Abmahnung der Rechtsanwälte Schulenberg und Schenk für Video-Aktuell

  • 6 Minuten Lesezeit

Aktuell lässt nun auch die Video Aktuell Betriebs GmbH (Abteilung Goldlight) zahllose Internetuser wegen angeblich in Internettauschbörsen begangener Urheberrechtsverletzungen von der Hamburger Rechtsanwaltskanzlei Schulenberg & Schenk abmahnen. Den Abgemahnten wird dabei vorgeworfen, anderen Internetusern im Rahmen eines Peer-To-Peer-Netzwerks rechtswidrig urheberrechtlich geschützte Filmdateien zum Download angeboten zu haben. Meist handelt es sich dabei um einfache Pornofilme jeglicher Spielart. Dennoch fahren die Anwälte der Pornoindustrie mit der Aussprache einer „kostenpflichtigen Abmahnung" schwerstes Geschütz auf und verschrecken so die meist arglosen Empfänger des bedrohlichen Anwaltsschreibens.

Richtige Reaktion bei Erhalt einer Abmahnung der Anwälte Schulenberg & Schenk

Erster Tipp: Ruhe bewahren. Die Welt geht nicht unter! Machen Sie sich gegenwärtig, dass das wuchtige Anschreiben bei Ihnen zunächst Angst und Unsicherheit erzeugen soll und damit den Weg zu einem übereilten Anerkenntnis der horrenden Forderungen ebnen möchte. Angst und Unsicherheit sind jedoch stets schlechte Ratgeber. Sie sollten vielmehr besonnen reagieren und die Angelegenheit sachlich betrachten.

Stellen Sie zunächst sicher, das kein Computer an Ihren Internetzugang angeschlossen ist, der über Programme wie „Kazaa, Limewire, Bearshare, Bittorent, Edonkey, Emule, Azureus, Torrent oder Shareaza" Kontakt zu Tauschbörsen, wie „Gnutella, Bittorent, Faststrack oder eDonkey200" aufbaut. Überprüfen Sie auch, dass keine Kinder oder Dritte Zugriff auf Ihren Internetanschluss haben. Sofern Sie das Internet über W-Lan nutzen, muss sichergestellt sein, dass das Funknetzwerk nach neuestem Standard verschlüsselt ist.

Nun können Sie sich mit dem Ansprüchen der Gegenseite auseinandersetzen. Sie brauchen hierbei keine „24-Stunden-Abmahn-Notfall-Hotline" (es besteht kein Notfall: Sie haben bislang lediglich einen Brief erhalten!), sondern bestenfalls Ruhe, Bedenkzeit und im Zweifel den verlässlichen Rat eines in diesen Fällen erfahrenen Anwalts.

Das wollen die Abmahner: Geld und Unterlassung

Der Empfänger der Abmahnung sieht sich verschiedenen Ansprüchen ausgesetzt. Die Abmahner verlangen Unterlassung weiterer Verletzungshandlungen und Schadensersatz bzw. den Ersatz von Rechtsverfolgungskosten. Das Abmahnschreiben erweckt hierbei den Anschein, dass diese Forderungen aufgrund der zitierten Urhebergesetze und der angegebenen Rechtsprechung, sowie wegen der vermeintlichen Ermittlungsergebnisse dem Grunde nach völlig eindeutig bestehen. Das Gegenteil hiervon ist jedoch der Fall.

Die Abmahnungen der Kanzlei Schulenberg und Schenk sind als pauschale Standardschreiben gehalten, welche zwar eine Vielzahl von allgemeinen rechtlichen Erwägungen aufweisen, letztlich jedoch die stets bestehenden Besonderheiten des Einzelfalls außer Acht lassen. Bei Ausfertigung der Briefe werden nur die einzelnen Titel und die gesammelten IP-Daten in die vorformulierten Massenabmahnungen eingesetzt.

