat, einen Monat zum Ende eines Kalendermonats,
  • fünf Jahre bestanden hat, zwei Monate zum Ende eines Kalendermonats,
  • acht Jahre bestanden hat, drei Monate zum Ende eines Kalendermonats,
  • zehn Jahre bestanden hat, vier Monate zum Ende eines Kalendermonats,
  • zwölf Jahre bestanden hat, fünf Monate zum Ende eines Kalendermonats,
  • 15 Jahre bestanden hat, sechs Monate zum Ende eines Kalendermonats,
  • 20 Jahre bestanden hat, sieben Monate zum Ende eines Kalendermonats.

In Tarifverträgen und in kirchlichen Arbeitsverhältnissen kann es sein, dass die ordentliche Kündigung aufgrund des Alters des Arbeitnehmers und der Betriebszugehörigkeit ausgeschlossen ist. 

Ist die ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber ausgeschlossen, so gilt gem. § 158 Abs. 1 SGB III bei zeitlich unbegrenztem Ausschluss eine fiktive Kündigungsfrist von 18 Monaten.

Die ordentliche Kündigungsfrist gilt als fiktive Frist bei Arbeitnehmern, deren ordentliche Kündigung zeitlich begrenzt ausgeschlossen ist. In Betracht kommen z. B. Mitglieder des Betriebsrates (§ 15 KSchG), Schwangere (§ 9 MuSchG) oder auch Jugendvertreter (§ 15 BBiG).

Kann der Arbeitnehmer nur bei Zahlung einer Entlassungsentschädigung ordentlich gekündigt werden, gilt eine Kündigungsfrist von einem Jahr, § 158 Abs. 1 Satz 4 SGB III.

Was bedeutet Ruhen des Anspruches auf Arbeitslosengeld?

Das Ruhen hat keinen Einfluss auf die Dauer der Leistungsgewährung. Ein Ruhenszeitraum führt also nicht zu einer Verkürzung des Zahlungszeitraums – der Anspruch kann nur verspätet, dann aber für die übliche Dauer geltend gemacht werden. 

Auch ändert sich an der Höhe des Arbeitslosengeldes nichts. Zu beachten ist aber, dass während des Zeitraums, in dem das Arbeitsverhältnis ruht, von der Arbeitsagentur keine Beiträge zur gesetzlichen Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung entrichtet werden.

Wann beginnt der Ruhenszeitraum?

Der Anspruch auf Arbeitslosengeld ruht „vom Ende des Arbeitsverhältnisses an“. Der erste Tag des Ruhens ist somit der Tag, der auf die vereinbarungsgemäße oder kündigungsbedingte Beendigung des Arbeitsverhältnisses folgt.

Der Zeitraum des Ruhens läuft kalendermäßig ab, unabhängig davon, ob ein Arbeitslosengeld-Anspruch besteht. Insbesondere kommt es nicht darauf an, ob ein Antrag auf Arbeitslosengeldzahlung gestellt wird oder der Anspruch etwa ohnehin wegen einer Sperrzeit (§ 159 SGB III) ruht.

Wie lange ruht der Anspruch auf Arbeitslosengeld?

§ 158 Abs. 2 SGB III enthält vier Regelungen, die das Ruhen zeitlich einschränken. Danach ruht der Anspruch auf Arbeitslosengeld nicht länger als

  • ein Jahr, auch wenn eine längere Kündigungsfrist maßgeblich wäre.
  • bis zum dem Tag, an dem das Arbeitsverhältnis aufgrund einer vor der Beendigung des Arbeitsverhältnisses vereinbarten Befristung ohnehin geendet hätte, § 158 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 SGB III,
  • bis zu dem Zeitpunkt, an dem der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund hätte fristlos kündigen können, § 158 Abs. 2 S. 2 Nr. 3 SGB III,
  • über den Tag hinaus, bis zu dem der Arbeitslose bei Weiterzahlung des während der letzten Beschäftigungszeit kalendertäglich verdienten Arbeitsentgelts einen Beitrag in Höhe der zu berücksichtigenden Entlassungsentschädigung als Arbeitsentgelt verdient hätte. 

Erhält der Arbeitnehmer beispielsweise mit einem Alter von 51 Jahren und einer Betriebszugehörigkeit von mehr als 15 Jahren eine Abfindung i. H. v. 10.000 € muss er sich gemäß obiger Tabelle lediglich 30 %, somit einen Betrag in Höhe von 3.000 €, auf das Arbeitslosengeld anrechnen lassen. Dies natürlich immer nur, sofern die Kündigungsfrist, wie oben ausgeführt, nicht eingehalten wurde.

In einem zweiten Schritt ist der Brutto-Tagesverdienst zu errechnen. Dies geschieht dadurch, dass das Brutto–Arbeitsentgelt der letzten zwölf Monate zusammengezählt wird und dann durch 360 Tage geteilt wird.

In einem dritten Schritt ist dann der anzurechnende Anteil der Abfindung (in unserem Beispiel 3.000 €) durch den ermittelten Brutto-Tagesverdienst zu teilen. Daraus ergibt sich dann die Anzahl der Kalendertage in denen die Arbeitslosengeldzahlung ruht.

Welche Folge hat es, wenn der Arbeitnehmer Urlaubsabgeltung enthält?

Wird gleichzeitig noch eine Urlaubsabgeltung vorgenommen oder hat der Arbeitnehmer eine Urlaubsabgeltung zu beanspruchen, so verlängert sich der Ruhenszeitraum des Arbeitsverhältnisses um die Zeit des abgegoltenen Urlaubs (§ 158 Abs. 2 SGB III; § 158 Abs. 1 S. 5 SGB III).

Hinweis

Lassen Sie sich bei der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses unbedingt von einem hierauf spezialisierten Anwalt beraten. Dadurch können Fehler mit schwerwiegenden Auswirkungen vermieden werden. Die Anwaltskanzlei Berndt mit Standorten in Böblingen, Stuttgart und Rottweil verfügt über große Erfahrung und ist spezialisiert auf das Kündigungsrecht und das Aushandeln hoher Abfindungen. 

Die Anwaltskanzlei Berndt ist als Arbeitnehmer-Kanzlei ganz auf Seiten der Arbeitnehmer und Interessenkollisionen sind damit ausgeschlossen.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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