Abgasskandal: Was kostet ein Anwalt?

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Auch im Abgasskandal rechnet ein Rechtsanwalt auf Basis des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes ab. Eine individuell ausgehandelte Kostenvereinbarung ist nur in ganz ausgesuchten Fällen möglich. Diese hätten  in einem zivilrechtlichen Streitfall wenig Bestand und zudem würde die Rechtsanwaltskammer Verstöße gegen die Gebührenordnung auch verfolgen. Im Extremfall würde ein dem RVG zuwider handelnder Anwalt seine Anwaltszulassung aufs Spiel setzen.

Regeln wie diese machen Sinn, denn Anwälte sind für ihre Aussagen und Feststelllungen bis hin zur schadensersatzpflicht verantwortlich. Im Rahmen der Regresspflicht können Anwälte unter Umständen für falsche Beratung zur Verantwortung gezogen werden. Falsch wäre zum Beispiel eine Empfehlung, die nicht für den Mandanten die bestmögliche Alternative aufzeigt. Schon allein daher verbietet es sich, eine solche “Ware” wie einen Rechtsrat kostenlos oder unter Preis anzubieten. Hinzukommt, dass eine Berufshaftpflichtversicherung nicht eintreten wird, wenn Vereinbarungen vorliegen, die nicht dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz entsprechen. Anwälte können so sehr schnell in eine Kostenfalle geraten, aus der es kein Entrinnen gibt und die die Existenz der Kanzlei bedrohen kann.

Zur Finanzierung eines Verfahrens gibt es 4 Möglichkeiten

  • Selbstzahlung
  • Rechtsschutzversicherung
  • Prozesskostenfinanzierung
  • Rechteabtretung

Gerade im Themenkomplex Abgasskandal sind Anwaltskosten ein wesentlicher Parameter um die Wirtschaftlichkeit einer Klage und das Prozessrisiko einschätzen zu können. Wer keine Rechtsschutzversicherung hat und nicht auf eine Prozesskostenfinanzierungsmöglichkeit zurückgreifen kann, der ist gezwungen, eine Klage selbst zu finanzieren. Wer z. B. einen Kaufvertrag über 30.000 Euro für einen EA 288-Passat in das Verfahren einbringt, kann von einem Streitwert von 30.000 Euro für die Berechnung der Anwaltskosten ausgehen.  Anbei einige Vergleichswerte (jeweils 1. Instanz, 2. Instanz in Klammern).

  • Streitwert 1.000 € = 680 € (1.500 €)
  • Streitwert 5.000 € = 2.300 € (5.000 €)
  • Streitwert 10.000 € = 4.000 € (8.000 €)
  • Streitwert 20.000 € = 5.500€ (12.000 €)
  • Streitwert 95.000 € = 11.000 € (24.000 €)

Anmerkung: Nach dem Urteil des BGH sinken in den meisten Fällen die Streitwerte um die Höhe des Nutzungsersatzes.

Geht ein Verfahren mit einem Streitwert von 30.000 Euro in der 2. Instanz verloren, dann hat der Kläger für die Gerichtskosten und die Gebühren der Anwälte beider Parteien insgesamt rund 14.000 Euro aufzubringen. Geht das Verfahren in der 1. Instanz verloren, sind etwa 6.000 Euro zu bezahlen. Wird das Verfahren rechtskräftig gewonnen, dann zahlt die gegnerische Seite alle Kosten. Bereits geleistete Zahlungen werden der Gewinner-Partei erstattet, der Kläger kann über die ausgezahlte Schadensersatz-Summe frei verfügen und muss anteilig niemandem etwas abgeben.

Prozesskostenfinanzierung

Ganz anders sieht das aus, wenn eine Prozesskostenfinanzierung im Spiel ist, dann wird im Fall einer gewonnenen Klage von der erstrittenen Schadensersatzsumme der vorab festgelegte Provisionsanteil an den Finanzierer abgeführt. Geht eine prozesskostenfinanzierte Klage verloren zahlt der Prozesskostenfinanzierer alle Gebühren und sonstigen Kosten.

Abtretung von Rechten

Die sicherlich am wenigsten empfehlenswerte Finanzierungsform ist das Abtreten von Rechten gegen Entgelt oder gegen die Aussicht auf Geld. Diese von sogenannten LegalTech-Firmen angebotenen Finanzierungsformen bergen zwar kein direktes Risiko, vermindern aber die Chancen auf einen lukrativen Verfahrensausgang extrem. Wer hier mitmacht muss wissen, dass die persönliche Einflussnahme auf solch ein Verfahren oft zu “null” tendiert und dass der Anspruch unter Umständen “verbrannt” ist. Es ist wirklich Glückssache…

Deckung durch Rechtsschutz

Rechtsanwalt Seifert, Kooperationsanwalt der IG Dieselskandal: “Wir werden immer wieder gefragt, ob eine Rechtsschutzversicherung eintritt oder nicht. Dazu eine klare Aussage: In den aktuellen EA189- und EA288-Fällen (Volkswagen TDI) gibt es sehr gute Chancen auf erfolgreiche Klageverläufe, daher kann eine Versicherung die Deckung gar nicht verweigern!” Diese Aussage wird durch gesetzliche Bestimmungen gedeckt, nach denen eine RSV eintreten muss, wenn gute Aussichten auf einen Klageerfolg bestehen.

Verweigerungen liegen meist ganz anders begründet, denn vielfach ist das Risiko schlichtweg nicht durch die Versicherungsbedingungen gedeckt oder die betreffende Person oder das streitgegenständliche Fahrzeug sind nicht mitversichert.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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