Aktuelles Urteil des Landgerichts Köln: Rechteinhaber gewinnen Berufung in Filesharingverfahren

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Landgericht Köln vom 15.02.2018, Az. 14 S 18/17

Gegenstand des Verfahrens: Illegales Tauschbörsenangebot urheberrechtlich geschützter Musikaufnahmen

Im oben genannten Verfahren hat sich das Landgericht Köln u. a. mit dem Umfang der sekundären Darlegungslast bei einer ausschließlichen Mitnutzung des Internetanschlusses durch Familienmitglieder befasst.

Der beklagte Anschlussinhaber hatte sich gegen den Tatvorwurf mit der Behauptung gewehrt, er selbst habe die streitgegenständliche Rechtsverletzung nicht begangen. Zu den maßgeblichen Verletzungszeiten sei er nicht zu Hause gewesen bzw. habe geschlafen. Das Musikalbum sei ihm unbekannt und es habe sich zu keiner Zeit in seinem Besitz befunden. Auch Tauschbörsensoftware habe er nicht genutzt, ihm sei bereits deren Funktion unbekannt.

Neben ihm habe seine im Haushalt lebende Ehefrau generell Zugriff auf den Internetanschluss gehabt. Diese habe sich zuhause aufgehalten und auf Nachfrage sogar bestätigt, das Internet zu den Zeiten der Rechtsverletzung tatsächlich genutzt zu haben. Auf Nachfrage habe sie allerdings angegeben, die Rechtsverletzung nicht begangen zu haben, was der Beklagte auch nicht ernsthaft in Zweifel zog.

Die Ehefrau wurde vom Amtsgericht als Zeugin geladen, machte vor der Vernehmung jedoch von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch.

Das Amtsgericht Köln wies daraufhin die Klage mit der Begründung ab, es könne nicht festgestellt werden, dass ausschließlich der Beklagte und nicht auch dessen Ehefrau Täter der Rechtsverletzung gewesen sei.

Auf die Berufung der Klägerin hob das Landgericht Köln das erstinstanzliche Urteil nunmehr auf und verurteilte den Beklagten in vollem Umfang.

Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts habe der Beklagte mit seinem Vorbringen die ihm obliegende sekundäre Darlegungslast gerade nicht erfüllen können. Dass die Ehefrau des Beklagten auf Nachfrage zugestanden haben will, den Internetanschluss zur konkreten Verletzungszeit genutzt zu haben, führe nicht zwingend dazu, dass diese auch ernsthaft als Täterin der Rechtsverletzung in Betracht komme. Dies gelte insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Ehefrau ihre persönliche Täterschaft abgestritten, der Beklagte diese Angabe nicht angezweifelt und darüber hinaus die korrekte Ermittlung der Rechtsverletzung bestritten habe.

Der Vortrag des Beklagten zur Ehefrau sei insoweit „bewusst detailarm“ und sogar „widersprüchlich“, weshalb er nicht den Anforderungen an die Darlegungslast und den damit einhergehenden Nachforschungspflichten eines Anschlussinhabers genüge. Etwas anderes gelte auch nicht vor dem Hintergrund, dass es sich bei der Ehefrau um ein Familienmitglied handelt.

„Vorliegend genügt der Vortrag des Beklagten zu seinem eigenen Verhalten bereits nicht den Anforderungen an die Darlegungslast, die auch in dem Urteil des Bundesgerichtshofs ‚Afterlife‘ (Urteil vom 06.10.2016, IZR 154/15, juris Rn. 15,27) aufgestellt wurden. Auch in der vorgenannten Entscheidung, auf welche der Beklagte Bezug nimmt, führt der Bundesgerichtshof aus, dass die pauschale Behauptung der bloß theoretischen Möglichkeit des Zugriffs vom im Haushalt lebenden Dritten auf den Internetanschluss nicht genügt, des Weiteren, der Anschlussinhaber zu den Umständen seiner eigenen Internetnutzung vorzutragen hat und dabei auch zur Angabe verpflichtet sein kann, ob auf dem von ihm genutzten Computer Filesharing-Software vorhanden ist (Bundesgerichtshof, a.a.O., Afterlife juris Rn. 15,27).