Zudem verschweigen die rechtlichen Ausführungen der Abmahnung, dass die Rechtslage wider dem juristischen Anstrich des Briefes keineswegs eindeutig ist und andere Gerichte teilweise sogar völlig konträre Rechtsansichten zu Unterlassungsansprüchen und Schadensersatzforderungen vertreten. Inhaber eines Internetanschlusses, über den möglicherweise Urheberrechtsverletzungen begangen wurden, können zum Beispiel nach dieser in der Abmahnung nicht aufgeführten Rechtsprechung keinesfalls automatisch als Störer herangezogen werden (vgl. nur LG Mannheim 30.01.2007, - 2 O 71/06; OLG Frankfurt a.M., Urteil vom 01.07.2008, - 11 U 52/07). Diese und andere widersprechende Urteile können den zweifelhaften Rechtsansichten der Abmahner entschieden entgegengesetzt werden.

Neben den nicht in allen Fällen gerechtfertigten Unterlassungsansprüchen machen die abmahnenden Rechteinhaber überhöhte Schadensersatz- und Kostenerstattungsansprüche geltend. Unabhängig davon, ob der abgemahnte Anschlussinhaber tatsächlich die betreffende Datei zum Download angeboten hat, empfiehlt es sich meist, den verschuldensunabhängig bestehenden Unterlassungsanspruch höchst vorsorglich, ohne Anerkennung einer Rechtspflicht und unter Verwahrung gegen die Kostenlast durch Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung zu erfüllen. Hierdurch können unnötige Gerichtsverfahren und hohe Rechtsverfolgungskosten schon frühzeitig vermieden werden.

Vorsicht vor der beigefügten Unterlassungserklärung

Hierbei sollten Sie keinesfalls auf die der Abmahnung beigefügte Unterlassungserklärung zurückgreifen. Die von der Rechtsanwaltskanzlei Schulenberg & Schenk vorbereitete Unterlassungserklärung enthält Formulierungen und Klauseln, die weit über das hinausgehen, was zur Erfüllung des Unterlassungsanspruchs erforderlich ist. Durch Abgabe dieser Erklärung schwächen Sie Ihre Rechtsposition ohne Not. Zudem wird hierdurch keineswegs die Gefahr von Folgeabmahnungen bezüglich anderer Titel, an denen die Video Aktuell Betriebs GmbH die ausschließlichen Nutzungsrechte innehat, gebannt.

Falle 1: Vertragsstrafe 5.001,00 Euro

Zunächst soll sich der Abgemahnte schon in der Einleitung der beigefügten Unterlassungserklärung einer starren Vertragsstrafe von 5.100,00 EUR für jeden Fall der Zuwiderhandlung unterwerfen. Die drastische Höhe der Strafe ist jedoch im Einzelfall völlig unangemessen.

Zur Erfüllung des Unterlassungsanspruchs ist zwar die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung notwendig, die für den Fall der Zuwiderhandlung in Aussicht gestellte Strafe sollte jedoch niemals unverhältnismäßig hoch sein. Stattdessen sollten Sie sich im Rahmen einer modifizierten Unterlassungserklärung dazu verpflichten, eine für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Unterlassungsgläubiger nach billigem Ermessen festzusetzende und im Streitfall von einem Gericht zu überprüfende Vertragsstrafe zu zahlen. Diese Art der variablen Vertragsstrafe hat für Sie den Vorteil, dass den Besonderheiten der einzelnen Zuwiderhandlung Rechnung getragen wird.

Falle 2: Kosten-Anerkenntnis im Wege des „Vergleichs" - Folgeabmahnungen möglich

Die von den Rechtsanwälten Schulenberg & Schenk vorbereitete Unterlassungserklärung sieht in Ziffer (2) die selbstständige Verpflichtung zur Erstattung der wiederum gänzlich überhöhten Rechtsanwaltskosten vor. Die Abmahnanwälte versprechen „die Angelegenheit...auf sich beruhen zu lassen", wenn ein horrender Betrag von meist 1.298,00 Euro für das Massenabmahnungsschreiben gezahlt wird. Dabei ist jedoch zu beachten, dass sich die von den gegnerischen Anwälten vorbereitete Unterlassungserklärung lediglich auf einen Titel erstreckt. Folgeabmahnungen wegen anderer Titel sind damit keinesfalls ausgeschlossen. Zudem sind die Rechtsverfolgungskosten viel zu hoch angesetzt.

Zur Bemessung ihrer Anwaltsgebühren ziehen die abmahnenden Anwälte einen Gegenstandswert von sage und schreibe 20.000,00 EUR heran, vgl. Absatz II Ziffer (3) der vorgefertigten Unterlassungserklärung. Dieser Gegenstandswert ist völlig überhöht.

In Hinblick auf den Kostenerstattungsanspruch ist zunächst zu berücksichtigen, dass nach dem neuen § 97a Abs. 2 Urhebergesetz (UrhG) die Kosten der Rechtsverfolgung bei einfach gelagerten Fällen mit einer nur unerheblichen Rechtsverletzung außerhalb des geschäftlichen Verkehrs auf maximal 100,00 Euro begrenzt werden. Bei der Massenabmahnung von dem privaten Austausch eines Erotikfilms dürfte diese Kostengrenze sicher meist eingreifen.

Selbst wenn das Bereitstellen von Pornofilmchen in Filesharing-Systemen entgegen der von uns vertretenen Ansicht keine Bagatelle im Sinne des § 97a Abs.2 UrhG darstellen sollte, hält etwa das Amtsgericht Halle (Saale) in einem vergleichbaren Fall zur Bemessung der außergerichtlich angefallenen Abmahnkosten einen Streitwert in Höhe von allenfalls 1.200,00 EUR für angemessen (AG Halle (Saale), Urteil vom 24.11.2009 - 95 C 3258/09). Nach diesem Streitwert wären die Rechtsverfolgungskosten mit allenfalls 150,00 Euro zu berechnen!

Zur Erfüllung des verschuldensunabhängig bestehenden Unterlassungsanspruchs ist es nicht erforderlich, dass Sie sich zugleich zur Erstattung von falsch bemessenen Anwaltskosten verpflichten. Um sich sämtliche Einwendungen zu erhalten, die beispielsweise einem etwaigen Kostenerstattungsanspruch dem Grunde und der Höhe nach entgegen gehalten werden könnten, sollten Sie die strafbewehrte Unterlassungserklärung vielmehr ausdrücklich ohne Anerkennung einer Rechtspflicht sowie unter Verwahrung gegen die Kostenlast, jedoch gleichwohl rechtsverbindlich abgeben. Dies insbesondere, wenn Ihnen von einer vorgeblich über Ihren Internetanschluss begangenen Urheberrechtsverletzung nichts bekannt ist.

Fazit:

Als Empfänger einer Abmahnung sollten Sie die beigefügte Unterlassungserklärung nicht wie von der Gegenseite vorformuliert, sondern vielmehr entsprechend modifiziert abgeben. Vor der eigenständigen Formulierung einer modifizierten Unterlassungserklärung muss jedoch gewarnt werden. So kann etwa eine ungeschickte Formulierung zur Folge haben, dass der Rechteinhaber seinen Unterlassungsanspruch per einstweiliger Verfügung oder Unterlassungsklage geltend macht und damit ein ganz erhebliches Kostenrisiko zu Ihren Lasten begründet. Andererseits droht die Gefahr, dass Sie die Unterlassungserklärung durch die von Ihnen gewählte Formulierung unnötig und über Gebühr weit fassen und so frühzeitig Ihre eigene Rechtsposition schwächen und sich womöglich ungewollt u.a. zur Erstattung von gegnerischen Anwaltskosten verpflichten. Insbesondere aber gilt es, mit einer entsprechend formulierten Unterlassungserklärung Folgeabmahnungen zu verhindern und ungerechtfertigte Zahlungsansprüche abzuwehren.

Der Autor ist Rechtsanwalt in Köln und geschäftsführender Gesellschafter der Kölner Kanzlei WAGNER HALBE Rechtsanwälte. Er berät und vertritt private wie gewerbliche Abmahnopfer in allen Fragen des Wettbewerbs-, Marken- und Urheberrechts - schnell, diskret und effizient!


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von WAGNER HALBE Rechtsanwälte

Beiträge zum Thema