Der Vortrag hierzu ist zum einen bewusst detailarm, zum anderen widersprüchlich. Soweit der Beklagte zum Thema Filesharing vortragen lässt, er wisse nicht einmal, worum es sich dabei handele und sich der Beklagte, von Beruf Arzt, als nahezu unbedarft darstellt, steht dies im Widerspruch zur außergerichtlichen Korrespondenz, im Rahmen derer der Beklagte der Klägerin mitteilen ließ, er habe Mitbewohner angewiesen, keine Downloads vorzunehmen (…). Auch der Vortrag, ihm sei das Musikalbum nicht bekannt, steht im Widerspruch zu dem Vortrag ‚jedenfalls‘ sei es nicht in seinem Besitz.

[…] Der Beklagte hat seiner Darlegungslast auch im Übrigen nicht genügt. So hat der Beklagte weder Angaben zu seinem eigenen Nutzungsverhalten, noch erstinstanzlich zu dem seiner Ehefrau vorgetragen, keine Angaben zu dem Vorhandensein der Zahl von internetfähigen Geräten in dem Familienhaushalt gemacht und sich insbesondere nicht dazu erklärt, ob die jeweiligen Computer der Ehegatten auch vom jeweils anderen Ehegatten (mit)genutzt wurden oder ob es einen gemeinsam genutzten Computer gab. Bereits aus diesem Grund ist nach dem Vorbringen des Beklagten nicht davon auszugehen, dass die Ehefrau des Beklagten als Alleintäterin der streitgegenständlichen Rechtsverletzung in Betracht kommt. 

Darüber hinaus hat der Beklagte erstinstanzlich trotz der mehrfachen Ermittlungen, aufgrund derer auch dem Beklagten bewusst sein musste, dass die Rechtsverletzungen von seinem Anschluss aus erfolgten, also nur von dem Beklagten selbst oder seiner Ehefrau begangen worden sein können, seine Ehefrau nicht als Täterin bezeichnet. Vielmehr hat der Beklagte ausgeführt, seine Ehefrau habe sich seines Wissens keine Urheberrechtsverletzungen zuschulden kommen lassen, es müsse ein Ermittlungsfehler vorliegen. Dies spricht dafür, dass der Beklagte die wiederholten Erklärungen seiner Ehefrau, sie habe die Rechtsverletzung nicht begangen, für wahrheitsgemäß hält. Denn das nur pauschal vorgetragene Leugnen der Tathandlung hat der Beklagte nach eigenem Vorbringen nicht weiter hinterfragt. Wenn der Beklagte indes die Aussage seiner Ehefrau nicht in Zweifel zieht, hat er nach Ansicht der Kammer gerade nicht vorgetragen und dargelegt, dass ein anderer, hier die Ehefrau des Beklagten, als alleinige Täterin in Betracht kommt (zu einem vergleichbaren Fall vgl. Urteil der erkennenden Kammer vom 15.02.2018 – 14 S 13/17). Dies gilt selbst unter Berücksichtigung des Vortrags des Beklagten in zweiter Instanz zum Nutzungsverhalten seiner Ehefrau.“

Dass die von der Klägerseite als Zeugin angebotene Ehefrau erstinstanzlich das Zeugnis verweigerte, sei mithin unerheblich, da es mangels Erfüllung der sekundären Darlegungslast einer Beweisaufnahme überhaupt nicht bedurfte.

„Da die Klägerin Beweis für die Täterschaft des Beklagten erst erbringen muss, wenn dieser seiner sekundären Darlegungslast genügt hat, dies aber aus vorstehenden Gründen vorliegende nicht erfolgte, ist, obgleich die Klägerin in erster Instanz beweisfällig blieb, von der Täterschaft des Beklagten auszugehen.“

Auch die ansonsten umfassenden, aber im Ergebnis pauschal verbliebenen Einwände der Beklagtenseite konnten keinerlei Berücksichtigung finden. So war nach Auffassung des Landgerichts aufgrund des unsubstantiierten Bestreitens und mangels anderweitiger Angaben insbesondere von der Anspruchsbefugnis der Klägerin sowie der korrekten Ermittlung der Rechtsverletzung auszugehen. Die Höhe der geltend gemachten Ansprüche erachtete das Landgericht ebenfalls für angemessen.

Folgerichtig hat die Kammer die Entscheidung des Amtsgerichts aufgehoben und der Klage vollumfänglich stattgegeben.

Der Beklagte wurde daher zur Zahlung der geltend gemachten Ansprüche in voller Höhe sowie zur Übernahme der Verfahrenskosten beider Instanzen verurteilt.

Die Entscheidung wurde von Waldorf Frommer für ein führendes Medienunternehmen erwirkt.


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